Im Herbst produzierte der FCB mit zwei Coups gegen den Champions-League-Halbfinalisten Chelsea innerhalb weniger Wochen globale Schlagzeilen. Wieder einmal. Im Frühling 2013 hatte der Schweizer Champion schon das ebenso hoch eingeschätzte Tottenham Hotspur ausgeschaltet, 16 Monate zuvor hatte er auch den Koloss Manchester United gestürzt. Und nun strebt der Verein den zweiten europäischen Halbfinalvorstoss in Serie an - beeindruckende und wunderbare Perspektiven. In einem ähnlich exklusiven Kreis waren zuvor nur drei andere Schweizer Klubs vertreten: die Grasshoppers (1978), der FC Zürich (1964 und 1977) und die Young Boys (1959).
Für das Basler Erfolgsmodell interessiert sich inzwischen auch die internationale Prominenz. Die Kombination von sportlichem Erfolg und wirtschaftlicher Stabilität gilt als aussergewöhnlich. Der Transfer von Mohamed Salah zu Chelsea verdeutlicht die kaum zu beziffernde Wertsteigerung des Super-League-Primus und ist ein deutliches Indiz für die inzwischen respektable internationale Einstufung der Bebbi.
«Unsere Position lügt nicht in den Augen unserer Konkurrenz», erklärte Klub-Chef Bernhard Heusler nach dem mutmasslichen 20-Millionen-Deal in London in einem Interview mit der Sportinformation. Im Land des Welt- und Europameisters Spanien plant der im Vergleich zum hoch verschuldeten Gastgeber kerngesunde FC Basel eine nächste Konsolidierung auf Europacup-Niveau.
Zumindest statistisch hat der FCB wenig zu befürchten. Seit dem Beginn der Siebzigerjahre ist nur sieben Prozent der Europacup-Teilnehmer im Rückspiel ein 3:0-Vorteil entglitten. Für die Bebbi spricht ohnehin mehr als die Beispiele der Vergangenheit. Seit ihrem knappen Out in der Champions League (0:2 auf Schalke) haben sie kein Wettbewerbsspiel mehr verloren. Die ausgezeichnete Bilanz mit nur drei Fehltritten in 48 Partien - zwei davon gegen Schalke - ist ein Beleg für ihre Klasse.
In den Achtelfinals erzwang der FCB selbst in Unterzahl gegen die Salzburger Rekordproduzenten die Wende. Und vor einer Woche verkraftete er den kompletten Ausschluss der Zuschauer ohne das geringste Problem. Zu erschüttern ist Yakins Auswahl praktisch nicht. Selbst vom Ausfall der halben Stammbesetzung lässt sich beim Schweizer Titelhalter kaum einer irritieren. Klagen sind generell keine zu vernehmen.
Frei: Kräfte schonen gibt es nicht, wenn man Fussballer ist, gibt man immer hundert Prozent, zudem spielen wir ja morgen einen Viertelfinal.
— FC Basel 1893 (@FC_Basel) 9. April 2014
Mit der erstklassigen Ausgangslage gehen die Beteiligten sorgsam und höchst professionell um. Ansätze von Überheblichkeit sind nicht zu spüren, auf grosse Ansagen verzichteten die Gäste. «Die Voraussetzungen, den Halbfinal zu erreichen, könnten natürlich kaum besser sein. Aber aufpassen müssen wir trotzdem. Ich bin jedenfalls darauf eingestellt, dass von Valencia noch etwas kommt», stellte Fabian Frei klar.
Der einflussreiche Mittelfeldspieler, der auf allen Bühnen während 3825 Minuten zum Einsatz kam und keinen einzigen wichtigen Moment der Saison verpasste, geht nicht von einer einfachen Aufgabe aus. «Mit einem 3:0 sind wir zwar nicht oft zu einem Rückspiel angetreten, aber ich weiss noch, wie wir mit einer 2:0-Reserve zum Beispiel in St. Petersburg unter Druck geraten sind.» Sie seien durchaus gewarnt - der «Worst Case» wäre für ihn «ein Gegentor in den ersten zehn Minuten».
Auszuschliessen sind Umstürze selbstredend nie. In der Champions League verspielte Paris St-Germain gegen Chelsea am Dienstagabend einen 3:1-Vorsprung, Real vermied in Dortmund nach der Hinspielgala beim 0:2 den Totalschaden nur knapp. Und Basels Regisseur Matias Delgado wird sich bestimmt daran erinnern, wie Middlesbrough 2006 im UEFA-Cup-Viertelfinal das temporäre Gesamtskore von 3:0 für den FCB in den Schlussminuten regelrecht wegwischte. Und einst tauchte der FCB in Valencia 2:6 ab, der FC St. Gallen verschwand im vergangenen Oktober in der Gruppenphase am gleichen Ort mit einem 1:5 von der Bildfläche.
Von solchen Szenarien träumen sie im Osten Spaniens. Die Demütigung im leeren St.-Jakob-Park sitzt beim ehemals besten Team der Primera Division tief. Im legendären «Mestalla» hat der Valencia Club de Fútbol, auf dem Höhepunkt der Vereinsgeschichte zweimal in Folge Finalist der Champions League (2000 und 2001), die spektakuläre Antwort im Sinn. Desaströs sei die Leistung in Basel gewesen, ein frühes Tor werde die Schweizer im Rückspiel verunsichern, hoffen die Einheimischen.
«Wir haben noch nicht aufgegeben», bekräftigte Pablo Piatti in einem Bericht der «Marca» und legte gleich nach: «Unser Ziel ist es, dem Mestalla eine magische Nacht zu schenken.» Coach Juan Antonio Pizzi redete den Anhängern auf dem vereinseigenen Onlineportal ebenfalls gut zu: «Warum sollten wir gegen Basel nicht 3:0 oder gar 4:0 gewinnen? Gebt mir einen Grund, weshalb das unmöglich sein soll.»
Markige Worte allenthalben, nur die jüngsten Ergebnisse passen nicht zur orchestrierten Zuversicht. In der Liga steht die Equipe praktisch still. Gegen drei Abstiegskandidaten resultierten nur Enttäuschungen, seit 264 Minuten bemüht sich Valencias Offensive vergeblich um einen Treffer.
Der Absturz in Basel verschärfte die Lage. Den «Blanquinegros» droht im Sommer erstmals seit 2005 eine Saison ohne internationale Auftritte - düstere Aussichten für einen Klub mit fast 400 Millionen Schulden. (si/fox)