Zum ersten Mal war das Aufstiegsgesuch nicht mehr gratis. Wer das Gesuch einreichte, musste erst einmal 20'000 Franken überweisen. So hat es erstmals keine «Folklore-Gesuche» mehr gegeben. Nur noch Olten, Kloten und Visp – alle drei mit Infrastruktur und Geld für die höchste Liga – haben ein Gesuch eingereicht. Und alle drei sind bewilligt worden.
Gelingt der Aufstieg, dann muss der Aufsteiger auf nächste Saison Aktionär bei der neugegründeten National League AG werden. Die 20'000 Franken werden dann ans Aktienkapital angerechnet. Wer nicht aufsteigt, verliert die 20'000 Franken.
Kloten, Olten oder Visp sollten eigentlich die Swiss League gewinnen. Alles spricht dafür, dass wir nächste Saison 14 Teams in der National League haben werden (und damit sechs Ausländer pro Teams). Eine Rückkehr zu einer 12er-Liga ist nicht mehr geplant. «Eine Mehrheit für eine Reduktion wird es in der Liga nicht geben» sagt Liga-Manager Denis Vaucher. Das bedeutet: Wir werden auf Jahre hinaus in der höchsten Liga 14 Teams haben. Mit einem Auf-/Abstieg (Liga-Qualifikation).
Wenn wir wissen wollen, ob es einen Aufsteiger und damit nächste Saison tatsächlich 14 Teams geben wird, müssen wir uns mit dem SC Langenthal befassen. Die einzige Mannschaft, die dazu in der Lage ist, die Aufstiegssuppe zu versalzen, ist der SC Langenthal. Meister 2012, 2017 und 2019. Und 2020 kippten die Langenthaler im Viertelfinal Olten aus den Playoffs. Dann wurde die Saison abgebrochen.
Ist Langenthal dazu in der Lage, die Swiss League noch einmal zu gewinnen und so einen Aufsteiger zu verhindern?
Die Antwort lautet: Ja und nein. Ja, weil die Langenthaler an einem guten Abend nach wie vor dazu in der Lage sind, jedes Spiel zu gewinnen. Nein, weil inzwischen die Basis schmäler geworden ist. Es wird nur noch ins Büropersonal und nicht mehr in die Mannschaft investiert.
Der SC Langenthal ist im 75. Jahr seines Bestehens im Niemandsland zwischen Romantik und Wirklichkeit, zwischen Amateurhockey und Spitzensport gestrandet.
2002 ist der SC Langenthal nach 17 Jahren im Amateurhockey in die zweithöchste Liga zurückgekehrt. Seither ist es stetig aufwärtsgegangen. Bis in die meisterlichen Höhen von 2012, 2017 und 2019.
Präsident Gian Kämpf sagt rückblickend: «2019 haben wir den Kopf oben angeschlagen. Wir waren Meister und erkannten, dass wir doch nicht in die höchste Liga gehören, und verzichteten auf die Liga-Qualifikation. Weil wir nicht die entsprechende Infrastruktur haben.»
Was nun? Spitzenhockey oder Rückkehr in die Bedeutungslosigkeit des Amateurhockeys? «Unser Anspruch ist ganz klar, in der Swiss League weiterhin ein Team zu sein, dass die Grossen herausfordern kann», sagt Gian Kämpf. «Aber wenn wir das weiterhin sein wollen, brauchen wir eine bessere Infrastruktur.» Ist der SCL gefangen in einer Infrastruktur, die einen Aufstieg verunmöglicht? «Ja, so ist es» sagt der Präsident.
Wie geht es weiter? Gian Kämpf erwartet noch im Dezember nach jahrelangem Hin und Her und geklärter Standortfrage von der Stadtregierung ein Bekenntnis zum 40-Millionen-Stadion-Projekt, das eigentlich bis 2026 verwirklicht werden sollte. Die Zeit des Lavierens sei um. «Entweder entschliesst man sich dazu, dem Volk ein Projekt zur Abstimmung vorzulegen. Wenn nicht, müssen wir uns überlegen, ob Profihockey in Langenthal noch eine Zukunft hat.»
Es gebe also vier Varianten:
Das Budget ist inzwischen im Vergleich zur letzten Meistersaison (2018/19) um fast eine Million auf rund 3,5 Millionen gekürzt worden. Die Langenthaler haben das Glück, dass die Mannschaft trotzdem von einem meisterlichen Kern in der Spitzengruppe gehalten wird: von einem starken Goalie, guten Ausländern, ein paar Talenten und Routiniers. «Aber seit 2019 stehen wir auf dünnem Eis», sagt Gian Kämpf.
Die sportliche Götterdämmerung zieht herauf. Torhüter Pascal Caminada (35) ist ein guter, aber kein grosser Goalie mehr. Inzwischen ist er nach einer zehntägigen Corona-Quarantäne aufs Eis zurückgekehrt. Zwischendurch hat ihn Biels Nummer 2 Elien Paupe ersetzt. Die finnische Tormaschine Eero Elo wird nach einem Armbruch wohl erst im Januar wieder einsatzbereit sein.
Weil das Geld für einen Ersatz fehlt, spielen die Langenthaler zurzeit nur mit einem Ausländer. Kult-Captain Stefan Tschannen (37) spielt wahrscheinlich seine letzte Saison. Supertalent Luca Christen (23) verteidigt nächste Saison in Biel. Vielleicht reicht es im Frühjahr 2022 noch einmal zu einem letzten Hurra. Vielleicht aber auch nicht.
Nach jahrelanger politischer Stabilität rockt es inzwischen neben dem Eis. Geschäftsführer Gian Kämpf ist zum Präsidenten aufgestiegen und hat sich offiziell aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Der vom Handballklub BSV Bern abgeworbene Achim Dähler hat als Geschäftsführer im August 2021 schon nach wenigen Tagen das Handtuch geworfen. Und nun amtet seit dem 1. Dezember der beim SC Bern gescheiterte und entlassene Sportchef Alex Chatelain als Bürogeneral.
Keine neuen Spieler, die über 100'000 Franken kosten. Kein Geld für einen Ersatzausländer. Aber Geld für einen hochkarätigen Sportchef (Kevin Schläpfer) und die Anstellung eines umstrittenen, teuren neuen Geschäftsführers: Mit ziemlicher Sicherheit gibt nur noch Kloten in der Swiss League so viel Geld für Büropersonal aus wie die Langenthaler.
Gian Kämpf verteidigt die Anstellung von Alex Chatelain, die im Umfeld nicht nur Begeisterung ausgelöst hat. «Wie Kevin Schläpfer hat auch Alex Chatelain seine Karriere als Spieler bei uns beendet. Beide kennen unsere DNA.» Kritiker sagen: Gerade weil beide die DNA des Klubs kennen, haben sie die Jobs bekommen. Gute Beziehungen schaden nur jenen, die keine haben.
Nun obliegt es also dem Duo Alex Chatelain und Kevin Schläpfer, den SCL sportlich und wirtschaftlich auf Kurs zu halten. Dem Sportchef ist es gelungen, die November-Krise zu meistern. Trainer Jeff Campbell, mit Vertrag bis 2023, steht wieder auf festerem Boden.
Der Präsident mag rühmen, dass sich Kevin Schläpfer und sein neuer Geschäftsführer – der eine temperamentvoll und charismatisch, der andere ruhig und ohne jedes Charisma – ideal ergänzen werden. Aber wer hier Konfliktpotenzial heraufziehen sieht, muss kein Schelm sein. Wer hat denn nun sportlich das letzte Wort? Kevin Schläpfer oder Alex Chatelain?
Gian Kämpf stellt klar: «Alex ist als Geschäftsführer der Chef und Kevin ist ihm unterstellt.» Das sieht der umtriebige Sportchef nicht ganz so. Wenn er mit gequälter Lockerheit scherzt: «Sie kennen mich doch: Ich hatte noch nie einen Chef», dann scherzt er eben nicht. Dann meint er es so. Eigentlich ist es unvorstellbar, dass sich Kevin Schläpfer von Alex Chatelain in sportlichen Dingen irgendetwas sagen lässt.
«Niemand ist für die Ewigkeit bei uns», sagt der Präsident. «Kevin Schläpfers Vertrag läuft Ende der nächsten Saison aus und wir diskutieren noch nicht über eine Verlängerung.» Es hat wohl schon einen Grund, warum Kevin Schläpfer in letzter Zeit immer wieder erklärt hat, die Herausforderung eines Traineramtes würde ihn reizen.
Es rockt in Hockey-Langenthal. Im SCL-Büro und in der Stadtpolitik. Aber leider nicht mehr ganz so stark auf dem Eis. Das ist das grosse Glück für Olten, Kloten und Visp. Einer dieser drei Klubs sollte eigentlich den Aufstieg schaffen.