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Bruce McNall – wie ein freundlicher Schurke die moderne NHL erfand

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Die Seattle Kraken werden ab Herbst das 32. Team der NHL sein.Bild: keystone
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Die McNall-Revolution – wie ein freundlicher Schurke die moderne NHL erfand

Die Kraken aus Seattle werden das 32. Team der NHL sein. Beinahe geht vergessen: Am Anfang der Entwicklung der NHL auf nun 32 Teams, von einer Pleiteliga zu einem brummenden Milliardengeschäft, steht ein Schurke. Eine Reise zurück in die aufregendsten Jahre der neueren NHL-Geschichte, als alles begann.
20.07.2021, 19:57
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Die Sonne versinkt ansichtskarten-glutrot im Pazifik. Durch die Luft wabert der Geruch von Räucherstäbchen und sonstigem Kraut. Polizisten dösen träge wie Seehunde in Streifenwagen und überwachen die in den letzten Sonnenstrahlen rollschuhlaufenden, joggenden Menschen. Die Verkaufsstände werden weggeräumt und dicke Eisengitter rasselnd vor die Souvenierläden runtergelassen. Abendstimmung am Venice Beach. Sie kontrastiert mit den Problemen, die Los Angeles bis heute kennzeichnen: Hitze, Wassermangel, abwechselnd mit Überschwemmungen, Feuerstürmen, Erdbeben, unregierbare Stadtteile.

People are silhouetted as they workout during sunset on Wednesday, June 16, 2021, in the Venice Beach section of Los Angeles. An unusually early and long-lasting heat wave brought more triple-digit te ...
In Venice Beach ist immer etwas los.Bild: keystone

An alles denkt der Mensch Ende der 1980er-Jahre hier. Nur an eines ganz sicher nie und niemals: an Eishockey. Weiter weg könnte Eishockey auf dem ganzen Erdball nicht sein. Ein Spiel, zu dessen Ausführung die Temperatur unter den Gefrierpunkt gesenkt werden muss. Und der vornehmlich von Weissen ausgeübt wird. Erst 1997 wird mit dem Kanadier Anson Carter zum ersten Mal ein Afroamerikaner Weltmeister.

Canada's hockey players celebrate the winning of the gold medal at the Ice Hockey World Championship in Helsinki, Finland, Sunday, May 11, 2003. Canada defeated Sweden in the final 3-2 with an ov ...
Anson Carter wurde 1997 mit Kanada Weltmeister.Bild: AP

Verrückt, aber wahr: Hier beginnt eine Revolution, die aus der NHL ein Milliardengeschäft und mit der Aufnahme von Seattle die Expansion der Liga auf 32 Teams erst möglich macht. In verrückten sieben Jahren wird aus der «Pleite-Liga» NHL (die meisten Klubs schreiben Anfang der 1990er-Jahre rote Zahlen) Big Business.

Also ein paar Meilen landeinwärts vom Venice Beach beginnt 1988 der «Big Bang». Wer vom Venice Beach den Lincoln Boulevard hinunterfährt, links auf den Manchester Boulevard abbiegt, der findet sich 20 Minuten vom Ozean entfernt im Great Western Forum wieder. Und das Great Western Forum ist zu dieser Zeit nicht nur das Heimstadion der Los Angeles Kings. Es ist der Ort, an dem alles in Bewegung gerät.

Das Great Western Forum aus der Luft.
Das Great Western Forum aus der Luft.bild: shutterstock

Diese Revolution von 1988 führt zu den grössten und nachhaltigsten Veränderungen der Hockey-Weltgeschichte. Sie führt zum Verkauf der kanadischen und der russischen Hockeyseele. Sie kostet die Kanadier die kommerzielle und sportliche Bedeutung in der NHL: Eishockey wird zwar von der kanadischen Regierung als Nationalsport in der Verfassung festgeschrieben, wird aber zu einem kanadischen Spiel, das nach dem US-Dollar tanzt. Diese Revolution bringt das Eishockey endlich in den Süden und Westen der USA und erschliesst die Märkte, ohne die ein Milliardenbusiness nicht möglich ist.

In erster Linie profitieren die Spieler. 1989/90 verdienen lediglich zwei Stars mehr als eine Million: Mario Lemieux in Pittsburgh (2,0 Mio) und Wayne Gretzky in Los Angeles (1,72 Mio). Sieben Jahre später gibt es bereits 184 Salär-Millionäre und der Durchschnittslohn vervierfacht sich auf eine Million. Und heute gibt es mehr NHL-Millionäre aus der Schweiz als damals in der gesamten Liga.

Gretzky und Lemieux sind 1990 die einzigen Dollar-Millionäre der NHL.
Gretzky und Lemieux sind 1990 die einzigen Dollar-Millionäre der NHL.bild: imago-images.de

Die Edmonton Oilers werden 1985 mit einem Salärbudget von 6 Millionen Dollar Stanley-Cup-Sieger. Heute reicht so viel Geld nicht einmal mehr, um dem ehemaligen SCB-Junior Roman Josi in Nashville das Jahresgehalt zu bezahlen.

Die rasante Entwicklung zwingt die Klubbesitzer schliesslich dazu, gegen den erbitterten Widerstand der Spielergewerkschaft eine Lohnbegrenzung einzuführen. Dafür wird sogar der Ausfall einer ganzen Saison (2004/05) in Kauf genommen – bis heute hat keine andere Profiliga wegen Arbeitskämpfen eine ganze Saison ausfallen lassen.

Fans watch a show prior to Game 4 NHL Stanley Cup playoff hockey semifinal action between the Montreal Canadiens and the Vegas Golden Knights in Montreal, Sunday, June 20, 2021.(Paul Chiasson/The Cana ...
Eine spektakuläre Pre-Game-Show ist in der NHL längst zum Standard geworden. Bild: keystone

Aber nicht nur die Löhne steigen. Der Erlös aus dem Fanartikel-Verkauf wird innert fünf Jahren um 600 Prozent auf über eine Milliarde Dollar jährlich gesteigert. Die TV-Rechte bringen der gesamten Liga Ende der 1980er-Jahre rund 400 Millionen Dollar ein. Heute sind es mehr als 2 Milliarden.

Weil in Nordamerika Sport rentieren muss – Klubbesitzer sind, anders als bei uns, in erster Linie Investoren, die Geld verdienen wollen und erst in zweiter Linie Fans – übertragen sie am 1. Februar 1993 einem Mann fast alle Macht, der bis heute die NHL führt: Gary Bettman. Er beginnt mit einem Jahressalär von 2 Millionen und verdient heute gut 10 Millionen im Jahr. Er ist der Architekt, der die moderne NHL gebaut, aber nicht der Revoluzzer, der alles ausgelöst hat.

Jun 27, 2014; Philadelphia, PA, USA; NHL commissioner Gary Bettman addresses the crowd before the 2014 NHL Draft at Wells Fargo Center. Mandatory Credit: Bill Streicher-USA TODAY Sports
Gary Bettman ist der Architekt, nicht der Revoluzzer.Bild: X02835

Doch nun zur Frage: Wie kann es dort eine Eishockey-Revolution geben, die zu den aufregendsten Jahren der Hockey-Geschichte führt, wo diesem Sport alle natürlichen Voraussetzungen fehlen? Wo Ende der 1980er Jahre ausser der Erfindung der Zamboni-Eisreinigungsmaschine praktisch keine Eishockey-Kultur zu finden ist? Wer hat diese wohl spektakulärste Entwicklung im nordamerikanischen Sport-Business provoziert? Ein liebenswerter Schurke.

So war es halt schon oft: Ein Blick in die Geschichtsbücher lehrt uns, ein paar Schurken haben die Welt stärker verändert als Legionen von Edelmütigen. Natürlich gilt in der offiziellen NHL-Geschichtsschreibung Gary Bettman als Architekt des wundersamen Aufschwungs. Doch ohne den Schurken Bruce McNall wäre Gary Bettman vielleicht gar nie ins Amt gekommen, wäre die NHL nicht, was sie heute ist, wären die Kraken aus Seattle nun nicht das 32. NHL-Team, hätte Eishockey den «Sunbelt», den Sonnengürtel der USA und insbesondere den Markt in Kalifornien nicht erobert. Und ohne diese Märkte wäre Eishockey nie zu dem Big Business geworden, das es heute ist.

Ein Schurke als Eishockey-Revolutionär – diese Sicht der Dinge entsetzt offiziell die rechtschaffenen und oft reaktionären NHL-Generäle. Doch im privaten Gespräch geben sie bereits in den 1990er-Jahren durchaus zu, dass ohne Bruce McNall Eishockey kein wirklich gewinnbringendes Geschäft geworden wäre.

Alles beginnt eigentlich im Januar 1988. Dr. Jerry Buss hat die Nase voll vom Eishockeygeschäft in Los Angeles und seinen Kings. Die waren 1967 zusammen mit den Teams aus Pittsburgh, Philadelphia, St. Louis, Minnesota und Oakland in die NHL gekommen. Ein durchschlagender Erfolg war diese Expansion in den Westen nicht.

Jan. 1, 2011 - New York, New York, U.S. - KAREN DERNEL AND JERRY BUSS 1980. R7534. - ZUMAct2_
Jerry Buss verdiente mit Hockey kein Geld, also wechselte er zum Basketball.Bild: imago stock&people

Schon 1976 gehen die Oakland Seals nach zwei Namensänderungen in den Minnesota North Stars auf. Die Kings vertreten fortan in Kalifornien exklusiv das exotische Spiel. Doch sie bleiben sportliche Hinterbänkler und fahren Dr. Buss Jahr für Jahr Millionenverluste ein. Das Great Western Forum ist einfach nicht zu füllen. Zwar leben in Los Angeles über 100'000 Kanadier – aber die interessieren sich bis 1988 offenbar nicht für Hockey, und Dr. Jerry Buss sagt resigniert: «In Los Angeles leben nur Kanadier, die vor dem Hockey geflohen sind.»

Also verkauft er seine 51 Prozent Klubanteile für 20 Millionen Dollar an einen gewissen Bruce McNall, einem kapitalistischen Wunderkind. Mit 14 arbeitet Bruce McNall in einem Münzladen, mit 15 kauft er den Besitzern das Geschäft ab und mit 19 hat er einen Uni-Abschluss in Altertumsgeschichte, erobert die Welt der Reichen und Schönen und verdient sein Geld angeblich mit dem Handel von antiken Münzen und allerhand Antiquitäten. Bei einem Studienaufenthalt in England befreundet er sich mit einem Sprössling der Getty-Familie und wird bald einmal Hoflieferant des Getty-Museums in Malibu. Das Geschäft rockt.

President of the Los Angeles Kings Bruce McNall.
Bruce McNall, der damalige Präsident der LA Kings.Bild: Getty Images North America

Bruce McNall steigt zum bewunderten Unternehmer auf. Er kauft sich ins Film- und Sportgeschäft ein. Woher er das Geld nimmt, fragt niemand. Und für Eishockey interessiert sich sowieso keiner. Bis Bruce McNall am 9. August 1988 den Superstar Wayne Gretzky aus einem laufenden Vertrag bei den Edmonton Oilers herausholt. Dieses Ereignis elektrisiert ganz Nordamerika, ist der bis dahin grösste Transfer in der Geschichte der NHL und einer der grössten Deals im nordamerikanischen Sport überhaupt.

Als Wayne Gretzky nach Los Angeles kam.Video: YouTube/ouzer

Wayne Gretzky wechselt mit Marty McSorley zu den Kings, die dafür Jimmy Carson, Martin Gelinas, drei Erstziehungsrechte im Draft und 15 Millionen Dollar nach Edmonton schicken.

Weil in den USA nur gut ist, was viel kostet, muss Eishockey nach diesem Mega-Deal gut sein. Bei den Mächtigen und Reichen regt sich Interesse. Eishockey wird dank Wayne Gretzky in Los Angeles, dem neben New York wichtigsten Medien- und Sportmarkt der Welt endlich, endlich salonfähig und erobert den Sunbelt. Eine ähnliche Entwicklung wie sie in der Schweiz begann, als das Eishockey dank Kunsteis aus den Bündner Bergen ins Flachland hinunter nach Zürich, Bern, Genf, Basel und später auch Fribourg, Zug, Lugano, Kloten, Biel oder Rapperswil-Jona kam.

Die «Hockey News» und die «Sporting News», heilige Schriften des US-Sports, überhäufen Bruce McNall bald mit Ehrungen. Wählen ihn schon 1989 zum «Executive of the Year». Die NHL holt ihn in ihre Marketing- und PR-Kommission. Dann die Krönung: Am 22. Juni 1992 wählt die Männerrunde der NHL-Klubbesitzer Bruce McNall als Nachfolger von Chicagos Bill Wirtz zu ihrem Vorsitzenden. Er ist nun einer der mächtigsten Männer der Hockey-Welt.

McNall freut sich über seinen Gretzky-Coup.
McNall freut sich über seinen Gretzky-Coup.bild: ap

Bruce McNall nützt seine Macht und engagiert sich energisch für eine weitere Ausdehnung (Expanison) der Liga. Er ist der unermüdliche Vorkämpfer für die Expansionen, die San José, Ottawa, Tampa (den aktuellen Stanley-Cup-Sieger), Anaheim und Florida in die nun 26 Teams umfassende NHL bringen.

Später wird klar, dass das einstige Wunderkind die Expansion nicht primär im Interesse des Eishockeys vorangetrieben hat: Kommt ein neues Team ins Einzugsgebiet eines bereits bestehenden Klubs, wird eine Extragebühr fällig. Von den 50 Millionen Dollar, die der Disney-Konzern als Eintrittsgebühr für Anaheim an die Liga zahlt, bekommt Bruce McNall als Besitzer der benachbarten Los Angeles Kings 25 Millionen. Niemand ahnt, wie dringend er die Kohle braucht.

Der kleine, dicke Mann bringt seine Kings auf Vordermann. Um den Reisestress zu mildern, reist die Mannschaft ab Frühjahr 1989 als zweite der NHL-Geschichte in der klubeigenen Boeing 727-100. Das Flugzeug hatte erst den «Northwest Airlines», dann dem mexikanischen Präsidenten gehört.

Bruce McNall lässt unter anderem 70 Erstklass-Sitze und ein Studio für den Physiotherapeuten einbauen, damit blessierte Spieler schon während des Rückfluges behandelt werden können. Die Coaches sind in der Lage, in einem Videoraum die Spieler schon auf dem Heimweg zu analysieren. Damals eine Sensation. Drei Jahre später im Mai und Juni 1993 kämpfen sich die Kings unter der magistralen Führung von Wayne Gretzky, Jari Kurri & Co. bis in den Stanley-Cup-Final vor, wo sie den Montréal Canadiens unterliegen. Niemand ahnt, dass dies bis heute der letzte Stanley-Cup-Sieg eines kanadischen Teams sein wird.

FILE - The Montreal Canadiens pose for a photograph with the Stanley Cup following their 4-1 victory over the Los Angeles Kings in Montreal, in this June 9, 1993, file photo. Patrick Roy is at front l ...
Die Canadiens holen 1993 gegen die LA Kings den Stanley Cup.Bild: keystone

Ein Besuch in den Kabinengängen nach einem Spiel ist wie ein Spaziergang durch Hollywood. Ich habe nie zuvor und nie mehr danach so viele schöne jungen Menschen, so viele schöne Frauen und Männer an einem Eishockeyspiel und in den Kabinengängen einer Hockey-Arena gesehen wie zu dieser Zeit im Great Western Forum. Viele Gesichter erkenne ich dann abends im Hotel wieder, wenn am TV-Apparat irgendwelche billige Shows oder Filmchen laufen.

Doch Bruce McNall kann vom Boom, den er ausgelöst hat und der bis heute nahezu ungebremst anhält, nicht lange profitieren. Am 29. April 1994 beginnen die Strafuntersuchungen gegen den Mann, der im Kings-Media-Guide der Saison 1993/94 noch überschwänglich als «einer der vielseitigsten und fortschrittlichsten Unternehmer Amerikas, massgebend in jedem Bereich, in dem er tätig war» gefeiert wird.

Einer der meistbewunderten Unternehmer Kaliforniens wird nach und nach als Hochstapler, als Betrüger, als Schurke eben, entlarvt. Die Fans spotten bald, jeder Aktionär der «Bank of America» sei auch stolzer Mitbesitzer eines NHL-Klubs. Bruce McNall hat diese Bank mit faulen Krediten um 236 Millionen Dollar erleichtert. Es gelingt ihm noch, am 17. Mai 1994 seine Anteile an den Kings zu verkaufen. Der Klub gerät vorübergehend ins Trudeln, entwickelt sich jedoch im Besitz der Anschutz-Gruppe wieder zu einer der ersten Adressen der Liga. Mit neuer Arena (Staples Center) und zwei Stanley-Cup-Triumphen (2012 und 2014).

Jun 13, 2014; Los Angeles, CA, USA; Los Angeles Kings right wing Justin Williams hoists the Stanley Cup after defeating the New York Rangers game five of the 2014 Stanley Cup Final at Staples Center.  ...
Justin Williams zeigt den Fans 2014 den Stanley Cup.Bild: X02835

Aber bei Bruce McNall gehen 14. Dezember 1994 die Lichter aus, als offiziell Anklage erhoben wird. Ganz überraschend kommt das alles nicht. Zu Beginn der 1990er-Jahre ist Donald Trump schon eine höchst umstrittene Medien- und Unternehmerfigur. Im Winter 1993 frage ich Bruce McNall einmal zum Spass, ob er eigentlich die Antwort der Westküste auf Donald Trump sei. Er scheint von dieser Frage völlig überrascht, aber die Kumpels, die er bei sich hat, können sich vor Lachen kaum noch halten und für mich sind die Drinks an diesem Abend gratis.

Bruce McNall hat bereits den Ruf, seine Rechnungen nicht mehr zu bezahlen. Doch sein Charme, seine freundliche Art, sein Charisma, seine Nähe zu den Reichen, Mächtigen und Schönen retten ihn vorerst vor der Verfolgung seiner Gläubiger und dem Zugriff des Gesetzes. Er kann seinen letzten grossen Auftritt am 23. März 1994 noch zelebrieren, als Wayne Gretzky den ewigen Tor-Rekord von Gordie Howe bricht. Doch den Rolls Royce, den Gretzky als Preis bekommt, kann der grosse Zampano schon nicht mehr bezahlen. Er ist pleite.

Ab 1994 vergeht Bruce McNall das Lachen.
Ab 1994 vergeht Bruce McNall das Lachen.bild: ap

Im Januar 1997 ist Bruce McNall auf der ganzen Linie gescheitert und nur noch ein armer Mann. Zumindest offiziell hat er kein Vermögen mehr. Am 9. Januar 1997 hat der 46-Jährige um 9.00 Uhr vor Richter Richard A. Paez in Zimmer 750 im 7. Stock eines Gerichtsgebäudes in Los Angeles zu erscheinen. Um 17.37 Uhr ist die Verhandlung zu Ende. Das Urteil: fünf Jahre und 10 Monate Zuchthaus, 5 Millionen Dollar Busse.

Durch willige Zusammenarbeit mit den Behörden erreicht der gewesene Kings-Eigentürmer diese relativ milde Bestrafung. Die Gerichtsverhandlung offenbart, wie er die Banken mit falschen Angaben betrogen hat. Sein ganzes Imperium, die ganze Eishockey-Revolution, ist aufgebaut auf erschwindelten Bankkrediten. Alles in allem dürften es rund 500 Millionen Dollar gewesen sein.

Bruce McNalls Liebenswürdigkeit und sein Charme werden vor Gericht erwähnt und gewürdigt. Ein Schurke zwar, aber ein freundlicher. Er sei eben, so sagt er reumütig, ein Mann, der nie nein sagen könne. Und als er bemerkt habe, wie leicht sich die Banken betrügen liessen, habe er einfach nicht mehr aufhören können.

Bildnummer: 10721021 Datum: 04.06.2012 Copyright: imago/Icon SMI
04 June 2012: Former Kings owner Bruce McNall poses before Game 3 of the Stanley Cup Final between the New Jersey Devils and the Los A ...
McNall ist in der NHL-Szene wieder ein gern gesehener Gast.bild: imago-images.de

Nur eine Entschuldigung lässt der vorsitzende Richter nicht gelten: Der Verteidiger gibt zu bedenken, dass sein Klient von dem Geld doch so viel für wohltätige Zwecke gespendet habe und deshalb Milde verdiene. Da reagiert Richard A. Paez unwirsch: «Es ist keine Heldentat, das Geld anderer Leute auszugeben.»

Die Entwicklung, die Bruce McNall ausgelöst hat, ist jedoch nicht mehr aufzuhalten. Und das Schicksal ist gnädig mit dem Mann, dem das Hockey so viel zu verdanken hat. 2002 wird er aus dem Knast entlassen, 13 Monate werden ihm geschenkt. Viele seiner Freunde haben ihn bis heute nicht fallen lassen. Während seiner Haft besuchten ihn Wayne Gretzky, Luc Robitaille, Rob Blake und zahlreiche Hollywood-Grössen regelmässig.

2003 veröffentlicht Bruce McNall seine Autobiographie «FUN WHILE IT LASTED – My Rise and Fall in the Land of Fame and Fortune». Es ist eines der besten und ehrlichsten Bücher aus der Welt des Sports, die ich je gelesen habe. Ganz am Schluss, auf Seite 289, erklärt Bruce McNall wie er schliesslich doch noch auf den rechten Weg und die wahren Werte des Lebens zurückgefunden hat. «I just needed to take an incredible journey, from fame and fortune to ultimate failure, before I could recognize it.»

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8 Kommentare
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Pana
20.07.2021 20:59registriert Juni 2015
"Der Verteidiger gibt zu bedenken, dass sein Klient von dem Geld doch so viel für wohltätige Zwecke gespendet habe und deshalb Milde verdiene. Da reagiert Richard A. Paez unwirsch: «Es ist keine Heldentat, das Geld anderer Leute auszugeben.»"

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