Eddie Hall ist der stärkste Mann der Welt. Der 29-jährige Brite hat sich beim «2017 World's Strongest Man» hauchdünn vor dem Isländer Hafthor Julius Björnsson durchgesetzt. Der aus der TV-Serie «Game of Thrones» als «Mountain» bekannte Kraftprotz verpasste den Sieg auch bei seinem siebten Anlauf und fühlte sich danach betrogen.
Nur ein Pünktchen fehlte dem 2,06-Meter-Hünen (205 kg) zum ersten Titel, weil die Jury seine letzte Wiederholung an der Viking Press als irregulär taxierte. Er soll bei seinem 15. Versuch nachgedrückt haben.
So löste Hall den viermaligen Champion Brian Shaw als neuen stärksten Mann der Welt ab. Den Sieg hatte «The Beast» seinen Spezialdisziplinen Deadlift (Kreuzheben), Squat Lift (Kniebeuge) und Viking Press zu verdanken, wo er jeweils die volle Punktzahl holte. Beim Flugzeugziehen, Lastwagenreifen-Umdrehen und Steineheben (bei diesen Disziplinen geht es um die Geschwindigkeit) war Björnsson klar stärker.
Hall ist dennoch ein würdiger Sieger. Zwar ist das Kraftpaket mit seinen 1,91 m und 185 kg deutlich kleiner als Björnsson, doch keiner ist so explosiv wie «The Beast». Akribisch hat er sich auf den Wettkampf in der botswanischen Hauptstadt Gabarone vorbereitet.
Der zweifache Familienvater mit T-Shirt-Grösse 5XL stemmte täglich Gewichte, ass rohe Steaks und fütterte seinen Körper mit 12'000 Kalorien täglich. Auf Facebook zeigt er, wie seine Mahlzeiten aussehen: 500g Gehacktes mit 300 Gramm Pasta und viel Olivenöl oder ein 350g-Steak mit 400 Pommes Frites verputzt das Biest ohne Probleme.
Das grosse Fressen hat natürlich auch Nachteile. So passte Halls Körper zuletzt in kein Auto mehr und unter seinem Gewicht zerbrach schon mal ein Stuhl, wie er der «Sun» vor dem Wettkampf in Botswana erzählte. Deshalb sass er nur noch auf zwei gleichzeitig.
Durch Türen konnte er nur noch seitwärts laufen. Und weil er so viel Muskelmasse zugelegt hatte, kam es wegen des Drucks auf seiner Lunge vor, dass er mitten im Schlaf aufhörte zu atmen. Deshalb schlief er nur noch mit Sauerstoff-Maske.
Doch für seinen Traum vom Weltmeistertitel nahm Hall all das in Kauf. «Ich muss zwar auch an meine Kinder denken. Ich will schliesslich nicht, dass sie ohne ihren Dad aufwachsen müssen. Aber ich will unbedingt der stärkste Mann der Welt werden.»
Auch als er bei der Ausübung seiner grossen Leidenschaft beinahe gestorben wäre, dachte er nicht ans Aufhören. Im letzten Juli liess sich der Strongman beim Deadlift (Kreuzheben) – dabei muss sich der Athlet mit der Langhantel bei gestrecktem Rücken und Beinen komplett aufrichten – 500 kg an die Langhantel schrauben. Ein halbe Tonne! Die magische Marke hatte vor ihm noch kein Mensch geknackt.
Mit tiefen Atemzügen bereitete sich Hall vor und vollbrachte den unglaublichen Kraftakt. Doch unmittelbar danach sank der Kraftprotz in die Knie und konnte plötzlich nicht mal mehr sein eigenes Gewicht halten. Er hatte Nasenbluten, da Blutgefässe in seinem Kopf durch den immensen Druck geplatzt waren. Erst nach ein paar bangen Sekunden kam er wieder auf die Beine.
«Der Druck auf meinen Körper war surreal, ich wurde ohnmächtig. Das ist wirklich nicht gesund, so etwas zu tun. Doch ich habe es nun mal gemacht und bin mir sicher, dass ich für relativ lange Zeit in den Rekordbüchern stehen werde», gab er danach zu Protokoll. Im Nachhinein sei diese Leistung ein grossartiges Gefühl: «Wie als erster Mann auf dem Mond zu stehen.»
Doch offenbar hat dieser Vorfall doch Spuren hinterlassen. Unmittelbar nach seinem Triumph beim «2017 World's Strongest Man» kündigte «The Beast» seinen Rücktritt an.
I can't say how I've done at wsm but I can say I'm now retired from wsm! I'll still be on the… https://t.co/quDfyV4ZPB
— Eddie Hall (@eddiehallWSM) 28. Mai 2017
Er werde seinen Titel im kommenden Jahr nicht verteidigen, der britischen Strongman-Szene aber noch viele weitere Jahre erhalten bleiben. Mehr als 30 Kilogramm Muskelmasse will er in den kommenden Monaten verlieren, damit seine Organe vom immensen Druck befreit werden. «159 Kilogramm. Das wäre ein schönes, sicheres Gewicht für mich.»