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EM 2016

Deutschland - Italien im vorweggenommenen EM-Final

Findet Deutschland einen Weg an der blauen Mauer vorbei?
Findet Deutschland einen Weg an der blauen Mauer vorbei?
Bild: ABEDIN TAHERKENAREH/EPA/KEYSTONE

Vorweggenommener Final: Kann «das beste Team» den «unüberwindbaren Schutzwall» durchbrechen?

Die Experten sind sich einig: Deutschland und Italien haben an der EM in Frankreich bisher die besten Leistungen gezeigt. Nun muss einer der beiden vierfachen Weltmeister schon nach dem Viertelfinal-Duell vom Samstag in Bordeaux die Heimreise antreten.
02.07.2016, 08:5002.07.2016, 12:37
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Deutschland: vier Spiele ohne Gegentor und im Achtelfinal ein ungefährdetes 3:0 gegen die Slowakei.

Italien: Gruppensieger schon nach zwei Spielen und ein überragendes 2:0 im Achtelfinal gegen Titelverteidiger Spanien.

Deutschland und Italien sind vor den Viertelfinals die meist genannten Favoriten auf den EM-Titel – und treffen schon in den Viertelfinals aufeinander. «Das ist der vorweggenommene Final», sagte der Deutsche Miroslav Klose. Der 38-jährige Stürmer wurde vor zwei Jahren mit Deutschland Weltmeister und lebt seit fünf Jahren in Italien.

Es läuft bei Deutschland. Aber auch bei Italien.
Es läuft bei Deutschland. Aber auch bei Italien.
Bild: Darko Vojinovic/AP/KEYSTONE

Schaut man auf den bisherigen Turnierverlauf, finden sich im Spiel in Bordeaux tatsächlich viele Superlative dieser EM. Kein Team spielt besseren Offensivfussball und riskiert in der Abwehr doch so wenig wie Deutschland. Kein Team verteidigt besser und setzt daneben gleichwohl so viele spielerische Akzente in der Offensive wie Italien.

Italiens Conte: «Deutschland ist uns in allen Belangen überlegen»

Die beiden Torhüter Gigi Buffon und Manuel Neuer gelten als die Besten der Branche. Die Abwehrchefs Jérôme Boateng und Leonardo Bonucci sind die Meister ihres Fachs. Die Mittelstürmer Mario Gomez und Graziano Pellè galten vor der EM als altmodisch in ihrem Stil. Nach je zwei Toren sind sie nun in aller Munde. Die Trainer Joachim Löw und Antonio Conte sind zwar gegensätzlich in ihrer Aussendarstellung, stehen aber vom taktischen Verständnis gemeinsam eine Stufe über den anderen.

«Italien hat einen fast unüberwindbaren Schutzwall.»
Jogi Löw

Der gegenseitige Respekt ist in diesen Tagen entsprechend riesig. Es ist gegenseitig nur Lob und Bewunderung zu hören. «Deutschland ist das beste Team im Turnier. Sie sind uns in allen Belangen überlegen», sagte Conte. Löw revanchierte sich derweil mit den Worten: «Italien hat einen fast unüberwindbaren Schutzwall. Wenn du gegen die Italiener einen kleinen Fehler machst, fliegst du aus dem Turnier.»

Macht wie immer auf Understatement: Antonio Conte.
Macht wie immer auf Understatement: Antonio Conte.Bild: Martin Meissner/AP/KEYSTONE

Und als Italiens Mittelfeldspieler Alessandro Florenzi das Spiel gegen Deutschland mit der Besteigung des Mount Everest verglich, entgegnete Deutschlands Teamchef Oliver Bierhoff: «Wenn wir der Mount Everest sind, ist Italien mindestens der K2». Deutschland und Italien wie Mount Everest und K2, die beiden höchsten Berge der Welt.

Der Tanz auf der Grenze zwischen Selbstsicherheit und Arroganz

Vor dem Viertelfinal sind beide Seiten bemüht, die Grenze zwischen Selbstsicherheit und Arroganz nicht zu überschreiten, Respekt zu zeigen, aber keine Angst, an die eigenen Stärken zu glauben, dabei aber die Vorzüge des Gegners nicht zu vergessen. Diese Rolle ist beidseits mit Bedacht gewählt.

Wer gewinnt den Viertelfinal Deutschland – Italien?

Conte verfolgt seit Turnierbeginn mit Erfolg die rhetorische Strategie der Verherrlichung der Gegenseite. Löw will auf keinen Fall den Eindruck erwecken, nichts aus dem verlorenen EM-Halbfinal von 2012 gelernt zu haben. Damals war ihm vorgeworfen worden, in einem Anflug von Übermut ausgerechnet gegen die Taktikmeister aus Italien strategische Fehler begangen zu haben.

Ein Trauma? «Wieso sollte das so sein?»

Apropos 2012: Damals in Warschau erlitt Deutschland die vierte Niederlage gegen Italien in einem K.o.-Spiel einer Endrunde. Anzahl Siege? Null! Von einem Italien-Trauma wollen sie im Lager der Weltmeister gleichwohl nichts wissen. «Warum sollte das so sein?», fragt sich etwa Mittelfeldspieler Toni Kroos. Er hat in seiner Karriere mit Deutschland, Bayern München und Real Madrid gegen italienische Teams häufiger gewonnen als verloren.

Von einem Italien-Trauma will Toni Kroos nichts wissen.
Von einem Italien-Trauma will Toni Kroos nichts wissen.
Bild: Martin Meissner/AP/KEYSTONE

Bei den Italienern wiederum war von der am Samstag zu erwartenden Startformation nur der Defensiv-Verbund von Juventus Turin mit Gigi Buffon, Leonardo Bonucci, Andrea Barzagli und Giorgio Chiellini vor vier Jahren beim Sieg in Warschau schon dabei. Ein fünfter wäre Daniele de Rossi, doch der Mittelfeld-Haudegen der AS Roma leidet an einer Hüftverletzung. Mit seinem Einsatz ist nicht zu rechnen, obwohl er am Freitag einen Teil des Mannschaftstrainings absolvieren konnte.

Juve-Ersatzmann muss in die Hosen

Für ihn wird Marco Sturaro auflaufen, ein Reservist von Juventus Turin. Sturaro war der Mann, der im Frühling im Achtelfinal der Champions League gegen Bayern München im Hinspiel in Turin fünf Minuten nach seiner Einwechslung zum 2:2-Schlussresultat getroffen hat. Er war aber auch der Mann, nach dessen Einwechslung im Rückspiel in München das Spiel aus Turiner Sicht von 2:0 auf 2:4 nach Verlängerung kippte.

Marco Sturaro (l.) wird in die Mannschaft rücken.
Marco Sturaro (l.) wird in die Mannschaft rücken.
Bild: Antonio Calanni/AP/KEYSTONE

Was das mit Deutschland gegen Italien zu tun hat? Vielleicht nichts. Vielleicht auch sehr viel. Alles kann passieren. «Die Chancen stehen 50:50», sagte Löw 24 Stunden vor dem vorweggenommenen EM-Final. (sda)

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