Sport
Eismeister Zaugg

Die ZSC Lions zwischen perfektem Start und dem Ende einer Ära

Zuerichs Maxim Noreau reagiert im ersten Eishockey Playoff-Viertelfinalspiel der National League zwischen den ZSC Lions und EHC Biel-Bienne am Mittwoch, 23. Maerz 2022, im Zuercher Hallenstadion. (KEY ...
Die ZSC Lions starten mit einer Niederlage in die Playoffs.Bild: keystone
Eismeister Zaugg

Die ZSC Lions zwischen perfektem Start und dem Ende einer Ära

«Pausenplatz-Hockey» auf höchstem Niveau beschert den ZSC Lions zum Playoff-Auftakt gegen Biel eine spektakuläre 4:5-Niederlage. Nun werden wir bald wissen, ob Rikard Grönborg ein grosser oder nur ein teurer Trainer ist.
24.03.2022, 06:3724.03.2022, 11:59
Folge mir
Mehr «Sport»

So viele Fehler. So viel Spektakel (40:30 Torschüsse). So gute Unterhaltung. Die bange Frage für die ZSC Lions: Wie stabil ist Biels spielerische Schönwetterlage? Es gibt eine interessante Zahl: Die Bieler haben in der Qualifikation zwei Treffer weniger kassiert als die Zürcher. Sie können also auch defensiv.

Die Highlights des Spiels.Video: YouTube/MySports

Auch beunruhigend: Mike Künzle erzielt zwei Treffer. Obwohl seine Standard-Linienpartner Damien Brunner und Luca Cunti wegen Verletzung und Krankheit fehlen. Biels Spektakel mag zerbrechlich sein. Aber bald wird sich zeigen, ob das Selbstvertrauen der Zürcher und die Position ihres Trainers noch zerbrechlicher sind.

Oder ist es der perfekte Playoff-Start für die ZSC Lions? Auch das sollten wir nicht ausschliessen. Ein Titelkampf ist noch nie im ersten Viertelfinalspiel entschieden worden. Im Gegenteil: Davos (2009 1:2 gegen Lugano), die ZSC Lions 2014 (1:4 gegen Lausanne) und 2018 (1:4 in Zug) sowie der SCB 2019 (0:2 Servette) verloren auf dem Weg zum Titel erst einmal die erste Partie in den Viertelfinals. Und im Frühjahr 2015 starteten die ZSC Lions mit einer 0:2-Heimniederlage gegen die Bieler in die Viertelfinals und rückten doch bis in den Final vor, den sie gegen Davos verloren.

Noch ist es möglich, dass für die Zürcher eine alte welsche Redensart gilt: «Reculer pour mieux sauter» (Sinngemäss: Ein Schritt zurück, um dann umso weiter springen zu können). Die ZSC Lions haben drei der vier Direktbegegnungen in der Qualifikation gegen Biel gewonnen. Eigentlich ist sogar alles andere als eine Finalqualifikation mit dieser Mannschaft als Misserfolg zu werten. Eine bessere Lektion als dieses 4:5 gegen Biel konnte sich Trainer Rikard Grönborg für seine Jungs gar nicht wünschen. So gesehen ist es der perfekte Start.

Wenn nicht der perfekte Start auf dem Weg in den Final, dann ist diese Partie der Anfang vom Ende einer Ära: Trainer Rikard Grönborg hat in Zürich bisher alle Ziele verfehlt: Den Cupfinal auf eigenem Eis 2021 gegen den SCB schmählich verloren und im Halbfinal vor einem Jahr gegen Servette kläglich gescheitert. Bei einem dritten Scheitern würde der Trainer-Titan Grönborg zum entlassbaren Zwerg schrumpfen. Er hätte keine Ausreden mehr.

Zuerichs Cheftrainer Rikard Groenborg regiert beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem SC Bern und den ZSC Lions, am Freitag, 11. Maerz 2022, in der Postfinance Arena in Ber ...
Rikard Grönborg steht bereits unter Druck.Bild: keystone

Erstaunlich bei dieser ersten Partie: Zur DNA des schwedischen Schablonenhockeys gehört das Spiel ohne Scheibe. Die Spieler ohne Puck wissen genau, wie sie sich zu verhalten haben. Es ist die Basis einer stabilen Defensive. Die Zürcher aber zelebrierten «Pausenplatz-Hockey». Kreativ, spektakulär, sorglos und manchmal gar ein wenig zerstreut.

Einerseits ist das bei so vielen talentierten offensiven Leitwölfen nicht verwunderlich. Wenn Denis Malgin und Sven Andrighetto gemeinsam stürmen, müssten eigentlich zwei Pucks im Spiel sein. Andererseits ist so viel spielerischer Leichtsinn mit dem berühmtesten schwedischen Trainer der Zeitgeschichte an der Bande schon ein wenig verwunderlich. Kehren Konzentration, Ordnung und taktische Disziplin nicht zurück, dann ist kein Schurke, wer fragt: Erreicht der Trainer seine Spieler noch oder leiden sie schon unter dem Göschenen-Airolo-Syndrom? Die Botschaft des Chefs «fährt» bei einem Ohr rein und beim anderen raus. Wie die alte Eisenbahn in Göschenen in den Tunnel und in Airolo wieder raus.

Die Bieler sind Hockey-Romantiker. Sie leben seit dem Wiederaufstieg von 2008 eine in dieser Art einmalige, familiär geprägte Hockeykultur. Sie setzen der geschäftigen Professionalität der Interessengemeinschaft der Zürcher Hockey-Jungmillionäre Leidenschaft, Mut und Kreativität entgegen. An einem guten Abend sind sie dazu in der Lage, mit ihrem dynamischen, kreativen Tempospiel jeden Gegner zu überraschen und weit über ihren spielerischen Nominalwert hinauszuwachsen. Aber bisher sind sie auf dem Weg zum Final immer spätestens nach der ersten Runde am taktischen Realismus ihrer Gegner zerbrochen.

Zürichs Realisten gegen Biels Romantiker: Durchaus möglich, dass dieser Viertelfinal die spektakulärste und unterhaltsamste Playoffserie dieses Frühlings wird. Obsiegen die Bieler, dann folgt zum Abschied aus dem Hallenstadion ein Hockey-Theaterstück im Büro der ZSC Lions. Wie es sich als Schlussakt zum Abschied aus dem Unterhaltungstempel Hallenstadion gehört. Eigentlich passender als eine Meisterfeier. Die ZSC Lions zügeln ja im Sommer in einen neuen, noch seelenlosen Hockey-Palast vor den Toren von Zürich.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
NLA-Trikotnummern, die nicht mehr vergeben werden
1 / 148
NLA-Trikotnummern, die nicht mehr vergeben werden
HC Davos: 5 - Marc Gianola.
quelle: keystone / fabrice coffrini
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Despacito mit Eishockey-Spielern
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
43 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
crocoo
24.03.2022 11:07registriert März 2018
Noch schlechter als das Spiel gestern war jedoch Severin Blindenbacher als «neutraler» SRF Studio-Experte.
Daher umso grösser meine Freude über den verdienten Sieg von Biel.
547
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tikkanen
24.03.2022 10:54registriert November 2014
...in der Tat geiler Match gestern in der Mehrzweckhalle zu Oerlikon. Aber bei Lichte betrachtet sind die Leistungen der Hipster schon eher untauglich. Wie der Kaugummifresser in Bern zeigt auch der Rauschebart grosse taktische Defizite. Mit Schweden an der Bande scheint heutzutage kein Grossklub mehr Erfolg zu haben. Immer die selbe Spielauslösung, keine Varianten, kein Anpassen an den Gegner und keine Emotionen. Ein defensiver Hühnerhaufen, was den Goalie verunsichert.
Stäcketöri, die hochkarätige Hipstercrew würde ja sogar üserein an der Bande ins Finale coachen!

Item, #Schweden raus!
3029
Melden
Zum Kommentar
43
YB-Trainerin krebst nach Ausraster zurück: «Ich muss mich entschuldigen»
Nach Servettes Cupsieg gegen die YB-Frauen sorgte YB-Trainerin Imke Wübbenhorst mit einem gehässigen Interview für Schlagzeilen. Nun entschuldigte sich die 35-Jährige für ihre Worte. Der SFV stellt sich indes hinter die Schiedsrichterin, räumt aber auch Fehler ein.

Nach dem verlorenen Cup-Final gegen Servette am vergangenen Wochenende holte YB-Trainerin Imke Wübbenhorst zum Rundumschlag gegen die Siegerinnen und die Schiedsrichterinnen aus. Das Video, in dem sich die Deutsche nach der Niederlage den Frust von der Seele redete, sorgte dafür, dass selbst ausländische Medien wie die Frankfurter Allgemeine über den Schweizer Cup-Final der Frauen berichteten.

Zur Story