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Diesmal gegen Gottéron (1:2 n.P). Wieder eine Niederlage. Die 6. in den letzten 7 Spielen. Es sind bittere Niederlagen in Zeiten der grossen Umwälzungen, Krisen und Zweifel.
Ein Präsident, der zwar zahlt, aber die sportliche Kultur immer mehr untergräbt, weil er das Wesen des Sportes nicht versteht. Führungs- und Hilfskräfte im Büro und Spieler, die davonlaufen. Spieler, die es ablehnen, nach Kloten zu kommen. Ein Trainer, der sich hockeytechnisch einsam fühlt wie nie zuvor in seiner Karriere. Das Ende der ältesten NLA-Kultur (seit 1962 in der höchsten Liga) scheint nahe. Oder doch nicht?
Es gibt sie noch, die einflussreichen Männer, die nach wie vor unerschütterlich an Kloten glauben. Der Chronist wäre ein Schelm, wenn er nicht auch über diese letzten Romantiker unseres Hockeys berichten würde.
Einer von ihnen ist der Spieleragent Andy Rufener (46). Der einflussreichste NHL-Spieleragent mit Schweizer Pass ist auf Kloten nicht angewiesen. Aber Kloten beschäftigt ihn. Er hängt an dem Klub. Schliesslich hat er dort einst seine Karriere begonnen und nach einer bemerkenswerten Tour de Suisse über Biel, Davos, Rappi, GC, Herisau, Zug und Thurgau 2006 auch in Kloten beendet. Einmal Kloten, immer Kloten. Bei aller Geschäftstüchtigkeit ein Hockeyromantiker.
Andy Rufener redet nicht nur. Er handelt auch. Er hat seinen Klienten Timo Helbling (36) nach Kloten vermittelt. Zugs sanfter Titan wird nächste Saison für Kloten verteidigen – falls es nicht zu einem Abstieg kommt. Er sagt: «Mein Vertrag ist nur für die NLA gültig.»
Die Frage ist natürlich: Warum ausgerechnet zu Kloten? Dorthin, wo alle weggehen, die können. Timo Helbling sagt: «Zug hat mir zu verstehen gegeben, dass man künftig auf die Jungen setzen werde und dass ich nicht mit einem neuen Vertrag rechnen kann. Ich fühle mich noch sehr gut und ich habe Lust, weiter Hockey zu spielen. Kevin Schläpfer hat mich im Gespräch überzeugt. Ich bekomme in seiner Mannschaft eine zentrale Rolle und darauf freue ich mich.» Er gibt allerdings zu, dass er keine anderen Angebote hatte. Nicht einmal Langnau habe angerufen. Das ändert nichts daran, dass er für Kloten beim letzten Hurra seiner grossen Karriere ein grosser Verteidigungsminister werden könnte.
Das ist schon bemerkenswert: Einer der ganz Grossen freut sich, künftig in Kloten spielen zu dürfen. Sind nun André Rufener und Timo Helbling die letzten Romantiker unseres Hockeys oder doch Realisten? Ist Kloten nur noch ein «Phantom» wie es der grosse welsche Chronist Jean-Claude Schertenleib kürzlich nach der 3:9-Demütigung in Lausanne sagte oder eher ein Phoenix, der noch im Nest brennt und bald neu geboren aus der Asche aufsteigen wird? André Rufener sagt: «Es kommt schon gut. Mag sein, dass ich als ehemaliger Klotener ein bisschen zum Optimismus neige. Aber mein Optimismus kommt der Wirklichkeit näher als der Pessimismus des Chronisten.» Allerdings kann er nicht alle von seiner Zuversicht überzeugen. Torhüter Niklas Schlegel will nun doch lieber beim ZSC bleiben.
Das Licht am Ende des Tunnels: vielleicht gelingt es doch noch, Kloten von Präsident Hans-Ulrich Lehmann zu erlösen. Er hat ja sowieso angekündigt, 2019 sei für ihn dieses Abenteuer zu Ende.
Der Präsident wird als Retter in finanzieller Not seinen Ehrenplatz in der Klubgeschichte bekommen und inzwischen ist ja auch er, der unerbittliche Zahlenmensch, ein wenig ein Hockey-Romantiker geworden. Ach, wie hatte er im Herbst schwadroniert, er wolle einmal ohne Ausländer spielen und diese Saison wollte er nur mit drei ausländischen Arbeitnehmern bestreiten. Alles leere Worte. Soeben hat Klotens grosser Vorsitzender für den kanadischen Torhüter Kevin Poulin die 6. Ausländerlizenz bewilligt. Und er wird bis am Ende der Saison alle acht Ausländerlizenzen eingelöst haben. Darauf können wir jede Summe wetten.
Noch wird Hans-Ueli Lehmann gebraucht. Denn es gilt am Ende dieser Saison erneut ein siebenstelliges Defizit zu decken. Aber in den Kulissen wird fleissig an der Bildung einer Gruppe lokaler Geldgeber gearbeitet, die den EHC Kloten im nächsten Jahr von Hans-Ulrich Lehmann übernehmen kann. Das müsste möglich sein. Immerhin ist das Glatttal eine der reichsten Gegenden der Welt.
Ein Besitzerwechsel ist in Kloten inzwischen kein Problem mehr und so alltäglich wie die fliegenden Wechsel während eines Spiels. Von Peter Bossert zu Jürg Bircher zu Adrian Fetscherin zu Philippe Gaydoul zu kanadischen Investoren, und nun eben zu Hans-Ueli Lehmann.
Die zentrale Figur bei der «Erschaffung» eines neuen EHC Kloten ist Sacha Ochsner (45), bereits jetzt im Verwaltungsrat. Auch er ein Hockey Romantiker. Für ihn ist die Rettung des EHC Kloten eine Mission. Er spielte in den Zeiten des Ruhmes in den 1990er Jahren für Kloten. Sein Vater Jürg Ochsner war bei Kloten ausser Präsident so ziemlich alles und der massgebende Architekt der vier Meistertitel in den 1990er Jahren.
So lange es noch Hockey-Romantiker gibt, ist Kloten nicht verloren. Aber was, wenn Kevin Schläpfer, zurzeit wohl Klotens grösster und vielleicht auch naivster Hockey-Romantiker, im Laufe der nächsten Wochen seine Zuversicht verliert?