Junioren- und Universitätshockey ist für Auston Matthews keine Herausforderung mehr. Weil er erst 2016 in den NHL-Draft kommt, darf er in Nordamerika nächste Saison noch nicht bei den Männern spielen. Aber eine weitere Saison bei den Junioren oder im Universitätshockey wäre eine verlorene Saison. Der kräftige Center (188 cm/88 kg) gilt als eines der talentiertesten US-Talente, sozusagen als Gretzky Amerikas. Er war der alles dominierende Spieler bei der U18-WM in Zug.
Die ZSC Lions und ihr Trainer Marc Crawford geniessen in Nordamerika einen exzellenten Ruf als Ausbildungsclub bzw. Ausbildungstrainer. Das ist bei einem auf Erfolg getrimmten ehemaligen NHL-General einigermassen erstaunlich – und doch berechtigt. In der vergangenen Saison haben sich mit Verteidiger Jonas Siegenthaler und Stürmer Denis Malgin bereits zwei Spieler mit dem gleichen Jahrgang wie Auston Matthews (1997) bei den ZSC Lions in der NLA bewährt. Siegenthaler spielte die ganze, Malgin die halbe Saison in der höchsten Liga.
ZSC-Manager Peter Zahner sagt: «Wenn die Verpflichtung von Matthews gelingt, dann wird er bei uns die tragende Rolle eines Ausländers übernehmen.» Matthews sei dazu in der Lage, sich im Männerhockey durchzusetzen. «Kevin Fiala hat im gleichen Alter für die Schweiz in Minsk ja bereits seine erste WM gespielt. Wir würden also keinen fünften Ausländer zur Absicherung unter Vertrag nehmen», betont Zahner.
Auston Matthews wäre der jüngste Ausländer in der Geschichte unseres Hockeys. Er wird, wenn der Transfer gelingt, voraussichtlich nur eine Saison in der NLA spielen und dann in Nordamerika ins Erwachsenen-Hockey einsteigen. Es gibt allerdings durchaus eine Möglichkeit, dass er eine zweite Saison in der Schweiz bleiben könnte. Wenn er im Sommer 2016 von einem NHL-Team verpflichtet wird (durch den Draft), dann darf er 2016/17 nur in der NHL, nicht aber im Farmteam (AHL) eingesetzt werden. Genügt er nicht auf Anhieb für die NHL (was eher unwahrscheinlich ist), dann müsste er zu den Junioren zurückkehren. Das ist unter anderem Luca Sbisa passiert. In diesem Falle wäre es machbar, dass Auston Matthews statt zu den Junioren noch einmal für eine zweite Saison zu den ZSC Lions geschickt wird.
Am Ende des Tages geht es auch um Geld. Im Universitätshockey und in den Juniorenligen dürfen die Spieler nicht bezahlt werden. Regelmässig kommt es zu kleineren und manchmal auch grösseren Skandalen, wenn verdeckte Zahlungen oder Naturalleistungen an die Spieler aufgedeckt werden. In der NLA aber kann Auston Matthews nicht nur sportlich weiterkommen. Er kann auch ganz legal zum ersten Mal in seiner Karriere ordentlich Geld verdienen.
Matthews wird bei den ZSC Lions, so der Deal zustande kommt, mindestens 200'000 Dollar netto verdienen. Das ist für einen Junior doch recht viel Geld. Zumal er ja in seinen drei ersten NHL-Jahren wegen der genormten Verträge (Entry Level Contracts) noch nicht Millionär werden kann: Das Salär ist in den drei ersten Saison auf brutto etwas mehr als 900'000 Dollar limitiert. Erst nach drei Jahren NHL rockt es mit Multimillionen-Dollar-Verträgen in der Kasse.
Die Frage ist berechtigt: Warum ist eigentlich der SC Bern, im Selbstverständnis die Nummer 1 im Lande, bei einem solchen Deal kein Thema?