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FIFA-Schiriboss Busacca: «Mit dem Videobeweis wird der Fussball korrekter»

Switzerland's Massimo Busacca, FIFA-director of the Department of Refereeing Developments speaks during a media conference regarding the Video Assistant Referee (VAR) at a hotel in Brussels on Tu ...
Busacca hält fest: «In der einen oder anderen Situation hätte ich gern auf den VAR zurückgegriffen.»Bild: AP

FIFA-Schiriboss Busacca: «Mit dem Videobeweis wird der Fussball korrekter»

Massimo Busacca hält den Videobeweis für eine formidable Lösung. Der Boss der FIFA-Schiedsrichterabteilung gibt vor der WM in Russland ein klares Statement ab: «Wir sind bereit und haben uns perfekt vorbereitet.»
04.06.2018, 15:50
Sven Schoch / sda
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Das offizielle Regelboard IFAB hat den VAR-Passus im März definitiv in den «Laws of the Game» eingefügt. An der kommenden Endrunde in Russland setzt der Weltverband erstmals und mit voller Überzeugung auf den Video Assistant Referee (VAR). Während zwei Jahren wurde der technologische Support auf verschiedenen Ebenen geprüft, nun hat die ranghöchste Fussball-Behörde entschieden: Der Videobeweis soll die Fehlerzahl beim global wertvollsten Turnier auf ein Minimum reduzieren.

Hinter der Umsetzung des Projekts steht vor allem einer der ehemals renommiertesten Schiedsrichter: Massimo Busacca. Der Tessiner, einst an zwei WM-Endrunden, an der EM 2008 und in einem Champions-League-Final im Einsatz, seit 2011 Chef des Referee-Ressorts der FIFA, zweifelt keine Sekunde an der Notwendigkeit der Videotechnik: «Ich machte eine gute Karriere, aber in der einen oder anderen Situation hätte ich gern auf den VAR zurückgegriffen.»

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Busacca bei GC – Basel 2003: Rot für die Streithähne Cabanas und Cantaluppi.Bild: KEYSTONE

Busacca sinniert im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA über die wirtschaftliche Tragweite der Spielleiterpfiffe. «Wir sprechen von einer Veranstaltung, die nur alle vier Jahre stattfindet. Es geht um Millionen. Ein einziger Fehler kann einen immensen Schaden verursachen», so der Südschweizer. «Schauen Sie sich die Summen an, die im Umlauf sind. Die Teams sind wie Banken.»

Diskutiert wird auch weiterhin

Neben dem finanziellen Aspekt kommt eine persönliche Note ins Spiel. «Hätte ich in einem grossen Match einen entscheidenden Lapsus begangen, wäre meine Karriere vielleicht sofort zu Ende gewesen.» Die doppelte Überwachung entmündige den Unparteiischen nicht, sie entlaste ihn. Er erhalte die Möglichkeit, eine Situation in Absprache mit einem Spezialistenteam neu zu beurteilen und allenfalls eine Korrektur anzuordnen; das letzte Wort bleibt weiterhin beim Ref.

«Black or White?», fragt Busacca rhetorisch. Debatten werde es weiterhin geben. «Das Hilfsmittel verhindert die Diskussion nicht. Es geht nach wie vor um Interpretationen. Aber der Fussball wird korrekter, davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt. In Italien sank die Zahl der Verwarnungen und Platzverweise markant.» Jeder der Beteiligten wisse, dass pro Partie 33 Kameras jede Bewegung der Akteure einfangen – versteckte Fouls oder Tätlichkeiten sind nicht empfehlenswert, mit einer zeitnahen Entlarvung ist zu rechnen.

Was der Videoschiri an der WM entscheiden darf

Für Transparenz sorgt eine Leitstelle in der russischen Hauptstadt. In einem prominent besetzten Büro in Moskau werden die Aufnahmen permanent von einem vierköpfigen Spezial-VAR-Team überwacht; insgesamt hat die FIFA 13 Top-Schiedsrichter für die WM selektioniert, die ausschliesslich in der Technologie-Zentrale eingesetzt werden.

Ihre Kompetenzen sind im Prinzip geregelt, in vier Bereichen können sie im Bedarfsfall aktiv werden: bei Toren, Penaltys, Direktausschlüssen, Verwechslungen nach Verwarnungen. Die Skala ist indes dehnbar, der Interpretationsspielraum ist beträchtlich. Nur schon die Klärung der Offside-Problematik (bei Treffern) dürfte zeitintensiv werden.

epa06633192 Referee Deniz Aytekin of Germany looking at the VAR during the International friendly match between England and Italy at the Wembley Stadium in London, Britain, 27 March 2018. EPA/KIERAN G ...
Der Schiedsrichter überprüft noch einmal: Deniz Aytekin beim Länderspiel zwischen England und Italien im März.Bild: EPA

«Wo ist das Problem?», zuckt Busacca mit den Schultern. «Die effektive Spieldauer beträgt im Schnitt kaum 57 Minuten. Der Ball ruht oft – es gibt verzögerte Einwürfe, Corner, Freistösse. Heute beklagt sich niemand, wenn sich einer auf dem Feld minutenlang pflegen lässt. Das alles wird akzeptiert, und jetzt machen wir uns Sorgen, wenn wir ein paar Minuten mehr benötigen, um einen möglicherweise erheblichen Fehlentscheid zu verhindern.»

«Es geht gar nicht mehr anders»

Nach bald zweijähriger, minutiöser Planung der VAR-Einführung verteidigt Busacca die Linienwahl der FIFA dezidiert: «Es geht gar nicht mehr anders. Im Stadion stehen heutzutage jedem Zuschauer innerhalb von Sekunden auf seinem Smartphone Replays zur Verfügung.» Entsprechend müssten auch die Entscheidungsträger auf dem Hauptschauplatz so rasch wie möglich Zugang zu allen relevanten Updates haben.

«Nur», schränkt Busacca ein, «die Hilfsmittel ersetzen nie die Persönlichkeit des Schiedsrichters. Sie sind ein Sicherheitsnetz, das letzte Wort hat der Mann mit der Pfeife.» Seine Erwartungen und Vorgaben vermittelte Busacca in zahllosen Seminaren und Praxisübungen. «Jetzt müssen die Resultate folgen. Ein Coach kann nicht nur gut spielen, er muss auch gewinnen. Das gilt auch für mich.»

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6 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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w'ever
04.06.2018 15:59registriert Februar 2016
der videobeweis soll bitte auch gleich bei heimlichen fouls und schwalben eingreifen.
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