Die erste Sekunde des Formel-1-Grand-Prix von Österreich gab gestern gleich am meisten zu reden. Drückte Pole-Mann Valtteri Bottas in seinem Mercedes zu früh aufs Gas? Für Sebastian Vettel war der Fall klar. «Das war 100-prozentig ein Frühstart», war sich der Ferrari-Pilot schon während des Rennens sicher.
Tatsächlich bewegten sich Bottas' Räder bereits leicht, bevor die roten Startlampen ausgingen. Das zeigten bereits die TV-Bilder. Der Blitzstart des Finnen wurde von den Rennkommissaren auch prompt untersucht, diese konnten jedoch keinen Regelverstoss feststellen. Ein elektronisches Kontrollsystem misst per Sensor millimetergenau, ob sich ein Auto während der Rotlicht-Phase vor dem Start bewegt.
Dabei gibt es allerdings einen kleinen Toleranzbereich, den Bottas voll ausgereizt hat. Gemäss «Auto Motor und Sport», die sich auf die FIA-Messung berufen, bewegte sich Bottas exakt 0,06 Sekunden vor dem Erlöschen der Ampel. Und das ist offenbar innerhalb der FIA-Toleranz. «Bottas hat einen unheimlich präzisen Start hingelegt und zufällig den idealen Moment erwischt, weil er das Erlöschen der Ampeln antizipiert hat», sagte ein FIA-Sprecher dazu.
Dass Bottas Timing beim Spiel mit der Kupplung ideal war, zeigen auch die Reaktionszeiten. Diejenige von Bottas betrug 0,201 Sekunden, bei Vettel dauerte es 0,369 Sekunden, bis er losfuhr. Diese wurden im Live-Bild auf den TV-Schirmen eingeblendet. Wer sie gemessen hat, ist nicht klar. Die FIA war es nicht. Sie vertraut dem elektronisches Kontrollsystem und ist nicht an Reaktionszeiten interessiert.
Für Vettel dennoch ein weiteres Indiz für einen Fehlstart. «Normalerweise bewegt sich die Reaktionszeit bei allen im Bereich von 0,2», sagte Vettel nach dem Rennen auf der Pressekonferenz. «Ich glaube nicht, dass alle heute langsamer waren. Eine Reaktionszeit von 0,2 Sekunden wäre normal, aber aus meiner Sicht war seine Reaktion heute übermenschlich. Der Mensch hat eine Grenze, wie schnell er reagieren kann. Da hat er einfach Glück gehabt. Ich will von Valtteri nichts wegnehmen, er ist ein super Rennen gefahren, aber am Start hat er aus meiner Sicht einen Fehler gemacht.»
Vettel war nicht der Einzige mit dieser Meinung. Tatsächlich funkte laut Red-Bull-Teamchef Christian Horner auch Daniel Ricciardo, dass Bottas seiner Ansicht nach zu früh losgefahren sei. Doch die Sensoren haben eben keine Regelwidrigkeit festgestellt, weshalb sowohl Ferrari als auch Red Bull auf einen Protest bei der Rennleitung verzichteten. (pre)