Sport
Eismeister Zaugg

Aufstieg unmöglich? Warum die aktuelle Ligaqualifikation schlecht ist

ZUM ABTIEG DES EHC KLOTEN IN DIE SWISS LEAGUE, NACH 56 JAHREN IN DER HOECHSTEN SPIELKLASSE, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Enttaeuschte Klotener im siebten Eishockey Spiel d ...
Die Spieler des EHC Kloten nach dem Abstieg in die Swiss League.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Die «Operetten-Ligaquali» ist Betrug am Publikum und kostet Millionen

Weil die Klubbosse der höchsten Liga zu mächtig sind, funktioniert der Auf- und Abstieg zwischen den beiden höchsten Ligen nicht. Das kostet die Klubs Millionen.
04.04.2019, 13:5505.04.2019, 05:18
Folge mir
Mehr «Sport»

Die Möglichkeit eines Aufstieges oder die Gefahr eines Abstieges mobilisiert die Zuschauer und die Medien fast im gleichen Masse wie der Gewinn einer Meisterschaft. Drama gehört zum Sport.

Zur europäischen Kultur des Mannschaftssportes gehört der Auf- und Abstieg seit Anbeginn der Zeiten. Alle, die vorübergehend den Auf-/Abstieg ausgesetzt hatten, haben ihn wieder eingeführt. Der Auf- und Abstieg funktioniert übrigens gerade im Fussball (und dort rollt der Rubel) wunderbar, auch und gerade in Deutschland.

epa07476697 Hannover players (L-R) Marvin Bakalorz, Hendrik Weydandt, and Felipe Martins react after the German Bundesliga soccer match between Hannover 96 and FC Schalke 04 in Hanover, Germany, 31 Ma ...
Hannover 96 droht in der Bundesliga eine Saison nach dem Aufstieg gleich wieder der Abstieg.Bild: EPA/EPA

Das Problem in unserem Hockey: Die Angst vor dem Abstieg wirkt stärker als die Chance, aufsteigen zu können. Die «Angstinvestitionen» in überhastete Transfers, Ausländer- und Trainerwechsel kosten die Klubs über die Jahre Millionen.

Weil die Angst vor dem Abstieg dominiert und die Klubbosse der höchsten Liga zu viel Macht haben, setzen sie alles daran, die Abstiegsgefahr durch den Modus zu verringern.

Diese Abschottung nach unten beginnt damit, dass es inzwischen nur noch «Höseler-Playouts» gibt: Wer die Playoffs nicht erreicht, kann sich in einer Abstiegsrunde (alle Punkte werden mitgenommen) problemlos retten – nur noch die Miserablen (der Letzte und der Zweitletzte) spielen die Playouts.

Dem Verlierer dieser Playouts werden weitere Vorteile im Spiel gegen den Meister der Swiss League zugeschanzt. Das Heimrecht in der Serie liegt beim Klub der National League und der Meister der Swiss League wird gezwungen, mit drei Ausländern anzutreten – zuvor durfte er während der ganzen Saison nur mit zwei spielen. Diese Belohnung eines Verlierers widerspricht allen Prinzipien des Leistungssportes.

Darüber hinaus hat die Liga ein Lizenzierungsverfahren eingeführt, das der Manipulation Tür und Tor öffnet. Einem sportlichen Aufsteiger kann willkürlich der Aufstieg verweigert werden. Einfaches und aktuelles Beispiel: Der SC Langenthal kann nicht aufsteigen, weil das Kultstadion «Schoren» den Anforderungen der höchsten Liga nicht genügt und der Umzug in ein anderes Stadion nicht möglich ist.

Die Ausverkaufte Schorenhalle, beim 2. Spiel der Ligaqualifikation, zwischen dem SC Langenthal und dem HC Ambri-Piotta, am Samstag, 8. April 2017, in der Eishalle Schoren in Langenthal. (KEYSTONE/Marc ...
Der «Schoren» in Langenthal: Nicht gut genug für die oberste Liga?Bild: KEYSTONE

Das ist, bei Lichte besehen, grober Unfug. Ein Stadion ist gut und sicher genug für den reibungslosen Ablauf eines ausverkauften Finalspiels in der Swiss League inklusive TV-Direktübertragung und leidenschaftlichen Gäste-Fans. Aber es ist nicht gut und sicher genug für gewiss weniger emotionale Dutzend-Meisterschaftspartien gegen Lausanne, die Miserablen aus Rapperswil-Jona oder Zug in der höchsten Liga? Absurd.

Neu Auf- und Abstieg zwischen MySports League und Swiss League
Im nächsten Frühjahr gibt es wieder einen Absteiger aus der Swiss League. Die vier Teams, die die Playoffs verpassen, spielen eine Abstiegsrunde (sechs Partien) unter Mitnahme aller Punkte und Tore aus der Qualifikation. Playouts werden keine gespielt – der Letzte muss zur Liga-Qualifikation gegen den Sieger der MySports League antreten.

Das bedeutet konkret, dass die Farmteams – GCK Lions, EVZ Academy, Ticino Rockets – absteigen können. Spielplanchef Willi Vögtlin sagt: «Die Klub sind sich dieser Gefahr bewusst. Wir haben deshalb den Auf-/Abstieg um ein Jahr auf die nächste Saison hinausgeschoben.»

Noch ist offen, ob die Liga-Qualifikation mit oder ohne Ausländer gespielt wird. In der MySports League können keine Ausländer eingesetzt werden. Willy Vögtlin sagt: «Das müssen die Klubs noch unter sich ausmachen.»

Allerdings kann nur ein Klub der MySports League die Liga-Qualifikation zur Swiss League bestreiten, der bei der Liga das Gesuch um einen Aufstieg eingereicht hat. Somit ist das gleiche Szenario möglich wie aktuell in der Liga-Qualifikation zur National League: ein Klub aus der MySports League tritt an, der zwar das Gesuch um Aufstieg eingereicht hat (wie Langenthal), aber schon weiss, dass er die Bedingungen nicht erfüllen kann.

Diese Saison steigt Sierre nach dem Gewinn der MySports League automatisch in die Swiss League auf. Die zweithöchste Liga umfasst damit wieder zwölf Teams. (kza)

So kommt es, dass nun eine Liga-Qualifikation um den letzten Platz in der höchsten Liga gespielt wird – obwohl klar ist, dass der Verlierer der Playouts diesen Platz gar nicht verlieren kann. Das ist Betrug am Publikum und schadet dem Image des Eishockeys. Das sagt uns das Buch der Bücher im Matthäus-Evangelium, geschrieben vor der Einführung des Profieishockeys in der Schweiz.

Dort steht: «Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist von Übel.» Will heissen: «Eure Rede sei Abstieg! Abstieg! Aufstieg! Aufstieg! Was darüber ist, das ist von Übel.»

Die Lösung wäre einfach. Statt das Nadelöhr zwischen den beiden höchsten Ligen auf Druck der Klubs in der höchsten Liga enger zu machen, müsste das Tor weit geöffnet werden.

Die Klubs müssten das Schicksal des Abstieges als Chance und Wohltat begreifen. Konkret: Wenn es einfach ist, wieder aufzusteigen, ist es halb so schlimm, abzusteigen. Die konkreten Beispiele von Langnau und den Rapperswil-Jona Lakers zeigen, dass ein Abstieg eine Wohltat sein kann und die Erneuerung ermöglicht.

Konkreter Vorschlag: Die vier Letzten der höchsten Liga (also die Teams, die die Playoffs verpassen) sollten mit den vier Besten der Swiss League in einer Doppelrunde um die vier Plätze in der National League spielen. Natürlich mit TV-Liveübertragungen.

So hätte die Abstiegsrunde dieses Jahr ausgesehen.
So hätte die Abstiegsrunde dieses Jahr ausgesehen.Bild: watson

Das garantiert jedem sieben Heimspiele gegen attraktive Gegner und etwa die gleichen Einnahmen, die aus den Playoffs budgetiert werden können, führt mit ziemlicher Sicherheit zu häufigen Auf- und Abstiegen und einer Belebung der Landschaft in der höchsten und zweithöchsten Liga.

Die Modalitäten können im Detail erarbeitet werden. Gespielt wird diese Auf-/Abstiegsrunde beispielsweise mit zwei Ausländern und die vier Plätze in der Aufstiegsrunde kann die Swiss League in einer Playoffrunde ausspielen.

Was hältst du vom Vorschlag des Eismeisters?

Mit diesem Vorgehen könnten Millionen gespart werden: Die Angstinvestitionen gegen den Abstieg würden entfallen und umgekehrt wäre die millionenschwere Aufrüstung, um aufsteigen zu können, in der zweithöchsten Liga nicht mehr notwendig. Fällt dieser Druck erst einmal weg, fallen auch die Löhne der Mitläufer und Miserablen. Und es gibt einen nicht zu unterschätzenden Faktor: Glaubwürdigkeit, Wahrheit und Klarheit des Sportes werden gestärkt.

Es kann ja nicht sein, dass dem Publikum vorgegaukelt wird, man kämpfe in den Playouts und in der Liga-Qualifikation um die Existenz – und alle wissen, dass es weder einen Auf- noch einen Abstieg gibt.

Und noch etwas: Wenn das bisherige System beibehalten wird, dann wäre es ein Minimum an Anstand gegenüber dem Publikum, bis spätestens zur Weihnachtspause zu entscheiden, ob ein Klub aufstiegsberechtigt ist oder nicht.

watson Eishockey auf Instagram
Checks, bei denen es Brunner und drüber geht. Tore, die Freudensprunger verursachen. Memes von Fora und hinten aus der Tabelle. Diaz alles findest du auf unserem Hockey-Account auf Instagram.

Schenk uns doch einen Kubalike!
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Alle NLA-Absteiger seit Einführung der Zwölfer-Liga
1 / 10
Alle NLA-Absteiger seit Einführung der Zwölfer-Liga
Saison 2017/18: EHC Kloten (Aufsteiger: Rapperswil-Jona Lakers)
quelle: keystone / gian ehrenzeller
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das Büro steht Kopf, wir sind im Playoff-Fieber
Das könnte dich auch noch interessieren:
108 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Ricardo Tubbs
04.04.2019 14:43registriert März 2019
guter vorschlag. trotzdem wird aber NIE was ändern solange die A clubs zwei stimmen haben und diverse vereine von mäzenen künstlich am leben gehalten werden.

im eishockey geht es auch schon lange nicht mehr um den sport.

sind wir doch mal ehrlich...ist doch latte ob langenthal zb einen videowürfel hat oder nicht. wenn man sportlich A würdig ist, dann soll man da spielen können. hauptsache es gibt eine tribüne zum hinstehen und einen wurststand...so wie früher eben!
48313
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tor
04.04.2019 14:08registriert März 2019
Der Modus ist wirklich eine Farce! Rappi & Davos wissen seit Weihnachten, dass sie Playout spielen müssen. Also lauter Trainingsspiele bis man dann ausgeruht gegen einen Swiss League Vertreter spielt der bereits 3 Playoffserien hinter sich hat.
Falls dieser Swiss League Club auch noch seriös wirtschaftet, wird er nicht auf Vorrat einen 3. Ausländer verpflichten den er evtl gar nie einsetzen kann.
Und last but not least wird der A-Club für seine schwache Saison auch noch mit dem Heimvorteil in den Playouts belohnt.
24113
Melden
Zum Kommentar
avatar
Rookie
04.04.2019 14:14registriert Februar 2014
Und der HC Lombardi-Piotta darf weitere Saisons in seiner undichten Ruine Nationalleague-Partien spielen. Ist halt "kult" und Herr NR's Hobby...
28290
Melden
Zum Kommentar
108
Krass unterlegen und immer mehr Verletzte – wie der HCD gegen Lausanne trotzdem gewinnt
Der HC Davos führt in der Viertelfinal-Serie gegen Lausanne trotz klarer Feld-Unterlegenheit. Wie lange geht das noch gut?

Der HC Davos hat heute die Chance, die Viertelfinal-Serie gegen den Lausanne HC zu beenden und in den Playoff-Halbfinal vorzustossen. Dabei waren die Bündner an den Spielanteilen gemessen in fünf von fünf Spielen die unterlegene Mannschaft.

Zur Story