Wenn eine Mannschaft 1:6 verliert, dann liegt es nicht am Systemwechsel allein. Nicht am rechten Aussenverteidiger allein. Nicht an fehlenden Emotionen. Nicht an individuellen Fehlern. Wenn eine Mannschaft 1:6 verliert, dann liegt es an allem zusammen.
Das Schweizer Nationalteam wird viel aufzuarbeiten haben, bevor es die nächsten Ziele in Angriff nehmen wird. 2024 findet die Europameisterschaft in Deutschland statt – es wird für die erfolgreiche Generation um Yann Sommer (33), Xherdan Shaqiri (31) und die U17-Weltmeister Granit Xhaka, Ricardo Rodriguez und Haris Seferovic (alle 30) vielleicht das letzte grosse Turnier sein.
Vielleicht hat die Schweiz bis zur EM im Nachbarland auch genügend valable Aussenverteidiger. Gegen Portugal musste rechts Edimilson Fernandes aushelfen, ein Mittelfeldspieler, den Murat Yakin schon bei der Kaderbekanntgabe als Notnagel für die Abwehr bezeichnete. Denn der Trainer hatte keine Ersatzspieler für Ricardo Rodriguez und Silvan Widmer aufgeboten, was ihm nun, da Widmer im Achtelfinal krank ausfiel, um die Ohren geschlagen wird.
Doch wen hätte Yakin mitnehmen können? Unsere Auflistung zeigt, dass fast keine echten Alternativen zur Verfügung standen.
Sein Kalenderjahr 2022 war schwach. Acht Einsätze bei Wolfsburg, nur einer über 90 Minuten. Im Sommer der Wechsel nach Fulham, bloss sechs Teileinsätze, nur einer länger als eine Halbzeit. Mbabus letztes Länderspiel? Im Juni in der Nations League als Rechtsverteidiger beim 0:4 gegen Portugal.
Vielleicht die bestmögliche Alternative, da er sowohl auf der linken wie auf der rechten Seite eingesetzt werden kann. Ist bei Nizza, einem Mittelfeldklub in der Ligue 1, mehr oder weniger gesetzt, stand in 15 Runden zehn Mal in der Startelf. Auch sein letztes Länderspiel war das 0:4 gegen Portugal.
Stieg mit Arminia Bielefeld aus der Bundesliga ab, blieb aber persönlich nach dem Wechsel zu Schalke 04 erstklassig. Ist Brunner fit, ist er hinten rechts gesetzt. Ist dein Klub jedoch Tabellenletzter, spricht das nicht für gute Abwehrarbeit. Der 28-jährige Brunner wurde noch nie für die Nati aufgeboten.
Der Zürcher hatte sich bei Hellas Verona versucht, wurde im Februar an Lugano ausgeliehen und ist seit dem Sommer leihweise bei YB. Spielte in dieser Super-League-Saison ganze zwei Mal durch.
Mit Fabian Frei zeigte Yakin, dass er ein Flair für «alte» Basel-Spieler hat. Weshalb also nicht Lang reaktivieren, der letztmals vor drei Jahren in der Nati zum Einsatz gelangte? Der 31-Jährige war beim FCB hinten rechts meist gesetzt und er ist ein Spieler, der auch offensive Qualitäten besitzt.
Der mittlerweile 25-Jährige zehrt nicht mehr vom Bonus, ein grosses Talent zu sein. Stieg mit Genoa in die Serie B ab, spielt dort immerhin an der Tabellenspitze mit und das mit vielen Einsätzen.
Durfte vor einem Jahr erstmals (und bis heute zum einzigen Mal) in der Nati spielen. Als Yakin gegen Griechenland eine Dreierkette testete, spielte Zesiger als rechter Innenverteidiger. Bei YB spielt er im Zentrum, der 24-Jährige ist keiner für die Aussenbahn.
Schaut man sich die Namen und Bilanzen der genannten Spieler an, wird deutlich: Hinter Widmer klafft auf der rechten Abwehrseite eine grosse Lücke. Ob einer der genannten Spieler es gegen dieses starke Portugal besser gemacht hätte als Edimilson Fernandes, ist zu bezweifeln. In der U21-Nati spielten hinten rechts zuletzt Lewin Blum, der bei YB oft in der Super League zum Zug kam, und Serge Müller vom FC Schaffhausen.
Ich verstehe bis heute nicht, wieso man nicht Lotomba zumindest als Notnagel mitgenommen hat. Als Stammspieler bei einem Ligue 1 Club auf einem einstelligen Tabellenplatz mit Favre als Trainer braucht er sich ganz sicher nicht zu verstecken. Zumindest defensiv hätte er 10000% mehr Leistung gebracht. Fernandes mache ich aber nicht mal einen Vorwurf, der ist alles aber kein Aussenverteidiger.
Ob es etwas am Ausgang geändert hätte? Muss nicht sein, aber die Chancen hätten sicher besser gestanden.