Im November 2011 übernahm Marcel Koller in Österreich den Posten des Nationaltrainers. Nach einer unbefriedigenden Kampagne für die Euro 2012 hatte der damalige Trainer Dietmar Constantini vorzeitig das Handtuch geworfen. Österreich belegte in der Qualifikationsgruppe mit Deutschland, der Türkei, Belgien, Kasachstan und Aserbaidschan nur den vierten Rang.
Als der Österreichische Fussballbund dann bekannt gab, dass mit Marcel Koller fortan ein Schweizer die Zügel in der Hand hält, brandete von allein Seiten Kritik auf. Hans Krankl, ehemaliger Nationalspieler Österreichs, sagte in einer TV-Runde: «Unser Kurt Jara, unser Paul Gludovatz und unser Andreas Herzog können nicht Teamchef werden, weil sich der ÖFB für Marcel Koller entschieden hat. Bei allem Respekt, was macht ihn qualifizierter als die österreichischen Trainer?»
Kollers erste Mission, die Qualifikation für die WM 2014, war im Vergleich zu früheren Jahren lange erfolgreich verlaufen. Bis zum vorletzten Spieltag hatten die Österreicher intakte Chancen, hinter Deutschland die Barrage zu erreichen. Allerdings platzte der Traum, als Österreich auswärts gegen Schweden nach einer 1:0-Pausenführung noch 1:2 verlor.
Doch nun schliesst sich der Kreis und Marcel Koller ist der neue König im Reich des Apfelstrudels. Die österreichische Erfolgsgeschichte erreicht heuer ausgerechnet beim deutlichen 4:1-Sieg in Schweden ihren Höhepunkt – die Ösis sind nun definitiv für die Euro 2016 qualifiziert.
Koller hat aus Österreich eine Spitzenmannschaft geformt. Der Erfolg der Mannschaft basiert auf einer stabilen Defensive. Unter dem Schweizer kassiert das Team wesentlich weniger Gegentore als auch schon – nur drei in acht Qualifikationsspielen. In der Offensive zeichnet sich Österreich durch schnelle Vorstösse, Kreativität und Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor aus. Koller baut dabei auf ein Gerüst, das aus Youngsters und Routiniers besteht.
Robert Almer: Der Torhüter hat alle bisherigen acht Partien in der EM-Quali bestritten und dabei lediglich drei Tore kassiert. Zusätzlich blieb Almer über 10 Stunden ohne Gegentor, brach damit den Rekord von Friedl Koncilia aus dem Jahr 1983. In der Bundesliga (Düsseldorf, Hannover 96) hat sich der 31-Jährige nie durchgesetzt, im Nationalteam ist Robert Almer ein zuverlässiger Wert.
Christian Fuchs: Der Captain und Teamkollege von Gökhan Inler bei Leicester City zeigt den jungen Wilden im Nationalteam, wo es durch geht. Mit seinem starken linken Fuss ist der Aussenverteidiger immer wieder für einen Assist gut.
Aleksandar Dragovic: Der ehemalige Verteidiger des FC Basel ist auch bei Österreich gesetzt. Der 24-Jährige orchestriert die Abwehr wie ein alter Hase, auch dank seinen starken Leistungen kassiert Österreich nur sehr wenige Tore.
David Alaba: Der Star von Bayern München ist das Prunkstück der Österreicher. Bereits mit 17 Jahren debütierte Alaba in der Nationalmannschaft, seither ist er nicht mehr wegzudenken. Obwohl eigentlich defensiver Mittelfeldspieler, kurbelt Alaba gleichzeitig auch die Offensive an und ist immer wieder für Tore gut. David Alaba gehört mit 23 Jahren die Zukunft – dabei ist er im Wintersportland Österreich bereits jetzt zweimal zum Sportler des Jahres gewählt worden (2013 und 2014). Den Titel des österreichischen Fussballer des Jahres gewann er sogar viermal in Folge, von 2011 bis 2014.
Zlatko Junuzovic: Bei Werder Bremen ist der 27-Jährige Dreh- und Angelpunkt im Angriff und auch unter Marcel Koller läuft Junuzovic regelmässig zur Hochform auf. Der Werderaner befindet sich in der Blütezeit seiner Karriere.
Yeeeeeeeees!!!!! EURO 2016... here we come! ✌️🇦🇹 pic.twitter.com/IWAWuKXvSM
— David Alaba (@David_Alaba) 8. September 2015
Marc Janko: Der 32-Jährige hat in neun Jahren Nationalmannschaft zwar erst 46 Spiele absolviert, dafür aber 21 Tore erzielt – ein starker Wert. Der Neo-Basler sorgt mit seiner Abgeklärtheit für die nötigen Tore und er ist in der aktuellen Kampagne auch dank seiner 1,96 Meter kaum mehr wegzudenken.
Bezeichnend für den österreichischen Höhenflug ist die grosse Anzahl mitgereister Fans. Tausende waren nach Stockholm gepilgert, um ihre Mannschaft zu unterstützen. Nach Spielschluss genossen die Spieler das Bad in der Menge, die Supporter zahlten die Nähe mit Sprechchören zurück.
Nun ist es also fix: Österreich fährt im nächsten Sommer zur Europameisterschaft nach Frankreich. Zum ersten Mal überhaupt, denn bei der bisher einzigen Teilnahme im Jahr 2008 war Österreich gemeinsam mit der Schweiz Gastgeber und somit automatisch qualifiziert.
Ob das Team von Marcel Koller 2016 auch im Konzert der Grossen etwas zu bestellen hat, wird sich zeigen. Fakt ist aber: Geht die Mannschaft des Schweizers weiterhin denselben Weg, steht einer goldenen Zukunft nichts im Weg.
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