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Nino Niederreiter ist gleich alt wie Lino Martschini (23). Er ist der erste und bisher einzige Schweizer Stürmer, der sich in der NHL durchgesetzt hat. Er verkörpert mit den NHL-Gardemassen (188 cm/95 kg) den Typ des modernen Powerstürmers, sein Königreich sind die Aussenbahnen in der wichtigsten Liga der Welt. Er reiste nach dem Ausscheiden aus den Stanley Cup- Playoffs mit Minnesota gerade noch rechtzeitig für den ersten Einsatz im letzten WM-Vorbereitungsspiel gegen Deutschland an. Der WM-Silberheld von 2013 soll bei der WM in Moskau unser offensiver Leitwolf sein. Sozusagen als Luxus-Version des SCB-Meisterhelden Simon Moser (187 cm/98 kg), der ja auch zum WM- Team gehört.
Aber gegen die robusten Deutschen hat Nino Niederreiter nur eine Nebenrolle gespielt und sein Name steht nicht auf der Skorerliste. Was noch kein Grund zur Beunruhigung ist: er braucht schon ein bisschen Angewöhnungszeit aufs breite Eisfeld. Der Held beim 4:3 n.V. gegen Deutschland ist ein «Anti- Niederreiter». Einer, der nicht einmal in der Frauen- Nationalmannschaft ein furchteinflössender, böser Powerstürmer wäre.
Aber Zugs Zauberzwerg Lino Martschini (168 cm/65 kg) personifiziert die ewige Hockeyweisheit, die besagt, dass Tempo, Beweglichkeit und Schlauheit Grösse und Kraft überlisten können. Und gerne wird vergessen, dass er keine Angst hat: er bewährte sich zwei Jahre (2010/11 und 2011/12) in der Ontario Hockey League, in einer der drei grossen nordamerikanischen Juniorenligen. Dort hat übersteht ein Weichling keine drei Partien.
Nicht einmal Nationaltrainer Patrick Fischer war vor diesem letzten WM-Vorbereitungsspiel gegen Deutschland restlos von Lino Martschinis Qualitäten überzeugt. Ein Chronist reicht bei Mediengeneral Kick Janos einen Interview-Wunsch für nach der Partie ein: Lino Martschini – und erntet dafür misstrauisches Nachfragen. Ob man sich einen Scherz erlaube? Denn auf dem Matchblatt steht der Name des Grossbuben des legendären Kunstturntrainers Ludek Martschini zuunterst in der Aufstellung.
Er ist nur 13. Stürmer. Der 13. Stürmer kommt in der Regel gar nicht oder erst dann zum Einsatz, wenn Sieg oder Niederlage längst besiegelt sind oder wen einer verletzte ausfällt. Wieso will einer nach dem Spiel ausgerechnet mit dem 13. Stürmer reden? Erhofft sich da jemand vielleicht gar Polemik gegen den Trainer?
Aber der 13. Stürmer Lino Martschini wird das Spiel als offensiv Nummer 1 beenden und gar zum besten Spieler gewählt – vor allen Stars, allen offensiven Titanen, die bis zu 30 Kilo schwerer und 20 Zentimeter grösser sind. Vom 13. Stürmer zum Helden, vom kleinsten zum leistungsmässig grössten Stürmer in einer siegreichen Partie gegen Deutschland: das hat es in der helvetischen Hockey-Historie noch nicht gegeben. Der neue Held nimmt es gelassen: «Ich bin der 13. Stürmer und diese Rolle habe ich akzeptiert. Ich gehe davon aus, dass ich auch bei der WM der 13. Stürmer sein werde.»
Weit über die erste Spielhälfte hinaus ist Lino Martschini gegen die Deutschen ja tatsächlich nur ein offensiver Gelegenheitsarbeiter mit ein paar Powerplay-Einsätzen. Aber als Patrick Fischer nach dem 0:3-Rückstand umstellt, umstellen muss, da bekommt Lino Martschini regelmässige Einsätze, tanzt immer wieder auf der rechten Aussenbahn durch die deutsche Abwehr, und der Zauberzwerg mahnt mit seiner erstaunlichen Schusskraft an David, der den Riesen Goliath mit der Steinschleuder zur Strecke brachte.
Tausendfach echot es in Basel «Ah» und «Oh» von den Rängen. Mit den zwei Treffern, mit dem 1:3 und dem 2:3 leitet er die Wende ein. «Wir sind ein schnelles Team und wir sind zu lange zu wenig gelaufen» fasst er die Schwierigkeiten der ersten Spielhälfte zusammen. Am Ende dürfen wir sagen: Eishockey ist, wenn am Ende die Schweiz gegen Deutschland doch gewinnt.
Möglicherweise wird Patrick Fischer seine Meinung bis zum WM-Start (am Samstag, 11.15 Uhr gegen Kasachstan) noch ändern und Lino Martschini in der offensiven Hierarchie vom letzten Platz nach oben befördern. Aber wer soll dann 13. Stürmer sein? Und kann es wirklich sein, dass bei einer WM ein Zauberzwerg ein offensiver Leitwolf sein und die Differenz machen kann?
Ja, es kann sein. Wir können mit einem Zwerg WM-Titanen werden.