Als vor dem Spiel Fribourg-Gottéron gegen den SC Bern bei der Teampräsentation der Name Hans Kossmann fiel, pfiffen die Fans und dann schwiegen sie erst einmal während den ersten zehn Minuten der Partie. Erst im Schlussdrittel kam doch noch so etwas wie Stimmung auf. In den Pausen schimpften die Gottéron-Anhänger über «Menschenhandel». Die Empörung war gross.
Was ist passiert? Chris McSorley tauschte Jérémie Kamerzin und John Fritsche unmittelbar vor Transferschluss (Freitag um Mitternacht) gegen Fribourgs Nationalverteidiger Romain Löffel ein. Weder McSorley noch Kossmann informierten die Spieler vorgängig.
In Nordamerikas Sport sind solche Transfers üblich. Niemand regt sich darüber auf. Detroits Vizepräsident hat vor einem Jahr erklärt: «Wir sind die Farmer und die Spieler unser Vieh. Wir tränken und füttern es ordentlich und bestimmen, was läuft.» Für diese zynische, aber durchaus zutreffende Aussage wurde er von der NHL mit 250 000 Dollar gebüsst. Auch Chris McSorley pflegt zu sagen: «Spieler sind Vermögenswerte. Wenn es für unser Unternehmen gut ist, dann werden sie verkauft.»
Die USA haben ein anderes Arbeitsrecht. Bei uns gibt es den Stellenwechsel ohne Einwilligung der Betroffenen nicht. Aber im Sport wird halt immer ein wenig in der Grauzone geschäftet. Natürlich könnten Jérémie Kamerzin, Romain Loeffel und John Fritsche vor Arbeitsgericht die Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz erstreiten. Aber es wäre das Ende ihrer sportlichen Karriere. Die juristischen Hunde werden während der Olympia-Pause bellen. Die Karawane aber zieht weiter und an diesen Transfers wird nicht mehr gerüttelt.
Gottéron hat seine Neuerwerbungen gegen den SCB allerdings noch nicht eingesetzt. Wenn je der Unterschied zwischen der Mentalität eines Schweizers und eines Nordamerikaners sichtbar geworden ist, dann vor dem Spiel gegen den SCB im Medienraum des Stadions.
Der in Nordamerika aufgewachsene Fritsche findet das Ganze cool («Ich bin schon als Junior so transferiert worden und musste von einem Tag auf den anderen die Schule wechseln»). Er freut sich auf die neue Herausforderung mit Fribourg und ist sichtlich froh, endlich von Servette und Chris McSorley wegzukommen. Wie es sich für einen Nordamerikaner gehört, sagt er kein schlechtes Wort über seinen ehemaligen Chef und rühmt bereits ausgiebig Gottéron.
Jérémie Kamerzin steht neben John Fritsche. Aber er scheint auch nach bald 24 Stunden immer noch nicht recht kapiert zu haben, was da mit ihm geschehen ist. Der Transfer sei ihm von Chris McSorley nach dem Spiel in Biel eröffnet worden und er habe es zuerst nicht glauben wollen. «Es hat zuvor keinerlei Anzeichen für einen solchen Schritt gegeben. Auch mein Agent wusste von gar nichts.»
Und so kommt es, dass Gottérons Neuerwerbungen aus unterschiedlichen Gründen gegen den SCB noch nicht gespielt haben. John Fritsche musste zuschauen, weil die Transfer-Formalitäten – als amerikanisch-schweizerischer Doppelbürger braucht er eine internationalen Transferbewilligung – nicht rechtzeitig erledigt werden konnten. «Sonst hätte ich natürlich gespielt.»
Jérémie Kamerzin verzichtete freiwillig. «Es hat rund um den Transfer zu viele Emotionen gegeben und es ist besser für ihn noch nicht zu spielen», sagte Fribourgs Geschäftsführer Raphael Berger. Kamerzin hat auch auf Rat seines Agenten und Anwaltes Georges Müller noch nicht gespielt. Zwar ist Kamerzin samt Vertrag nach Fribourg transferiert worden. «Aber die vertragliche Situation ist noch nicht geklärt», sagt Müller. «Hans Kossmann wusste nicht einmal, dass der Vertrag noch zwei Jahre läuft.» Die Herren hätten sich bei dem Geschäft nicht einmal die Mühe genommen, die Verträge zu lesen.
Gut kommt nun die Olympia-Pause. Genug Zeit, um die Dinge zwischen Gottéron und Servette definitiv zu regeln. Genug Zeit auch, um sich abzuregen. Die ganze Episode ist nämlich nichts anderes als eine längst fällige Retourkutsche.
In den letzten Jahren haben immer mehr Spieler immer schamloser schon lange vor dem Saisonende Verträge bei der Konkurrenz für die kommende Spielzeit unterschrieben und so den Klubs ihre Macht demonstriert. Eine unhaltbare Praxis, die in Nordamerika nicht geduldet wird, die aber hierzulande nicht zu unterbinden ist. Weil es keine Kontrollmöglichkeit gibt – und keinen Willen, diese Praxis zu unterbinden.
Nun haben erstmals zwei Klubgeneräle untereinander Spieler ohne Vorinformation getauscht und den Spielern ihre Macht demonstriert. So wie in Nordamerika üblich. Zuerst kamen die NHL-Stars, dann die NHL-Generäle und nun sind eben auch die NHL-Geschäftsmethoden bei uns angekommen.
Wir möchten gerne sein wie die NHL. Jetzt sind wir ein bisschen NHL. Wenn die laufenden Verträge und Transfer-Reglemente respektiert werden und der Wechsel auf gleicher Ebene erfolgt (von NLA-Team zu NLA-Team), dann ist gegen diese Praxis der «Blitztransfers» und des Spielertausches nichts einzuwenden. Es braucht auch keine zusätzlichen neuen Regelungen.
Wer einen «Blitztransfer» von Genf nach Fribourg oder von Fribourg nach Genf nicht aushält, soll den Beruf wechseln und einer geregelten Arbeit im Büro oder in einer Werkstatt nachgehen.