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Es ist ein Bild, das uns ein ganzes Drama, eine der emotionalsten Geschichten unsres Hockeys erzählt. Unsere Nationalmannschaft rockt den Spengler Cup. Nationaltrainer Patrick Fischer ist der neue helvetische «Hockey-Posterboy». Oben auf der Tribune sitzt Kevin Schläpfer mit seiner Freundin und seinem Sohn Elvis. Er wirkt nachdenklich, ja fast melancholisch.
Dieser Spengler Cup 2017 könnte «sein» Turnier sein. Aber im Oktober 2015 verzichtet er darauf, Nationaltrainer zu werden. Unter Tränen erklärt er in Biel vor den Medien, er könne «seinen» Klub nicht im Stich lassen, er bleibe. Deshalb ist heute Zauberlehring Patrick Fischer Nationaltrainer.
Ein gutes Jahr später, am 12. November 2016 wird Kevin Schläpfer in Biel trotzdem entlassen. Deshalb ist er nun Trainer beim EHC Kloten.
Kevin Schläpfer, war es der Fehler Ihres Trainerlebens, auf den Job eines Nationaltrainers zu verzichten? Er sagt nicht in der ihm eigenen lockeren Art «Nein, was soll diese Frage?» und kontert auch nicht, wie es so seine Art ist, mit einer witzigen Bemerkung. Er sagt ein bisschen melancholisch:
Kevin Schläpfer ist auf die Sprüche von Klotens Präsident Hans-Ulrich Lehmann hereingefallen.
Der Multimillionär hat den EHC Kloten wirtschaftlich gerettet und ruiniert nun das Hockey-Unternehmen mit einem selten gesehenen Dilettantismus. Dem tüchtigen Unternehmer und Selbstdarsteller sind die besonderen Gesetze und Befindlichkeiten des Eishockeys so unverständlich wie Kevin Schläpfer die chinesischen Schriftzeichen.
Es reute ihn, vier Ausländer zu finanzieren, schwadronierte später, einmal gar ohne ausländisches Personal zu spielen – und hat damit die Saison gründlich ruiniert. Dabei müsste er wissen: Wer einem Millionär günstig einen Ferrari abkauft um anzugeben und das Geld für gute Reifen nicht mehr aufbringen mag, sollte die Finger von solchen Prestigeobjekten lassen.
Wer einem Millionär günstig ein Hockeyunternehmen abkauft, um anzugeben und das Geld für die Besetzung der Ausländerpositionen nicht mehr aufbringen mag, sollte die Finger von solchen Prestigeobjekten lassen.
Inzwischen hat Hans-Ulrich Lehmann den freundlichen finnischen Ausbildner Pekka Tirkkonen gefeuert und durch den temperamentvollen Kevin Schläpfer ersetzt. Genützt hat es nichts. Kloten war, ist und bleibt Tabellenletzter und Abstiegskandidat Nummer 1.
Dieser Trainerwechsel macht durchaus Sinn: Kevin Schläpfers Charisma, sein Optimismus, sein bedingungsloses Engagement für eine Sache sollen helfen, Geld zu sparen.
Hans-Ulrich Lehmann ist kein Präsident mit einer emotionalen Bindung zum Klub. Er war mal erfolgloser Präsident eines Zürcher Handballclubs mit grossem Namen. Nun ist er halt der grosse Vorsitzende eines Zürcher Hockeyklubs mit einem grossen Namen. Für Walter Frey sind ZSC Lions ebenso eine Herzensangelegenheit wie für Peter Jakob die SCL Tigers. Oder wie für Vicky Mantegazza der HC Lugano. Bei Hans-Ulrich Lehmann geht es nur um die Kohle. Der EHC Kloten könnte auch seine McDonalds-Filiale, seine Autogarage oder sein Handy-Shop sein.
Noch immer erzählen die Leute im Umfeld des Klubs mit Verbitterung im Herzen, wie sich der Multimillionär Hans-Ulrich Lehmann im Rahmen einer früheren Kloten-Sanierung bei einer fünfstelligen Forderung beharrlich geweigert habe, auch nur auf einen Franken zu verzichten. Das Buch der Bücher lehrt uns: «Nicht an ihren Worten, an ihren Taten sollt ihr sie erkennen.» Der Retter ist inzwischen in Kloten zum Problem geworden.
Kevin Schläpfer ist nun so etwas wie ein Filialleiter, der mit grossem Engagement den Umsatz zu steigern hat. Kevin Schläpfer, wird Ihr Engagement, wird Ihr Optimismus in Kloten missbraucht? Sind Sie am Ende gar naiv? Er sagt nicht in der ihm eigenen lockeren Art «Nein, was soll diese Frage?» und kontert auch nicht, wie es so seine Art ist, mit einer witzigen Bemerkung. Er sagt ein bisschen melancholisch:
Andere sehen die Sache realistischer. Der kluge, zurückhaltende Peter Lüthi, der im Eishockey ein Beziehungsgeflecht hat wie das Wurzelwerk einer 500jährigen Eiche, geht von Bord. Matthias Berner, der Mann, der rechnen kann und sieht, wohin die Reise auch mit dem neuen Präsidenten geht, ebenfalls. Der ehemalige HCD-Titan Beat Equilino, die freundliche Integrationsfigur, die für Hockeykompetenz und Glaubwürdigkeit steht, hat ein Burnout erwischt.
Wir könnten nun eine alte Redensweise zitieren und salopp sagen: Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Aber das gehört sich nicht. Es geht nicht um Ratten. Es geht um Männer, die sich für eine unserer grossen Hockey-Kulturen engagieren und nun den Glauben an die Sache verloren haben. Kevin ist nicht allein zu Hause im Baselbiet. Er ist mehr und mehr alleine draussen im Züribiet.
Wie sehr er inzwischen auch leidet, mag die Situation um die Torhüterposition zeigen. Er sagt, leicht resignierend, es komme mit dem Transfer von Niklas Schlegel nicht gut. «Wenn man so lange verhandeln muss und zu keinem Ergebnis kommt, wird draus nichts. Wir werden wohl einen ausländischen Torhüter verpflichten.»
Aber es ist doch seine Stärke, die Menschen im direkten Gespräch zu überzeugen, zu begeistern! So hat er in Biel eine zentrale Rolle gespielt beim Aufstieg eines fast hoffnungslosen B-Klub in einem Lotterstadion zu einem der führenden Hockey-Unternehmen mit Tempel.
Aber Kevin Schläpfer verwirft resignierend die Hände. «Ich kann doch nicht alles machen!» Und jene, die ihm auf und neben dem Eis helfen könnten, verlassen das Büro und, weit schlimmer, Ende Saison verlassen unter anderem Luca Boltshauser, Denis Hollenstein, Daniele Grassi, Vincent Praplan, Lukas Stoop, Robin Leone und Matthias Bieber die Kabine.
Kloten hat zwar ein paar Transfers verkündet. Aus Langenthal soll Jeffrey Füglister herbeieilen, aus Zug der freundliche Titan Timo Helbling. Kevin Schläpfer sagt ein bisschen melancholisch:
Kevin Schläpfer, reicht das, um in der NLA künftig konkurrenzfähig zu sein? Er sagt nicht in der ihm eigenen lockeren Art «Nein, was soll diese Frage?» und kontert auch nicht, wie es so seine Art ist, mit einer witzigen Bemerkung. Er sagt ein bisschen melancholisch:
Kevin Schläpfer war in Biel jahrelang eine der charismatischsten Hockey-Persönlichkeiten unseres Hockeys, in seiner Ausstrahlung durchaus vergleichbar mit Arno Del Curto oder Ralph Krueger. Nun mahnt eher an eine Figur aus der Weltliteratur. An «Don Quijote», den verarmten spanischen Landadligen und Ritter, der als «Ritter von der traurigen Gestalt» vergeblich gegen Windmühlen kämpfte. Mag sein, dass er die Windmühlen im Frühjahr anhalten und den Abstieg noch verhindern kann. Aber was folgt dann?
Wenn einer es verdient, dass es doch noch gut kommt, wenn einer die Energie und den Optimismus hat, dass es doch noch gut kommt, wenn einer die schwierigste Aufgabe der Liga meistern kann, dann ist es Kevin Schläpfer.
Wem unser Hockey am Herzen liegt, der drückt ihm die Daumen. Die Hockey-Götter mögen verhindern, dass Kevin Schläpfer die tragische Hockey-Figur des neuen Jahres wird.