Vor dem Gruppenspiel zwischen Spanien und Chile begrüsst FIFA-Funktionär Anthony Baffoe in den Katakomben des Maracaña Spaniens Captain Iker Casillas per Handschlag. Schiri-Assistent Joe Fletcher will Baffoe ebenfalls die Hand reichen, doch der geht eiskalt am Kanadier vorbei und begrüsst stattdessen lieber Chiles Torhüter Claudio Bravo. Fletcher reagiert souverän, er streicht sich mit der Hand durch das Haar und verdient sich so den Respekt von Casillas.
Im WM-Viertelfinal gegen Brasilien erzielt James Rodriguez den 1:2-Ehrentreffer für Kolumbien. Erster Gratulant ist eine riesige Heuschrecke, die sich kurzerhand auf den rechten Bizeps des späteren WM-Torschützenkönigs setzt. James küsst nach dem Treffer sein Tattoo auf dem Unterarm und hat Glück: Hätte er das WM-Logo auf dem Oberarm geherzt, wäre es zum Kuss mit der Riesen-Heuschrecke gekommen.
Tim Howard zeigt im Achtelfinal gegen Belgien eine der besten WM-Torhüter-Leistungen aller Zeiten und stellt mit 16 Paraden einen neuen Weltrekord auf. Für den Viertelfinal-Einzug reicht's dennoch nicht: Die USA verlieren gegen die «Roten Teufel» mit 1:2 n.V., trotzdem wird Howard danach im Netz gross abgefeiert. Mit zahlreichen lustigen Tweets und einem neuen Beruf. Der Goalie wird auf Wikipedia nämlich kurzerhand zum Verteidigungsminister («Secretary of Defense») der USA ernannt.
Erste Fussball-WM in Afrika, Gastgeber Südafrika trifft im Eröffnungsspiel in Johannesburg vor 84'490 euphorisierten Zuschauern auf Mexiko. Nach der Pause erfolgt die Explosion: Siphiwe Tshabalala trifft in der 55. Minute zum 1:0 für die «Bafana Bafana», der Vuvuzela-Lärm ist ohrenbetäubend. Doch die Fussball-Euphorie hält leider nicht lange: Raphael Marquez gleicht in der 79. Minute aus und Südafrika scheidet trotz eines Siegs gegen Frankreich in der Gruppenphase aus.
Was kommt dir in den Sinn, wenn du «Luis Suarez» und «Fussball-WM» hörst? Klar, der Biss in Giorgio Chiellinis Schulter. Doch bereits vier Jahre zuvor sorgt der Uruguay-Stürmer für einen handfesten Skandal. Im WM-Viertelfinal kratzt Suarez in der Nachspielzeit der Verlängerung einen Ball mit der Hand von der Torlinie.
Statt dem sicheren Siegtreffer für Ghana gibt's Rot für Suarez und Penalty für die Afrikaner, die als erstes Team vom Schwarzen Kontinent einen WM-Halbfinal erreichen könnten. Doch Asamoah Gyan hämmert den Penalty an die Latte und Suarez tänzelt vor Schadenfreude an der Seitenlinie. Geschockt verliert Ghana dann in der Folge auch das Elfmeterschiessen.
Acht Jahre nachdem er Frankreich zum bislang einzigen WM-Titel geschossen hat, ist Zinédine Zidane bei der WM in Deutschland wieder DIE grosse Figur. Mit einem brillanten Assist im Viertelfinal gegen Brasilien und im Halbfinal mit einem Elfmeter-Tor gegen Portugal führt «Zizou» die Grande Nation praktisch im Alleingang in den Final.
Und auch dort scheint er zur grossen Figur zu werden: In der 7. Minute bringt er Frankreich mit einem Panenka-Penalty, der via Latte hinter der Torlinie aufschlägt, mit 1:0 in Führung. Angeführt von einem grandiosen Zizou, der das allerletzte Spiel seiner glorreichen Karriere bestreitet, ist Frankreich nach Italiens Ausgleich bis weit in die Verlängerung teils hoch überlegen. Doch dann beleidigt Materazzi Zidanes Schwester und der Rest ist Geschichte.
Bei Manchester United sind Cristiano Ronaldo und Wayne Rooney damals Teamkollegen, an der WM plötzlich Kontrahenten: Im Viertelfinal kommt es zum grossen Duell der beiden 21-jährigen Supertalente. Nach einer Stunde steht es noch 0:0, als Rooney an der Mittellinie von zwei Portugiesen in die Mangel und schliesslich unsanft zu Fall gebracht wird. Der Engländer rächt sich sofort und tritt Ricardo Carvalho mit voller Absicht in die Kronjuwelen.
Sofort eilt Ronaldo herbei und fordert beim Schiedsrichter vehement die Rote Karte. Ausgerechnet der Teamkollege aus dem Klub! Rooney schubst den Portugiesen weg, fliegt wenig später aber tatsächlich vom Platz und Ronaldo zwinkert lässig zur Bank. England kämpft sich zu zehnt bis ins Elfmeterschiessen, wo man mal wieder unterliegt. Rooney nimmt Ronaldo den Schiri-Protest nie übel: «Ich hätte genau das gleiche getan», sagt er später.
Social Media und Handykameras gibt's damals noch nicht, dennoch wird Damarcus Beasley im Achtelfinal gegen Mexiko bei einer ganz privaten Angelegenheit erwischt. Während des Aufwärmens verspürt der Ersatzspieler plötzlich ein ziemlich dringendes Bedürfnis. Doch statt kurz in den Katakomben zu verschwinden, beschliesst Beasley, sich kniend neben der Trainerbank dem Druck auf der Leitung zu entledigen. Ein Fehler! Denn TV-Kameras gibt's im Stadion damals schon zuhauf …
Fünf Jahre nach dem Confed-Cup-Freistosstor von Roberto Carlos staunen die Fussball-Fans wieder über ein gebrochenes Gesetz der Physik. Im Gruppenspiel gegen Italien schraubt sich der mexikanische Stürmer Jared Borgetti hoch und köpft den Ball im Rückwärtsfallen gegen die Laufrichtung über den verdutzten Gigi Buffon hinweg ins lange Eck. Sicher eines der schönsten WM-Kopfballtore aller Zeiten.
Uff, das war knapp! Beinahe wird José Luis Chilavert der erste Goalie, der an einer WM ein Tor erzielt. Im Gruppenspiel gegen Bulgarien darf der Paraguay-Keeper von seiner Lieblingsposition aus einen Freistoss schiessen.
Der Spezialist, der in seiner Karriere mehr als 60 Mal trifft, nimmt Anlauf und zirkelt den Ball in Richtung Lattenkreuz. Doch der bulgarische Berufskollege Zdrawko Zdrawkow lenkt den Ball mit den Fingerspitzen über die Latte. Bitter! Denn auch 2002 will dem 1,93-Meter-Brocken, der in 75 Länderspielen acht Treffer (drei Freistosstore) für Paraguay erzielt, kein WM-Tor gelingen.
Was für ein Name! Cuauhtémoc Blanco gehört 1998 zu den schillerndsten WM-Figuren. Vor allem natürlich wegen seines «Aztekentricks». Im Gruppenspiel gegen Südkorea bekommt der Mexikaner am linken Flügel den Ball, dicht umstellt von zwei Koreanern. Doch Blanco klemmt sich die Kugel zwischen die Füsse und springt zwischen den beiden Verteidigern hindurch.
Die begeisterte Reaktion des Publikums gefällt Blanco offenbar so gut, dass er den gleichen Trick in der Folge bei jeder Gelegenheit wieder versucht. Schon 10 Sekunden nach der Premiere klappt's ein zweites Mal. Weil seine Gegenspieler sich auf den Trick einstellen, verschwindet der «Cuauhtémiña» nach der WM aber bald wieder von der grossen Fussball-Bühne.
Kaum ein WM-Spiel ist im Vorfeld je so heiss diskutiert worden wie das Gruppenspiel zwischen den USA und dem Iran. Die beiden Atommächte sind sich spinnefeind und das Duell auf dem Rasen wird stellvertretend für den Konflikt zum grossen Kräftemessen hochstilisiert. Fans, Intellektuelle, Medien, Politiker – alle debattieren darüber, wer das sportliche Gefecht wohl gewinnen wird.
Doch die Fussballer machen den Heissmachern schon vor dem Anpfiff von Schiedsrichter Urs Meier einen gehörigen Strich durch die Rechnung: Irans Captain Ahmedreza Abedzadeh überreicht seinem US-Kollegen Tom Dooley zum Auftakt einen grossen Blumenstrauss, dann posieren die beiden Mannschaften als Zeichen der Verbundenheit gemeinsam für ein Foto. Statt «Krieg auf dem Platz» kommt es zu einem «Zeichen des Friedens» und am Ende bringen 90 Minuten Fussball die beiden Nationen einander wieder näher als zuvor lange Jahre der Diplomatie.
Eröffnungsfeier in Los Angeles: Sängerin Diana Ross rennt, fast ohne die Lippen zu bewegen, zum Lied «I'm coming out» übers ganze Spielfeld, um einen Penalty zu versenken. Doch beim Anlauf zögert sie und versemmelt schliesslich kläglich. Das Tor fällt trotzdem auseinander. Kein Wunder: «The show must go on!» Das denkt sich auch Ross und zieht ihre Show ohne mit der Wimper zu zucken durch.
Das Original ist zwar auch noch einmal dabei und erzielt in der Gruppenphase gegen Griechenland ein herrliches Tor, aber der Saudi-Arabier Saeed Al-Owairan ist in den USA der bessere Diego Maradona. Gegen Belgien erzielt der Stürmer das Tor des Turniers. Wie sein Vorbild beim «Jahrhundert-Tor» trifft Al-Owairan nach einem unaufhaltsamen Sturm über den ganzen Platz. Kein Wunder nennt man den Saudi ab da nur noch «Wüsten-Maradona».
Im Eröffnungsspiel in Mailand führt der krasse Aussenseiter Kamerun gegen Titelverteidiger Argentinien mit 1:0. Es läuft bereits die Schlussphase, als Claudio Caniggia zum unwiderstehlichen Solo ansetzt. Zwei «unzähmbare Löwen» versuchen den Blondschopf mit der langen Mähne zu stoppen, doch Caniggia bleibt auf den Beinen. Ehe Benjamin Massing heran braust und den Argentinier im Stile eines Bulldozers rücksichtslos umsenst.
Nach Toni Schumachers Attacke auf Patrick Battiston 1982 wohl das zweithärteste Foul der WM-Geschichte. Wobei, vielleicht kann Nigel de Jong noch annähernd mithalten ...
Es war «die schlimmste Erfahrung» seines Lebens. Beim 1:1 im Gruppenspiel gegen Nachbar Irland fühlt sich Englands Top-Stürmer Gary Lineker etwas flau in der Magengegend, doch der WM-Torschützenkönig von 1986 spielt trotzdem weiter. Er sollte es später bereuen ...
Nach einem Zweikampf an der Mittellinie geht Lineker zu Boden und «entspannt» sich nach eigenen Angaben etwas zu sehr. Schon ist es passiert: Der heutige TV-Experte macht sich mitten auf dem Platz in die Hose. Lineker versucht den peinlichen Faux-Pas ungeschehen zu machen und rutscht wie wild auf dem Rasen hin und her. Zum Glück für den Engländer regnet es so fest, dass kaum einer seine «Platzdüngung» bemerkt.
56 Sekunden sind im letzten WM-Gruppenspiel zwischen Uruguay und Schottland gespielt, da zückt Schiedsrichter Joël Quiniou aus Frankreich schon die Rote Karte. Uruguays José Batista sieht sie, für ein Foul nach 38 Sekunden an Gordon Strachhan. Es ist bis heute der schnellste Platzverweis der WM-Geschichte.
Der Platzverweis kommt so schnell, dass der gefoulte Strachan später scherzt: «Ich weiss bis heute nicht, wie dieser Kerl eigentlich aussah. Ich habe nicht einmal sein Gesicht gesehen.» Und in den Katakomben des Estadio Neza in Nezahualcóyotl spielt sich danach folgender Dialog ab:
Es ist eines der berühmtesten Fussball-Fotos aller Zeiten. Es zeigt Diego Maradona, wie er es im WM-Gruppenspiel gleich mit sechs Belgiern aufzunehmen scheint. Die vermeintliche Botschaft: Der Gegner muss mehr als die halbe Mannschaft aufbieten, um «El pibe de oro» («Goldjungen») zu soppen.
Doch es war alles ganz anders: Dem Foto ging ein Freistoss rund 30 Meter vor dem belgischen Tor voraus. Statt zu schiessen, legte Osvaldo Ardiles den Ball zu Maradona rüber. Die belgische Mauer löste sich auf und wandte sich Argentiniens Nummer 10 zu. In diesem Moment drückte der Fotograf auf den Auslöser. Maradona setzte übrigens nicht zu einem Dribbling an, sondern versuchte den Ball in den Strafraum zu chippen, wo ihn ein Belgier aber wegköpfte.
Vor 23'000 Zuschauern in Elche geht El Salvador im WM-Gruppenspiel gegen Ungarn gleich mit 1:10 unter. Es ist das bislang einzige «Stängeli» der WM-Geschichte. El Salvador ist damals von einem blutigen Bürgerkrieg völlig zerrüttet. Dieser wirkt sich auch auf die Mannschaft aus, die Zustände: chaotisch! Erst 72 Stunden vor dem ersten Gruppenspiel landet «La Selecta» in Spanien – statt mit 22 bloss mit 20 Spielern im Kader.
Aber nicht nur da spart der Verband, sondern auch bei der Unterkunft und beim Material. Trainingsbälle sind zunächst keine vorhanden, erst am Tag vor dem Auftaktspiel lehnen die Ungarn den Salvadorianern einige aus. Im Spiel selbst wählt der übermüdete Aussenseiter eine viel zu offensive Taktik und wird von den gnadenlosen Ungarn komplett überrannt. Immerhin kann man ein weiteres Debakel verhindern: Gegen Weltmeister Argentinien gibt's ein 0:2, gegen Belgien ein 0:1.
Zuhause muss Argentinien endlich zum ersten Mal Weltmeister werden! Das ist der Wunsch der damals herrschenden Militär-Junta um Diktator Jorge Videla und dafür sind alle Mittel recht. In der Zwischenrunde steht die «Albiceleste» nach einem 0:0 gegen Brasilien plötzlich vor dem Aus, im letzten Spiel benötigt das Team von César Luis Menotti ein 4:0 gegen Peru.
Die «Blanquirroja» spielt bis dahin ein starkes Turnier, überrascht in der Vorrunde mit einem Remis gegen den späteren Finalisten Holland und wird sogar Gruppensieger. Doch gegen den Gastgeber bringen die Peruaner plötzlich kein Bein mehr vors andere: keine Grätschen und Sprints mehr, statt Pressing nur noch lustlose Pässe. So kassieren sie fünf Tore in 50 Minuten. Argentinien steht im Final und wird tatsächlich Weltmeister.
Kein Schelm, wer Böses dabei denkt: Das Gerücht, dass drei peruanische Spieler je 20'000 Dollar für die Niederlage erhalten haben, hält sich sich hartnäckig. Ausserdem soll Argentiniens Regierung insgesamt 50 Millionen Dollar und 35'000 Tonnen Getreide mit LKWs nach Peru transportiert haben.
Eine einfache Drehung versetzt die Fussball-Welt ins Staunen. Schweden-Verteidiger Jan Olsson stellt sich im Dortmunder Westfalenstadion am linken Flügel Johan Cruyff, dem damals besten Fussballer der Welt, gegenüber. Die holländische Nummer 14 deutet mit dem rechten Fuss eine Flanke an, um sich dann den Ball mit der rechten Sohle nach hinten in den freien Raum zu legen.
Der Trick, den zuvor noch nie jemand gezeigt hat, geht perfekt auf und später als «Cruyff-Drehung» in die Lehrbücher ein. Olsson weiss gar nicht, wie ihm geschieht. «Ich dachte, ich hätte den Ball. Ich war mir sicher. Aber er hat mich ausgetrickst. Ich hatte keine Chance», sagt er hinterher und nach Cruyffs Tod noch immer voller Anerkennung: «Ich war nicht gedemütigt. Er war ein Genie.»
Es ist eine der kuriosesten Szenen der WM-Geschichte. Zaire gegen Brasilien, zehn Minuten vor Schluss stehen Rivellino und Jairzinho beim Stand von 2:0 zum Freistoss bereit. Doch bevor sie ihn ausüben können, rennt Mwepu Ilunga aus der zairischen Mauer und hämmert den Ball in die gegnerische Platzhälfte. Was auf den ersten Augenblick wie ein lustiger Aussetzer wirkt, hat in Tat und Wahrheit einen tragischen Hintergrund.
Die «Leoparden» haben bei ihrer ersten WM-Teilnahme Grosses vor, doch ihr Diktator Mobutu Seso Seko verwandelt die Premiere in einen Albtraum. Nach einem Streit um die WM-Prämien verliert Zaire das zweite Gruppenspiel gegen Jugoslawien völlig demotiviert mit 0:9. Eine Schande, die der Diktator so nicht akzeptiert. Er droht: «Solltet ihr im letzten Spiel gegen Brasilien mehr als drei Tore zulassen, werdet ihr Zaire und eure Familien nie mehr wiedersehen.»
Als Rivellino zum Freistoss anläuft, fürchtet Ilunga um sein Leben. «Ich dachte, wenn wir jetzt das 0:3 kassieren, sind wir erledigt. Ich hoffte, ich könnte ein wenig Zeit schinden, wenn ich den Ball wegschlage, bevor der Schiedsrichter ihn freigibt. Also drosch ich ihn weg», erklärt der Verteidiger, der für seine Aktion die Gelbe Karte sieht, später.
Im WM-Final gegen Italien trifft Brasiliens Captain Carlos Alberto in der 87. Minute mit einem satten Flachschuss zum 4:1-Endstand. Doch nicht wegen des Schusses selbst, sondern wegen der unglaublichen Ballstafette über neun Stationen, die somit fast das gesamte brasilianische Team umfasst, geht der Treffer als «Wonder Goal» in die Geschichte ein.