Der König hatte den Schweden am 23. Februar 1947 schon überschwänglich per Telegramm zum Titel nach Prag gratuliert. Schweden zum ersten Mal Eishockey-Weltmeister! Und dann verlieren die Schweden das letzte Spiel gegen Österreich mit 1:2. Der WM-Titel geht an die Tschechoslowakei.
Mehr als ein halbes Jahrhundert ist seither vergangen. Und nun haben zwei Schweizer den Österreichern die nächste Hockey-Weltsensation ermöglicht: Geführt von Roger Bader und Arno Del Curto bodigen die Österreicher die vom grossen Kari Jalonen gecoachten Tschechen nach Penaltys 2:1. Bereits gegen die USA haben die Österreicher beim 2:3 n.P. einen Sensationspunkt geholt.
Das wirft eine Frage auf: Fehlt unserem Hockey die Wertschätzung für Arno Del Curto – und auch die für Roger Bader? Es gibt eine Episode, die ein wenig aufzeigt, dass bei uns ein gewisser Respekt und Dankbarkeit für grosse Verdienste fehlt.
Im letzten Herbst sind Arno Del Curto und Roger Bader zur grossen Abschiedsgala von René Fasel beim Kongress des internationalen Eishockey-Verbandes in St.Petersburg eingeladen. Dort vereinbaren die beiden Freunde das WM-Abenteuer. Sie sitzen auch mit dem grossen Trainer Wladimir Jursinow am Tisch, der im Spätherbst seiner Karriere Kloten gecoacht hat. Auf einmal kommt Alexei Kasatanow herein. Er umarmt seinen einstigen Förderer Wladimir Jursinow lange. Ihm verdankt der Weltklasse-Verteidiger seine Karriere zu einem schönen Teil.
Arno Del Curto ist tief berührt von dieser Geste der Dankbarkeit. Und auch ein wenig traurig: Es gibt eine ganze Reihe von Schweizer Spielern, die ihm zu einem schönen Teil die Karriere verdanken: Zum Beispiel Reto und Jan von Arx, Marc und Dino Wieser oder Enzo Corvi.
Aber es hat nach dem Ende von Arno Del Curtos Amtszeit in Davos oben am 27. November 2018 keine Umarmungen oder andere Gesten der Dankbarkeit gegeben. Ja, zwischen dem HCD-Kulttrainer und fast allen seiner einstigen Getreuen herrscht seither Funkstille. Es gibt kaum mehr Kontakte.
Seit die ZSC Lions seinen Vertrag im Frühjahr 2019 nicht mehr verlängert haben, ist Arno Del Curto von der nationalen Hockeybühne verschwunden. Weder ein Klub noch der Verband haben sich intensiv um seine Dienste bemüht. Sein enormes Wissen und seine immense Erfahrung sind dem Schweizer Eishockey verloren gegangen.
Dieser endgültige Abschied vom nationalen Hockey ist natürlich auch der eigenwilligen Persönlichkeit des Engadiners geschuldet. Und er brauchte nach seiner letzten Trainer-Station im Hallenstadion eine längere Atempause. Und doch: Warum hat sich eigentlich niemand ernsthaft um Arno Del Curto bemüht? Ein Telefonanruf genügt bei einer so starken Persönlichkeit nicht. Da braucht es schon eine gewisse Hartnäckigkeit und Geduld. Diese Mühe hat sich niemand genommen.
So ist es Roger Bader gelungen, seinen Freund zum Comeback zu überreden. Auch bei Roger Bader müssen wir fragen: Warum hat er eigentlich im Laufe seiner mehr als 20-jährigen Karriere in der Schweiz nie eine Chance als Cheftrainer im Profihockey bekommen? Er war jahrelang Assistent in der höchsten Liga: beim ZSC, in Kloten, bei Gottéron.
Nun haben Roger Bader und Arno Del Curto Österreich ein Hockey-Wunder beschert. Der ruhige, freundliche, eher väterliche Chef und sein temperamentvoller Assistent – ganz offensichtlich ein Traumpaar an der Bande. Der Einfluss von Arno Del Curto, sein Anteil am wundersamen österreichischen Eishockey-Frühling können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Was könnten Roger Bader und Arno Del Curto in unserem Hockey bewegen? Jetzt, da Arno Del Curto wieder in alter Frische und voller Energie an der Bande und in der Kabine wirkt?
Die Frage ist rein theoretischer Natur. Aber die Vorstellung ist schon reizvoll: Arno Del Curto als Assistent von Thierry Paterlini in Langnau. Arno Del Curto im Coaching-Team von Jeff Tomlinson in Kloten. Oder, ein wenig bescheidener: Arno Del Curto als Assistent beim SC Langenthal. Er wohnt ja im Nachbardorf Lotzwil. Oder warum nicht einmal ein Gastauftritt bei Hockey Huttwil in der MySports League?
Wir wollen nicht grübeln. Aber wir können es so zusammenfassen: Roger Bader hatte in unserem Hockey nie die Anerkennung, die er verdient hätte. Und Arno Del Curto hat nicht mehr die Anerkennung und Wertschätzung, die er auf Lebzeiten verdienen würde.
Tu Felix Austria. Du hast Glück, Österreich. Diese alte Redewendung galt vor Jahrhunderten schon. Gemeint war damit das Glück der Habsburger, durch kluge Heiratspolitik mehr Eroberungen zu machen als andere Mächte durch Kriege.
🇦🇹🇦🇹🇦🇹 𝗪𝗔𝗛𝗡𝗦𝗜𝗡𝗡𝗡𝗡 - 𝗦𝗜𝗘𝗘𝗚 𝗴𝗲𝗴𝗲𝗻 𝗧𝘀𝗰𝗵𝗲𝗰𝗵𝗶𝗲𝗻 🥳🥳🥳
— ÖEHV (@hockeyaustria) May 17, 2022
Damit feiern unsere Cracks den ersten Sieg gegen Tschechien in der Geschichte! 🎉🎉🎉 pic.twitter.com/KWrZVrpZ6U
Nun gilt dieser lateinische Spruch auch fürs habsburgische Eishockey: Durch die Verpflichtung von zwei Schweizern haben die Österreicher mehr erreicht als durch jahrzehntelange Anstrengungen. Tu felix Austria in lubrico glacie. Du glückliches Österreich auf Glatteis.