Wechseln Jesper Olofsson und Alexandre Grenier, aktuell die Nummer 1 und 2 der Liga-Skorerliste, für die Playoffs zum SC Bern? Das ist gar nicht so verrückt wie es auf den ersten Blick tönt.
Im Hinblick auf die Playoffs (und in anderen Jahren auf den Abstiegskampf) rüsten die Sportchefs nach und lösen gegen Ende der Qualifikation ihre letzten Ausländerlizenzen ein. SCB-Untersportchef Andrew Ebbett hat nach wie vor die Möglichkeit, diese Saison zwei weitere Ausländer zu verpflichten. Statt sich nach Christian Thomas und Philip Varone mit zwei weiteren Durchschnittsspielern zu begnügen (oder, je nach Sichtweise, zu blamieren), könnte er auch von Langnau für die Playoffs zwei aus dem Trio Jesper Olofsson, Alexandre Grenier und Harri Pesonen übernehmen.
Die Qualifikation geht bei uns am 14. März zu Ende. Bis zum 1. März, 00:00 Uhr, darf innerhalb der Liga transferiert werden. Spielplanchef Willi Vögtlin bestätigt: «Ja, das ist so.»
Ab diesem Zeitpunkt hat Langnau noch 5 Partien zu bestreiten. Gegen Lausanne (a), die ZSC Lions (h), Ajoie (a), Davos (h) und Servette (h). Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Emmentaler zu diesem Zeitpunkt die Pre-Playoffs nicht mehr erreichen können. Sie haben jetzt schon zwölf Verlustpunkte Rückstand auf den zehnten und letzten Pre-Playoff-Platz.
Die Situation ist deshalb brisant und interessant, weil es am Ende dieser Saison keinen Absteiger gibt. Die nach oben chancenlosen Klubs können also mit einem temporären Ausverkauf per 1. März noch etwas Geld verdienen. Wahrscheinlich werden nur Ajoie und Langnau chancenlos sein. Und von diesen beiden Teams gibt es eigentlich nur drei Spieler, die für einen Titelkandidaten eine Verstärkung sein können: Langnaus Jesper Olofsson, Alexandre Grenier und Harri Pesonen. Eigentlich verrückt: drei der besten Ausländer der Liga in einem Team, dem das Schicksal blüht, als spektakulärster Zweitletzter des Playoff-Zeitalters in die Liga-Geschichte einzugehen.
Die Frage nach möglichen Playoff-Verstärkungen aus Langnau bereitet Andrew Ebbett sichtlich Unbehagen. «Oje, dann hätten wir ja acht ausländische Stürmer unter Vertrag. Das wäre eine sehr schwierige Situation, die bei uns einige Diskussionen auslösen würde …»
Schwierige Situation? Eher eine aufregende Herausforderung. Der SCB hat bei Lichte besehen eigentlich nur einen ausländischen Stürmer, der den hohen Anforderungen in diesem Klub entspricht: Dominik Kahun. Eine solche Einschätzung weist Ebbett natürlich entrüstet von sich. Immerhin sagt er: «Fragen Sie mich Mitte Januar noch einmal.» Und es ist förmlich zu spüren, wie er sich denkt: Gebe Gott, dass ich um dieses Thema herumkomme. Wohl ahnend, was da für eine Polemik im Bernbiet und Unruhe bei seinem Arbeitgeber losbrechen würde.
Aber die Situation ist halt einmalig und verführerisch. Der SCB ist der einzige Grossklub, der so miserable Ausländer hat, dass die Verpflichtung von Olofsson, Grenier oder Pesonen die ganz Saison auf den Kopf stellen und retten könnte.
Viele Partien haben nämlich gezeigt: Beim SCB hat der Kern der Schweizer Spieler das sportliche Missmanagement der letzten zwei Jahre unbeschadet überstanden. Einige der knappen Niederlagen etwa gegen Biel (1:2 n.P. und 3:4 n.V), Ambri (2:3), Gottéron (3:4 n.V), Lugano (2:3 n.P) oder Zug (3:4 und 1:2) hätten mit erstklassigem ausländischem Personal wahrscheinlich vermieden werden können. Und der Sieg gegen Davos (3:1) am Samstag lieferte erneut einen Hinweis, wie viel Substanz eigentlich in diesem Team steckt.
Die Frage ist deshalb weder polemisch noch boshaft: Wo wäre der SCB mit vier überdurchschnittlichen ausländischen Stürmern? Dazu eine einfache Rechnung: Jesper Olofsson und Alexandre Grenier haben mehr Tore (35) und mehr Punkte (86) produziert als alle bisher eingesetzten sechs SCB-Ausländer zusammen (31 Tore/80 Punkte). Das mag zeigen, welches Erdbeben ein Transfer von zwei Ausländern Langnaus nach Bern in den Pre-Playoffs oder Playoffs auslösen könnte. Ja, der SCB würde wahrscheinlich sogar ein Meisterkandidat.
Die Frage geht natürlich an die Langnauer: Was, wenn am 1. März keine Chance mehr auf die Pre-Playoffs besteht? Was, wenn dann der SCB anklopft und für einen oder zwei der Ausländer eine schöne sechsstellige Leihsumme bietet? Würde es da nicht Sinn machen, dem Rivalen entgegenzukommen? Zumal ja im nächsten Sommer mit dem Bau des zweiten Eisfeldes begonnen wird und jeder Zustupf willkommen ist.
Keine Frage: Für eine so heikle Entscheidung mit dieser politischen und finanziellen Dimension ist nicht Sportchef Marc Eichmann, sondern der Verwaltungsrat als oberstes Führungsgremium zuständig. Das sieht auch Präsident Peter Jakob so: «Mit einem solchen Fall müsste sich der Verwaltungsrat befassen.»
Also geht die Frage an den Präsidenten und nicht an den tüchtigen Sportchef: Ist es denkbar, im Falle eines Falles zwei ausländische Spieler am 1. März dem SCB leihweise für den Rest der Saison zu überlassen? «Mit dieser Frage haben wir uns noch nicht beschäftigt: Aber spontan sage ich es so: Wir würden ‹nein› sagen. Wir könnten so etwas unseren Sponsoren und Fans nicht zumuten.»
Einer seiner Verwaltungsrats-Kollegen, jener, der neben dem Vorsitzenden am meisten Einfluss hat, ergänzt: «Angenommen, Davos wäre interessiert, dann würden wir mit uns reden lassen. Schliesslich haben uns die Davoser geholfen und Robert Mayer zu vernünftigen Konditionen leihweise überlassen. Aber einer oder zwei unserer Ausländer für die Playoffs zum SCB? Nein. Auf gar keinen Fall. Da würde auch eine schöne sechsstellige Summe nicht ausreichen, um uns umzustimmen. Man würde uns einen solchen Kuhhandel noch in fünf Jahren vorhalten …»
Also Nein. Alles klar? Nein! Die Wahrscheinlichkeit, dass die SCL Tigers am 1. März keine Chance mehr auf die Pre-Playoffs haben ist sehr hoch. Und ein Ober- oder Untersportchef beim SCB, der sich im Falle eines Falles nicht intensiv um die Ausländer der Langnauer bemüht, müsste des Amtes enthoben werden. Zumal Verhandlungen einfach sind: Jesper Olofsson und Alexandre Grenier haben beide den gleichen Agenten.
Und was ist, wenn sich auf einmal Lugano, die ZSC Lions, Zug oder Biel oder gar eines der aufstiegswilligen Teams der Swiss League um die Langnau-Ausländer als Playoff-Verstärkung interessieren? Langnaus vorläufiges «Nein» ist noch lange nicht das letzte Wort in dieser Sache.
Bis zum 1. März gilt eine welsche Redewendung: On est jamais au bout des surprises!