Stürmische Zeiten sind das beim FC Basel. Zuerst den Titel verloren, dann drei Teamstützen und zuletzt auch die Testspiele. Mitunter auch gegen Challenge-Ligist Aarau. Der FCB-Kahn ist unter der neuen Führung so richtig vom Kurs abgekommen, so der Eindruck vieler Fans kurz vor Beginn der neuen Saison.
Dabei dachte man, die Leute um Präsident Bernhard Burgener hätten die Lehren gezogen aus dem verpassten Titel 2018, hätten analysiert, warum die Meisterserie nach acht fetten Jahren riss. Zu viele Wechsel, einen zu tiefen Einschnitt im Winter machte man als einen der Gründe aus. Zu viele verlorene Punkte im Joggeli auch. Das sagten Sportchef Marco Streller und Trainer Raphael Wicky vor wenigen Wochen. Deshalb wollte man das Team zusammenhalten, am liebsten gar keine Veränderungen zulassen
Es kam anders. Der Torhüter Tomas Vaclik (Sevilla), der stürmende Verteidiger Michael Lang (Gladbach) und der unermüdliche Flügel Mohamed Elyounoussi (Southampton) sind dem Lockruf der grossen Ligen erlegen. «Es gab Spieler, die haben sich persönlich bei mir gemeldet, um zu fragen, ob sie gehen dürften», erzählt FCB-Präsident Burgener gestern.
Er und seine Führungsriege haben ihnen keine Steine in den Weg gelegt. Nicht bloss aus Nettigkeit, sondern auch, weil der FCB dafür fürstlich entlöhnt wurde. Über 30 Millionen Franken haben die Basler mit den drei Transfers eingenommen.
Aber damit haben sie doch genau den gleichen Fehler gemacht wie im Winter. Ein neuerlicher tiefer Einschnitt ins Team. Man hat den Titel verkauft, könnte man meinen. Sportchef Marco Streller widerspricht entschieden: «Die Situation ist komplett anders. Wir haben dieses Mal drei Spieler geholt, die in ihren Klubs einen Stammplatz hatten. Silvan Widmer in der Serie A (für Lang, d. Red.), Aldo Kalulu, der von vielen Klubs umworben war, bei Sochaux in der Ligue 2 (für Elyounoussi) und Jonas Omlin bei Luzern (für Vaclik). Diese Spieler haben Rhythmus.»
Im Gegensatz zu den vielen Wechseln im Winter ist jetzt etwas passiert, das in den letzten Jahren zu den Basler Sommern gehörte wie das Schwimmen im Rhein: Die Besten wurden abgeworben, man hat neue, talentierte Leute geholt.
Zudem soll sich jetzt bezahlt machen, dass man die Transfers von Valentin Stocker und Fabian Frei vorgezogen hat. Jetzt haben sie schliesslich den Rhythmus, der ihnen im Winter noch fehlte – und was als ein Grund des Scheiterns ausgemacht wurde. An Persönlichkeit hat es ihnen ohnehin nie gefehlt. Und damit soll die Lücke, die insbesondere Lang und Vaclik im Teamgefüge hinterlassen, durch Frei und Stocker möglichst geschlossen werden.
Der Druck auf die beiden, die Erwartungen an sie, sie sind enorm. Von ihnen wird vieles abhängig sein, sie werden vieles abfedern müssen, um die Jungen, die Neuen, den Rest des Teams zu schützen. Stocker und Frei müssen funktionieren, Eingewöhnung hatten sie eigentlich nie, aber jetzt definitiv nicht mehr.
Dass sie diese Situation meistern, davon ist insbesondere Trainer Raphael Wicky abhängig. Denn er ist zum einen das schwächste Glied in der Kette, zum anderen geniesst er – obwohl er das anders sieht – nicht den unbedingten Rückhalt aller FCB-Exponenten. Dass er bei der gestrigen Pressekonferenz als Einziger im T-Shirt statt im Hemd erschien, dürfte nicht gerade helfen. Er wird der Erste sein, der die Koffer packen muss, sollte der Kahn nicht schleunigst auf Meisterkurs kommen.
Denn obwohl das Konzept ein neues ist, man viel stärker auf eigene und junge Spieler setzt und damit ein grösseres Risiko eingeht, sind die Ansprüche gleich geblieben. Der FCB muss Meister werden. Der FCB muss in den Cupfinal, muss europäisch spielen. Am liebsten Champions League. Das sind übrigens nicht nur die Erwartungen der Fans, es sind die Ziele des Klubs. So hat man das gestern kommuniziert.
Basel muss liefern. Allen voran Trainer Raphael Wicky. Schon gegen St. Gallen (Samstag, 19 Uhr). Und vor allem am Dienstag, denn dann geht es schon um die Königsklasse. Die Reise nach Saloniki steht an. Hinspiel gegen Paok. Da darf es keine Rolle mehr spielen, dass man lange um Widmer gefeilscht hat und er entsprechend wenig Eingewöhnungszeit hat (obwohl er die eigenen Angaben zufolge noch bräuchte).
Da darf der desaströse Auftritt gegen Feyenoord am Uhrencup (0:5) nicht mehr in den Köpfen sein. Der FCB-Kahn muss Kurs aufnehmen, sonst fliegt Wicky über Bord.