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Bringt Patrick Fischer Ordnung und Harmonie in Luganos offensiven Zirkus? 

Kann Patrick Fischer auch seine «zweite Hälfte» bei Stange halten?
Kann Patrick Fischer auch seine «zweite Hälfte» bei Stange halten?Bild: Patrick Straub/freshfocus
Auf der Suche nach der Balance

Bringt Patrick Fischer Ordnung und Harmonie in Luganos offensiven Zirkus? 

Nach Damien Brunner (28) hat Lugano auch noch Juraj Simek (27) verpflichtet. Aber über Erfolg oder Misserfolg entscheidet die «zweite Hälfte».
01.02.2015, 12:42
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Gut, dass Lugano kein Budget hat. Gut, dass in Lugano Geld in unbeschränkten Mengen fürs Hockeygeschäft zur Verfügung steht. Das erhöht das Ansehen, den Wert und die Unterhaltung in unserer Liga.

Vicky Mantegazza bei der Präsentation von Damien Brunner.
Vicky Mantegazza bei der Präsentation von Damien Brunner.Bild: Michela Locatelli/freshfocus

Die Milliardärin Vicky Mantegazza hat ihr Team nun im Laufe der Saison mit gut und gerne einer Million aus der Kriegsgasse nachgerüstet. Nach Damien Brunner nun also Juraj Simek. Sportchef Roland Habisreutinger ist schlau vorgegangen. Eigentlich wollte er Simek diese Saison direkt von Servette verpflichten, aber dann hätte er Chris McSorley eine Entschädigung für den Transfer aus einem laufenden Vertrag heraus bezahlen müssen. Also wechselte der slowakisch-schweizerische Doppelbürger nach Finnland, löste seinen Vertrag mit Genf auf – und wechselt nun ablösefrei nach Lugano.

Damien Brunner hat gerade mal 14 Partien gebraucht um gleichauf mit Alessandro Bertaggia, Luganos bester Schweizer Torschütze, zu werden. Das mag Luganos Schwächen zeigen, die nun Juraj Simek beheben soll: Zu wenig «secondary scoring». Also offensive Feuerkraft hinter dem ersten Block. Lugano hat keinen einzigen Schweizer Stürmer, der 10 oder mehr Tore erzielt hat. Bei den ZSC Lions sind es fünf.

Die Ausländer machen den Unterschied

Wenn Lugano erstmals seit seinem letzten Titel von 2006 eine Playoffserie gewinnen will, dann darf die Offensivproduktion nicht mehr so einseitig von den ausländischen Stürmern abhängen.

Bei Lugano haben die ausländischen Stürmer bisher 68 von 136 Treffern erzielt. Die anderen Titelanwärter sind viel weniger von ihrem ausländischen Offensivpersonal abhängig. Beim SCB haben die Stürmer ohne Schweizer Pass 36 von 146 Treffern gebucht, bei den ZSC Lions sind es 16 von 133 und bei Zug 46 von 147.

Die offensive Wirkung der Neuerwerbung Juraj Simek wird allerdings überschätzt. Er hat in der Saison 2013/14 bei Servette gerade mal 13mal getroffen – Qualifikation und Playoffs zusammengerechnet. In dieser Saison ist es zum Eklat gekommen: Weil Selbsteinschätzung und Leistung nicht mehr zusammenpassten (33 Spiele/6 Tore), hat Chris McSorley den Nationalstürmer zu TPS Turku in Finnland abgeschoben – und dort ist er weit unter den Erwartungen geblieben (15 Spiele/2 Tore).

Die «Werkzeuge» liegen für Patrick Fischer bereit.
Die «Werkzeuge» liegen für Patrick Fischer bereit.Bild: KEYSTONE

Luganos charismatischer Jungtrainer Patrick Fischer muss inzwischen den buntscheckigsten Offensiv-Zirkus der Liga führen: Mit alles dominierenden skandinavischen Stürmern und zwei Schweizer Stars mit hohen Ansprüchen an Eiszeit und Wertschätzung. Die Mischung stimmt an und für sich schon: Patrick Fischer stehen auch genug «Handwerker» zur Verfügung, und er hat auch zwei Torhüter, die bisher mehr als 90 Prozent der Schüsse abgewehrt haben. Lugano hat alle Einzelteile («Werkzeuge») für einen Titel – aber es ist offen, ob es Patrick Fischer gelingen wird, diese Teile zu einem Meisterpuzzle zusammenzusetzen. «All the tools but no toolbox», sagen die Nordamerikaner («Alle Werkzeuge, aber kein Werkzeugkasten»).

Verblendung durch die grossen Namen

Die Frage ist in diesem Zusammenhang, ob Patrick Fischer der Versuchung der grossen Namen erliegen und seine prominenten Stürmer zu stark forcieren wird. Tut er das, dann fliegt er bereits in der ersten Runde aus den Playoffs.

Lugano hat seit dem letzten Meistertitel von 2006 über 100 Millionen Franken ins Hockeybusiness investiert und sich dabei immer und immer wieder von grossen Namen und vom Preisschild blenden lassen. Wie das halt ist, wenn Geld keine Rolle spielt. Dabei sind dem Management einige Fehler unterlaufen. Zuletzt ist Dan Fritsche, einer der besten Bully- und Boxplay-Spieler der Liga, ohne Not im Tausch mit Marco Maurer an die ZSC Lions abgegeben worden. Dan Fritsche war im letzten Frühjahr ein wichtiges Teilchen im ZSC-Meisterpuzzle.

Lugano ist das einzige Hockey-Unternehmen der Neuzeit, das wegen zu viel und nicht wegen zu wenig Geld so oft im Titelkampf gescheitert ist. Noch immer lässt sich Lugano vom Preisschild verführen. Was teuer ist, muss gut sein. Das wissen alle Spieleragenten. Wer mit Lugano verhandelt, setzt den Preis schlau viel höher an als in Bern oder Zürich oder Zug. Weil dort die Sportchefs nicht unbegrenzt Geld ausgeben können und deshalb sorgfältiger abklären, welchen Wert ein Spieler für das eigene Teams tatsächlich hat.

Einer unter vielen: Auch Larry Huras hatte mit Lugano nicht den gewünschten Erfolg.
Einer unter vielen: Auch Larry Huras hatte mit Lugano nicht den gewünschten Erfolg.Bild: Bongarts

So ist es letztlich kein Wunder, dass es seit 2006 keinem Trainer gelungen ist, in Lugano eine meisterliche Einheit zu bilden. Die Aufgabe von Patrick Fischer ist nach den Transfers von Damien Brunner und Juraj Simek nicht einfacher geworden als die seiner glücklosen, seit 2006 gescheiterten Vorgänger. Und das waren nicht nur Nasenbohrer: Ivano Zanatta, Kent Ruhnke, John Slettvoll, Hannu Virta, Kenta Johansson, Philippe Bozon, Barry Smith und Larry Huras.

Auf der Suche nach der Balance

Das Problem für Fischer ist nicht nur die Balance zwischen Offensive und Defensive. Es geht auch darum, den Frieden in der Kabine zu bewahren. Die Eiszeit von Damien Brunner und Juraj Simek geht auf Kosten der «zweiten Hälfte» («Bottom Six») der Mannschaft. Wer Meister werden will, braucht eine zufriedene «zweite Hälfte». Seit 2006 hat Lugano diese Balance nie mehr gefunden und ist auch deshalb inzwischen achtmal in Serie gescheitert.

Auf ihn wird Fischer bauen: Ex-Genfer Juraj Simek.
Auf ihn wird Fischer bauen: Ex-Genfer Juraj Simek.Bild: Daniela Frutiger/freshfocus

Patrick Fischer muss also in der Zeit bis zu den Playoffs für Harmonie in der Kabine, für eine gute Aufteilung der Eiszeit und für mehr taktische Ordnung und Disziplin sorgen. Seine ausländischen Stars lassen sich relativ leicht provozieren. Gegen die Titanen der Liga hat er in der Qualifikation bisher nur gegen die ZSC Lions eine positive Bilanz. Gegen Bern hat Lugano drei von vier, gegen Davos zwei von drei und gegen Zug vier von sechs Partien verloren.

Patrick Fischer steht nun die Mannschaft zur Verfügung, die er wollte. Er durfte alle Spieler «aussortieren», die er nicht mehr im Team haben wollte. Seine Präsidentin hat ihm alle Wünsche erfüllt, wie einem Buben im (Transfer)-Spielzeugladen.

Dieser HC Lugano ist Patrick Fischers HC Lugano. Der Erfolg wird sein Triumph sein. Aber das Scheitern auch sein Scheitern. Es gibt nach dem Transfer von Juraj Simek keine Ausreden mehr.

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