Ein Bild für die Ewigkeit: Maradona (am Ball) gegen den FC Wettingen im Stadion Letzigrund. Das Hinspiel endete 0:0, das Rückspiel verloren die Aargauer 1:2.Bild: KEYSTONE
Der FC Zürich empfängt heute Abend Napoli. Auch der FC Wettingen traf schon auf die Süditaliener – in der zweiten Runde des UEFA-Pokals 1989. Zeitzeugen erinnern sich an das legendäre Duell zwischen Dorf- und Weltklub vor 30 Jahren.
14.02.2019, 08:4314.02.2019, 09:11
patrik müller, sebastian wendel, ruedi kuhn / ch media
Im Viehtransporter in den Letzigrund
Patrik Müller, Chefredaktor CH Media, 1989 als Wettingen-Fan im Letzigrund.
Bild: KEYSTONE
«Wenn das verrückteste Erlebnis, das man als Fan je hatte, 30 Jahre zurückliegt: Woran erinnert man sich? Daran, dass ich, 14-jährig, im Viehtransporter eines Bauern aus dem Dorf mitfahren durfte nach Zürich, wo wir einen exklusiven Parkplatz hatten: Beim Schlachthof neben dem Letzigrund. An die Hühnerhaut, wenn ‹Hopp Wettige›-Rufe durchs grosse Rund schallten.
Natürlich an Maradona, der vor dem Spiel auf einem Pferd über die Tartanbahn ritt (ich begriff erst später, dass es ein Double war). An Jörg Stiel, der kein Tor reinliess. Überhaupt an die Namen der Helden: Heldmann, Rueda, Schepull, Bertelsen und den Millionen-Transfer Corneliusson, der zum späteren Vereins-Konkurs beitrug. Mein Dorfklub spielt 0:0 gegen Napoli und die ‹Hand Gottes›: Eine Nacht für die Ewigkeit, der FCW unbezwingbar, für immer!»
Jacobacci schloss sich im Zimmer ein
Fredy Strasser, Spielerberater, 1989 Sportchef FC Wettingen.
Bild: zvg
«Vor dem Rückspiel trafen wir zwei Stunden vor Matchbeginn im Stadion ein. Da kam uns Diego Maradona mit dem Necessaire unter dem Arm entgegen – er wurde soeben wegen Disziplinlosigkeit nach Hause geschickt. Das hat unsere Hoffnungen aufs Weiterkommen, die wir nach dem 0:0 im Hinspiel eh hatten, natürlich gesteigert.
Apropos Maradona: In meiner Garage hängt noch heute ein Bild von Diego und mir. Das Bild wird für immer dort bleiben – egal, wie viele schlimme Eskapaden sich Maradona in Zukunft noch leistet, Er war damals einfach der Grösste. Rückblickend eine lustige Episode gabs nach der Mannschaftssitzung im Hotel: Als der gebürtige Italiener Maurizio Jacobacci erfuhr, dass er in Neapel nicht von Anfang an spielen würde, schloss er sich im Zimmer ein. Er kam erst raus, als Trainer Udo Klug höchstpersönlich aus dem Car stieg und Jacobacci befahl, mitzukommen.»
Luxusflieger für den FC Wettingen
Roger Geissberger, Vizepräsident FC Aarau, 1989 Reiseorganisator
Bild: KEYSTONE
«FC Wettingen gegen Napoli mit Maradona ist ein grosses Stück Schweizer Fussball-Geschichte. Als CEO von Knecht-Reisen hatte ich im Herbst 1989 die Ehre und das Vergnügen, die Reise der Wettinger nach Süditalien organisieren zu dürfen. Es war ein Flug mit einer speziellen DC 9 von Zürich nach Neapel. Die DC 9 war eine umgebaute Luxus_Chartermaschine für anspruchsvolle Firmenkunden mit 55 grosszügig angelegten, äusserst bequemen Sitzplätzen.
Das Essen und Trinken war auf die Bedürfnisse der Spieler abgestimmt. Mit an Bord waren neben den Spielern auch der Trainerstab mit Chefcoach Udo Klug und einige ausgewählte Funktionäre. An vorderster Front sass Präsident und Mäzen Hubert Stöckli. Er war der Vater des Erfolgs. Ohne ihn wäre dieses kleine Fussball-Wunder mit dem FC Wettingen nicht möglich gewesen.»
Klarer Penalty, keine Schwalbe
Jörg Stiel, Goalietrainer FCB-Junioren, 1989 Goalie beim FC Wettingen
Bild: KEYSTONE/SFV/Jean-Christophe Bot
«Als wir Napoli zugelost bekamen, liebäugelten viele unserer Spieler mit dem Trikot von Maradona. Aber da gab es keine Diskussionen: Das Leibchen war für unseren Captain Martin Rueda reserviert. Mir war das Maradona-Trikot egal, ich hatte sportliche Ambitionen. Nach dem Rückspiel habe ich dennoch das Trikot getauscht – mit Napoli-Goalie Giuliano Giuliani. Ein Name wie ein Filmstar, und so hat er auch ausgesehen.
Was gibt es noch zu erzählen? Im Letzigrund konnte ich nicht auf den Platz zum Einlaufen, weil Journalisten den Weg verstellten. Sie warteten alle auf Maradona – heutzutage undenkbar. Im Rückspiel riss in der ersten Halbzeit das Innenband in meinem Knie. Aber ich hatte so viel Adrenalin im Körper, die Schmerzen kamen erst später. Im Flugzeug ging das Knie dann auf wie ein Ballon. Und noch was: Das 2:1 war ein glasklarer Penalty, keine Schwalbe. Heute kann ich das mit gutem Gewissen eingestehen.»
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quelle: keystone / peter klaunzer
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