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Eismeister Zaugg

Wenn die Hockeyfunktionäre nicht mehr alle Tassen im Schrank haben

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Wenn die Hockeyfunktionäre nicht mehr alle Tassen im Schrank haben

Diese Situation hat es noch in keiner Liga der Welt gegeben: Vor dem Playoff-Final bewirbt sich der Schiedsrichterchef beim Sportdirektor eines Finalisten um einen neuen Job. Eine absurde, aber wahre Geschichte aus unserem Hockey.
16.04.2019, 13:2416.04.2019, 15:06
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Verbands-Sportdirektor Raeto Raffainer wechselt nach der Saison zum HC Davos. Drei Kandidaten bewerben sich um seinen Job beim Verband. Schiedsrichterchef Andreas Fischer, Luganos Bürogeneral Jean-Jacques Aeschlimann und der ehemalige Torhüter Lars Weibel, der heute für den EV Zug arbeitet.

So weit, so gut. Verbandspräsident Michael Rindlisbacher prüft nun die Kandidaten. Dabei ist der freundliche, aber politisch ein bisschen naive «Apparatschik» kurios vorgegangen. Die Bewerber mussten bei ihm und einem Mitglied der Leistungssport-Kommission vortraben und wurden im direkten Gespräch auf Herz und Nieren geprüft.

SIHF-Präsident Rindlisbacher mit Ex-CEO Florian Kohler am Deutschland-Cup in Krefeld.
SIHF-Präsident Rindlisbacher mit Ex-CEO Florian Kohler am Deutschland-Cup in Krefeld.bild: twitter/swissicehockey

Kurz vor dem Start zum Playoff-Final zwischen dem SC Bern und Zug musste Schiedsrichterchef Andreas Fischer zum Bewerbungsgespräch antraben. Er staunte nicht schlecht. Neben Michael Rindlisbacher sass ... Zugs Sportchef Reto Kläy.

So etwas hat es in einer Profiliga noch nicht gegeben: Der Chef der Schiedsrichter bewirbt sich um einen neuen Job und muss beim Sportdirektor eines Finalteilnehmers einen tipptoppen Eindruck machen. Ja, er muss den Sportchef eines Finalisten für sich einnehmen.

Wenn nun ausgerechnet der Schiedsrichterchef beim Sportchef des Finalisten EV Zug zum Jobgespräch antreten muss, so ist das, um es freundlich auszudrücken, politisch nicht klug. Und polemisch können wir sagen: Wenn die Hockeyfunktionäre nicht mehr alle Tassen im Schrank haben.

Der Sportchef des EV Zug, Reto Klaey waehrend der Saison Medienkonferenz des EV Zug vom Montag 10. September 2018 in Zug. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Zug-Sportchef Reto Kläy sucht zusammen mit Verbandspräsident Rindlisbacher den neuen Verbands-Sportdirektor.Bild: KEYSTONE

Die alten Preussen sagten, es genüge nicht, wenn ein Beamter unbestechlich sei. Es müsse auch alles vermieden werden, was den Eindruck von Korruption erwecken könnte.

Wir haben das grosse Glück, dass die Schiedsrichterabteilung unter der Führung von Andreas Fischer und Brent Reiber sehr gut funktioniert. Schaden durch diese verbandspolitische Eselei ist also nicht zu befürchten. Aber Verschwörungstheorien gibt es immer wieder. Ach, welch ein Spektakel gäbe das in den Kulissen, wenn der SCB durch einen fragwürdigen Schiedsrichter-Entscheid benachteiligt werden sollte.

Reto Kläy bestätigt freimütig sein Jobgespräch mit dem obersten Schiedsrichter und sagt auch, warum er und nicht ein anderes Mitglied der Leistungssport-Kommission am Tisch sass: «Wir hatten die Teilnehmer für dieses Gespräch bestimmt, bevor klar war, dass wir im Final spielen werden.» Flexibilität ist halt kein Merkmal von Verbands-Administrationen. Er ist sich inzwischen bewusst, dass die Sache politisch schon etwas heikel ist und beschwichtigt: «Ein Problem ist es nicht.» Er liefert auch die erste offizielle Bestätigung, dass sich Lars Weibel, Andreas Fischer und Jean-Jacques Aeschlimann beworben haben.

Der Director Officiating von Swiss Ice Hockey Andreas Fischer anlaesslich eines Medientreffs von Swiss Ice Hockey vom Donnerstag, 13. September auf dem MS Cirrus auf dem Vierwaldstaettersee in Luzern. ...
Schiedsrichterchef Andreas Fischer will Verbands-Sportdirektor werden.Bild: KEYSTONE

Was sagt Michael Rindlisbacher zur ganzen delikaten Angelegenheit? Er wünscht, dass seine Antwort zu 100 Prozent ungekürzt und unredigiert wiedergegeben wird. Dem Wunsch entsprechen wir gerne.

«Zu Gerüchten und Spekulationen über mögliche Namen für die Nachfolge von Raeto Raffainer äussere ich mich nicht. Der Prozess ist bekannt: Die Rekrutierung für die Position des Directors National Teams liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Swiss Ice Hockey und dem National Team Committee (NTC) als Ausschuss der Geschäftsleitung der Swiss Ice Hockey Federation.

Im NTC haben nebst drei Vertretern der SIHF auch drei Vertreter von National League Clubs Einsitz und Mitspracherecht. Bei den Klubvertretern handelt es sich um Jan Alston (Lausanne HC), Reto Kläy (EV Zug) und Peter Zahner (ZSC Lions), welche entsprechend in die Rekrutierung des künftigen Directors National Teams involviert sind.

Reto Kläy wurde vom NTC (bereits vor Beginn der NL-Playoffs) delegiert, um gemeinsam mit dem HR von Swiss Ice Hockey und mir die Gespräche mit den Kandidaten zu führen. Die abschliessende Wahl des Directors National Teams erfolgt am Ende durch mich als Präsident und den Verwaltungsrat der SIHF.»

Bleibt noch die Frage, wer denn von den drei Kandidaten die besten Aussichten hat, den Job von Raeto Raffainer zu bekommen. Ein Kenner der Verbandsadministration, der seinen Namen hier nicht gerne lesen würde, sagt es so: «Der Kandidat, der sich am besten als Opportunist präsentieren kann. Die Klubs wollen auf dieser Position keinen starken Mann.»

Am 23. April soll der neue Sportdirektor des Verbandes ernannt werden.

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8 Kommentare
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Couleur
16.04.2019 13:43registriert Januar 2018
Viel Lärm um Nichts.
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Chromischt Maugg
16.04.2019 14:09registriert März 2019
""Wenn die Hockeyfunktionäre nicht mehr alle Tassen im Schrank haben""

wenn ich schreibe Klaus Zaugg hat nicht mehr alle Tassen im Schrank

ist Zensur!!!






Klaus Zaugg
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Grego
16.04.2019 14:57registriert März 2015
...und der Fischer soll jetzt einem der beiden Headschiedsrichter in einem Spiel den Auftrag geben, dass er den EVZ bevorzugen soll, damit der Fischer den Job erhält? Ist jetzt schon eine etwas ferne Vorstellung. Aber Klaus wird wohl pro Artikel bezahlt, da wird's geldtechnisch von Sonntag bis Dienstag wohl etwas knapp.
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