Der Respekt vor dieser grossen Spielerpersönlichkeit bremste die Lust zur Polemik: André Rötheli war ein grosser Spieler.
Aber grosse Spieler sind nicht automatisch grosse Trainer. Für diese These steht auch Wayne Gretzky, der Beste aller Zeiten, der in Phoenix als Cheftrainer scheiterte. Es spricht also nicht gegen André Rötheli, dass er kein charismatischer Erfolgstrainer ist. Wir dürfen in diesem Zusammenhang sagen: André Rötheli wie Wayne Gretzky.
Nach dem 0:6 auf eigenem Eis im vierten Playoffspiel ist Klotens Trainer von seinem Amt erlöst worden. Viel zu spät. Seine Amtszeit hätte am 25. April 2018 zu Ende gehen müssen. Nach der Niederlage im 7. Spiel der Liga-Qualifikation gegen die Lakers, die Klotens ersten Abstieg der Geschichte besiegelte und die «Ewigkeit» von 58 Jahren in der obersten Liga beendete.
Kritik ist hinterher immer wohlfeil. Doch in diesem Fall kommt sie nicht erst hinterher. Bereits vor der Saison war mein Standpunkt klar: Kloten hat eine Aufstiegsmannschaft. Aber keinen Aufstiegstrainer und André Rötheli wird scheitern.
Der EHC Kloten, Ausgabe 2018/19 ist auf dem Papier die beste Mannschaft der Swiss League. Zumindest was die Spieler mit Schweizer Pass und Lizenz betrifft. So wie damals Langnau und die Lakers müsste auch Kloten als Absteiger schon im ersten Jahr bis ins Finale kommen. Mindestens.
Aber wenn eine Mannschaft nach einem Abstieg komplett neu zusammengestellt werden muss – das war auch in Langnau und in Rapperswil-Jona der Fall – dann braucht es einen grossen, fähigen Trainer. Und es ist ein Neuanfang notwendig. Langnau und die Lakers haben nach der Relegation den Sportchef und den Trainer nicht mehr weiterbeschäftigt.
In Kloten hat es keinen Neuanfang gegeben. Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Eishockeys ist der Abstiegstrainer im Amt geblieben. Und Felix Hollenstein, der Einflüsterer des sportlich ahnungslosen Präsidenten Hans-Ueli Lehmann, ist zum Sportchef befördert, der Bock ist zum Gärtner gemacht worden.
Felix Hollenstein hat André Rötheli nicht wegen dessen Kompetenz als Trainer im Amt belassen. Er hat es getan, weil er sein Freund ist. Freundschaft ist im Kloten heute wichtiger als Leistung. Das ist im richtigen Leben schön und rührend. Aber im Leistungssport Vetternwirtschaft.
Es ist also kein Wunder, dass eine Mannschaft mit dem Potenzial, die Liga zu dominieren, durch die Qualifikation getaumelt ist und keine klare taktische und spielerische Linie finden konnte – wie ein Blatt im Herbstwind. Das 0:6 gegen Langenthal ist der Tiefpunkt.
Felix Hollenstein hat die Mannschaft durchaus geschickt zusammengestellt. Aber als einziger Sportchef der Liga hat er nicht zwei gute ausländische Spieler und einen fähigen Trainer engagiert. So hat er sich um die Früchte seiner Arbeit gebracht.
Alle konnten sehen, dass Klotens Trainer überfordert ist. Nur der Sportchef sah es nicht. Wollte es nicht sehen. Auf die Frage, ob er den Trainer entlassen werde, hat er noch am Mittwochabend nach der 2:3-Niederlage in Langenthal mit Unverständnis und der klassischen Antwort reagiert: «Kein Thema.»
Nun steht der EHC Kloten vor der wichtigsten Entscheidung seiner Geschichte, die von 1962 bis 2018 in der höchsten Liga stattgefunden hat und mit fünf Titeln gekrönt worden ist.
Ein paar Fragen müssen nun beantwortet werden. Sollen wieder Kompetenz und Leistung zählen oder doch lieber Männer-Freundschaften? Soll aus Kloten wieder eine Hockeyfirma werden, die den Wiederaufstieg anstrebt oder eine Versorgungseinrichtung für die Männerrunde um Felix Hollenstein?
Die Verdienste von Felix Hollenstein für den EHC Kloten sind unbestritten. Eine Ehrenmitgliedschaft, eine Statue vor dem Stadion und lebenslänglich einen Platz in einer Stadionloge hat er verdient. Wir verneigen uns so tief, wie wir es vermögen. Aber ebenso unbestritten ist auch, dass er in Kloten gut verdient hat. Und dass er keinen «lebenslänglichen» Versorgungsanspruch gegenüber diesem Hockeyunternehmen hat.
Die Kanadier haben für das, was in Kloten nun stattfinden müsste einen treffenden Ausdruck kreiert: «House Cleaning». Wörtlich übersetzt: «Hausputz».
Unter der Führung von Präsident Hans-Ueli Lehmann ist Kloten saniert und die Leistungskultur ruiniert worden. Nun ist er dran, das Unternehmen zu verkaufen. Die neuen Besitzer haben die Chance, dieses «House Cleaning» zu machen. Also die «Ära Hollenstein» definitiv zu beenden und die sportlichen Schlüsselpositionen Sportchef und Trainer neu zu besetzen.
Tun sie es nicht, werden in Kloten schon mittelfristig Siege gegen die Farmteams gefeiert wie einst Meistertitel. Das wäre sehr, sehr schade. Denn die Klotener haben unsere Hockeykultur in den letzten 60 Jahren bereichert und geprägt. Und es wäre schön, wenn sie es auch in den nächsten 60 Jahren wieder tun würden. Ende der Polemik.