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Wissen, warum man gut ist – der SCB ist Titelfavorit Nummer 1 

Der SCB: So gut wie seit fünf Jahren nicht mehr.
Der SCB: So gut wie seit fünf Jahren nicht mehr.Bild: KEYSTONE
Es passt bei den Mutzen

Wissen, warum man gut ist – der SCB ist Titelfavorit Nummer 1 

Der SC Bern feiert nach dem 3:1 gegen die ZSC Lions erstmals seit fünf Jahren Weihnachten als Tabellenführer. Noch wichtiger: Es ist einfach zu erklären, warum die Berner gut sind. 
24.12.2014, 07:1024.12.2014, 08:32
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Ein Blick zurück zeigt: Im Dezember war der SCB seit fünf Jahren (Saison 2009/10) nicht mehr so gut. So stand es in den letzten Jahren um den SCB nach dem letzten Spiel im alten Jahr. 

  • 2014/15. 1. Platz, 70 Punkte.  
  • 2013/14. 7. Platz, 55 Punkte (9. Schlussrang). Playoffs verpasst 
  • 2012/13. 3. Platz, 59 Punkte (2. Schlussrang). Meister 
  • 2011/12. 3. Platz, 66 Punkte (5. Schlussrang). Final 
  • 2010/11. 4. Platz, 67 Punkte (4. Schlussrang). Halbfinal 
  • 2009/10. 1. Platz, 67 Punkte (1. Schlussrang). Meister 

Manchmal ist eine Mannschaft erfolgreich und wir wissen nicht so recht warum. Der Puck findet einfach irgendwie den Weg ins Tor, Spiele werden gewonnen, die man auch hätte verlieren können oder der Goalie geniesst ein paar Wochen lang eine Gnadenform. 

Nicht nur die Stars, auch die Rollenspieler überzeugen beim SCB.
Nicht nur die Stars, auch die Rollenspieler überzeugen beim SCB.Bild: Urs Lindt/freshfocus

Als Meister die Playoffs verpasst

Auch der SCB steht als Beispiel für diese These. Die Berner sind unter Antti Törmänen im Frühjahr 2013 Meister geworden und bis heute ist dieser Titel ein Mysterium. Ein Mysterium ist ein Ereignis, das sich der Erklärbarkeit entzieht. Der SCB brauchte damals im Viertel- und Halbfinale über sieben Spiele gegen Servette und Zug alles Glück der Welt und besiegte schliesslich im Finale ein durch Verletzungen arg gebeuteltes Gottéron. Logisch erklärbar war diese Meisterschaft nicht. Im Rückblick dürfen wir sogar sagen: Der SCB war 2013 ein Zufallsmeister. 

Ein Jahr und zwei Trainerentlassungen später stand der SCB im Frühjahr 2014 zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg von 1986 in der Abstiegsrunde. Der erste Meister, der die Playoffs verpasste.  

Das sind die Gründe für die Stärke des SCB

Nun steht der SCB wieder ganz oben. Und diesmal ist es kein Mysterium. Der Sieg (3:1) über die ZSC Lions hat in einem intensiven, schnellen und hochstehenden Spiel erneut gezeigt, warum der SCB erstmals seit fünf Jahren (seit Dezember 2009) als Tabellenführer Weihnachten feiert. 

Diese Leaderposition ist durch und durch logisch. Wissen, warum man gut ist. Guy Boucher hat den Larifaribetrieb und das «Helikopterhockey» des antiautoritären finnischen Träumers Antti Törmänen beendet und den SCB zurück in die Wirklichkeit, zurück an die Ursprünge des einfachen, geradlinigen Spiels geführt. Die Berner kreisen nicht mehr in den Spielfeldecken. Sie fahren geradlinig aufs Tor. Die Defensivorganisation ist so gut wie seit Jahren nicht mehr (am wenigsten Gegentore), Powerplay und Boxplay funktionieren, die Disziplin ist in allen Bereichen gross. Gearbeitet wird in erster Linie vor dem eigenen und vor dem gegnerischen Tor. 

Guy Boucher: Die Arroganz ist abgelegt, das Team geformt.
Guy Boucher: Die Arroganz ist abgelegt, das Team geformt.Bild: KEYSTONE

19 Siege in 22 Spielen

Trainer Guy Boucher musste einen langen, beschwerlichen Umweg bis an die Tabellenspitze nehmen. Es dauerte Monate, bis seine für Nordamerikaner so typische imperiale Hockeyarroganz abkühlte. Es dauerte Monate, bis der NHL-Bandengeneral erkannte, dass er in Bern nicht einfach eine NHL-Filiale aufmachen kann. Er musste lernen, sein Wesen und Wirken und seine Arbeitsmethoden den ganz besonderen Verhältnissen in der Schweiz anzupassen.  

Guy Boucher hat den SCB am 31. Januar 2014 auf dem 8. Platz von Lars Leuenberger übernommen und erst einmal in der Abstiegsrunde versenkt. Er verlor letzte Saison sieben von zwölf Spielen. Er verlor auch sechs der ersten elf Partien in dieser Saison und löste vorübergehend Panik in der SCB-Chefetage aus. Aber der Vertrag bis ins Frühjahr 2016 hat ihn unentlassbar gemacht. Das 4:1 in Biel am 18. Oktober (14. Runde) markierte die Wende. Nun steht der Kanadier nach dem 3:1 gegen die ZSC Lions erstmals an der Tabellenspitze. Es war der 19. Sieg in den letzten 22 Spielen. 

Der Wendepunkt: Der SCB besiegt Biel am 18. Oktober 4:1.
Der Wendepunkt: Der SCB besiegt Biel am 18. Oktober 4:1.Bild: KEYSTONE

Endlich wieder zwei ebenbürtige Goalies

Der SCB spielt zurzeit das taktisch beste Hockey der Liga. Dieses einfache, urige Spiel haben wir in Bern mit dieser Präzision und Intensität zuletzt zwischen 1988 und 1992 unter Trainer Bill Gilligan gesehen (Meister 1989, 1991 und 1992). Der SCB ist zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt. 

Martin Plüss war auch letzte Saison gut und meistens Topskorer. Die Differenz zur letzten Saison machen Spieler wie Pascal und Alain Berger. Nicht die gute Form der Stars ist für das Funktionieren der Mannschaft entscheidend. Sondern die Konstanz der Rollenspieler. Und zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg von 1986 hat der SCB mit Marco Bührer und Nolan Schaefer zwei gleichwertige Torhüter. Mit beiden kann der SCB Meister werden. Nolan Schaefer hat die bessere Fangquote (95,24 %) als Marco Bührer (90,96 %). Am Montag siegte der SCB mit Bührer in Fribourg 4:0 und einen Tag später mit Schaefer zu Hause gegen den Meister 3:1. 

Nolan Schaefer macht auch Marco Bührer besser.
Nolan Schaefer macht auch Marco Bührer besser.Bild: KEYSTONE

Deshalb muss Bern die Qualifikation gewinnen

Weil die Organisation der Mannschaft so gut ist, spielt es keine Rolle, wenn wichtige Spieler durch Verletzungen ausfallen. Das gilt auch für die ZSC Lions oder den HC Davos. Der SCB spielt inzwischen auf Augenhöhe mit dem Meister und mit Davos. Der HCD kann noch schneller spielen, die ZSC Lions sind physisch gleich stark und über vier Linien noch ausgeglichener. Deshalb ist es für die Berner so wichtig, diese Qualifikation auf dem 1. Platz zu beenden. Um eine Playoffserie gegen die ZSC Lions oder Davos zu gewinnen, brauchen sie mit ziemlicher Sicherheit den Heimvorteil. Die Energie aus der grössten Zuschauerkulisse ausserhalb der NHL. 

Alles macht beim SCB wieder Sinn. Führungsstil, Taktik und auch die Transfers. Sportchef Sven Leuenberger hat auf dem Transfermarkt alles Menschenmögliche gemacht um die Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. Er hat drei von vier Ausländern ausgewechselt, mit Eric Blum die Chemie im Team und das Spiel auf dem Eis gewürzt, mit Thomas Rüfenacht, Simon Moser und Marc Reichert Wasserverdrängung und Rumpelfestigkeit erhöht. 

Gegen die ZSC Lions und Davos dürfte der SCB nur mit dem Heimvorteil in den Playoffs gewinnen können.
Gegen die ZSC Lions und Davos dürfte der SCB nur mit dem Heimvorteil in den Playoffs gewinnen können.Bild: KEYSTONE

Wenn die Hockeygötter dagegen sind, kann sich die beste Mannschaft nicht auf Platz 1 behaupten. Will heissen: Ein bisschen Glück braucht es auch, damit alles stimmt. Aber der Glücks-Anteil am SCB-Erfolg ist so gering wie nie mehr seit Bill Gilligan. Der SCB ist der gefährlichste Herausforderer der ZSC Lions geworden. In der aktuellen Form ist der SCB sogar Titelfavorit Nummer 1. 

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