Im Stade de France präsentierte Joachim Löw nach viel Kritik eine junge, zielstrebige Mannschaft, die nicht zuletzt mit ihrem Konterspiel zu überzeugen wusste, und damit den Weltmeister eine Halbzeit lang immer wieder in Verlegenheit brachte. 45 Minuten zeigte Deutschland eine überzeugende Vorstellung. Anstatt auf Ballbesitz war Deutschland mit den Antreibern Leroy Sané und Serge Gnabry auf schnelle Angriffe aus.
Dass bis zur Pause nicht mehr als der von Toni Kroos nach 14 Minuten verwertete Handspenalty heraussprang, lag an der mangelnden Präzision im vorletzten und letzten Pass. Sané und Gnabry waren zwei von fünf Neuen in der Startformation im Vergleich zum Spiel gegen die Niederlande. Auch Nico Schulz, Thilo Kehrer und Niklas Süle konnten diesmal von Beginn weg spielen. Süle bildet zusammen mit Mats Hummels und Matthias Ginter eine Dreierabwehr.
Nach dem Seitenwechsel begann der Weltmeister nach und nach, die Kontrolle über den Match zu gewinnen. In der 62. Minute ermöglichte eine Flanke von Lucas Hernandez den Kopfball-Treffer von Antoine Griezmann, und in der 79. Minute wurde Blaise Matuidi nach einem herrlichen Pass von Kylian Mbappé im Strafraum von Hummels gefoult – Griezmann verwertete sicher.
Deutschland steht dem Abstieg in die Liga B nach der sechsten Niederlage in diesem Jahr sehr nahe. Sechsmal in einem Jahr hatte Deutschland in seiner Historie bislang noch nie verloren.
Das waren die Reaktionen der Presse.
«Löw setzt den Umbruch endlich in Gang», lobt die Fachzeitschrift den Bundestrainer. Die Niederlage in Frankreich verschaffe Joachim Löw Luft, denn er habe «gerade noch rechtzeitig» die Zeichen der Zeit erkannt. Nun müsse es aber auch in diesem Stil weitergehen: «Zwar steckt die in der Nations League noch immer sieglose DFB-Auswahl weiter in akuter Abstiegsgefahr. Die über weite Strecken couragierte Leistung der stark umformierten und verjüngten deutschen Mannschaft war dennoch ein Signal der Hoffnung auf eine bessere Zukunft – vorausgesetzt, der Bundestrainer hält an seinem endlich in Gang gesetzten Umbruch fest.» Klar sei, dass der Verjüngungsprozess alternativlos ist.
Die Boulevard-Zeitung schreibt von der «besten Pleite des Jahres» und dass Frankreich nur dank eines «Witz-Elfers» gewonnen habe. Unter dem Strich hält die «Bild» fest: «Eine Niederlage, die uns doch irgendwie Hoffnung macht.» Löw könne die Diskussion um seine Person beruhigen. Er habe «endlich Mut» bewiesen mit seinen taktischen und personellen Umstellungen.
Das Nachrichtenmagazin sah eine «ordentliche Leistung» des Weltmeisters von 2014 beim amtierenden Champion. Diese habe Joachim Löw eine Atempause verschafft. «Dass eine knappe Niederlage schon als Erfolg gilt, zeigt allerdings den Kursverfall des Teams», heisst es zur neuen Wahrnehmung im Land. Als Fortschritt sei zu werten, dass Löw über seinen Schatten gesprungen sei und bewährte Stammkräfte wie Thomas Müller oder Jonas Hector draussen liess. Gewöhnlich tue sich der Trainer schwer, wenn er sich von Getreuen trennen müsse, «jetzt ging es jedoch auch um seinen Job. Da muss er auch von liebgewordenen Gewohnheiten lassen.»
Dem Kommentator kommen die Veränderungen zu spät. «Warum erst jetzt?», fragt er. Und stellt umgehend fest: «Auch dieses Muster zieht sich ja durch Löws Bundestrainer-Karriere: dass er viele richtige Dinge ein bisschen (zu) spät und erst unter Druck macht.» Das treffe nicht nur auf die veränderte Aufstellung zu, sondern auch auf die Spielweise. «Man hatte das ganz vergessen, dass die Deutschen auch mal selbst kontern können, anstatt immer nur ausgekontert zu werden. Auch diese insgesamt schöne Idee kam dem Bundestrainer leider erst vier Monate nach der WM.» Halbwegs versöhnlich attestiert er dem Team immerhin die nötige Leidenschaft: «Die DFB-Elf liess erkennen, dass sie sich zu jeder Sekunde für dieses Fussballspiel interessierte.»
Deutschland ein Absteiger? Irgendwie kann sich das auch die FAZ noch nicht vorstellen, weshalb sie klar macht: «Der Abstieg aus der Nations League rückt für Deutschland immer näher.» Die Zeitung sieht aber ebenfalls den Silberstreif am Horizont: «Kälter konnte das Wasser nicht sein, in das der Bundestrainer seine jungen Spieler in höchster Not warf. … Die deutsche Mannschaft zeigt in der ersten Halbzeit nicht weniger als das beste Spiel in diesem unerfreulichen Jahr.» Das Blatt hält trotzdem auch fest: «Der Weg zurück an die Weltspitze bleibt weit.»
Das 1:2 in Paris sei «unglücklich» gewesen, heisst es, doch Löws taktischer und personeller Plan sei aufgegangen. «Endlich sah es nach Neuanfang aus.» Löw habe damit das wichtige Signal ausgesendet, dass er bereit sei, «sich und die Mannschaft zu ändern». Den nun eingeschlagenen Kurs müsse der Bundestrainer unbedingt weiterführen. «Dass er nach dem Spiel betonte, die Personalentscheidungen aus voller Überzeugung und nicht lediglich auf Druck der Öffentlichkeit getroffen zu haben, spricht für ihn.» Deshalb sei der Dienstagabend in Frankreich für den deutschen Fussball «ein Lichtblick» gewesen.
Gibraltar mit mehr Pflichtspielsiegen im Jahr 2018 als Deutschland #FRAGER #GIBLIE
— Hendrik Niebuhr (@hen1912) 16. Oktober 2018
WM-Aus in der Vorrunde, Abstieg in der Nations League, erstmals 6 Niederlagen in einem Jahr. Löw völlig entspannt und gut gelaunt: „Auf Augenhöhe mit dem Weltmeister.“ Präsident gratuliert Mannschaft zum „guten Spiel“.
— Egotaktiker (@Peeknicker) 16. Oktober 2018
Aussitzen ist die neue deutsche Kernkompetenz. #frager
Was passiert eigentlich mit der Uhr im Sinsheimer Stadion, wenn der DFB absteigt? #FRAGER
— footage Magazin (@footagemagazin) 16. Oktober 2018
Heute an der Kamera: Philipp Lahm.#FRAGER @sportschau pic.twitter.com/oPIhJLUNPD
— Kevin Albrecht (@SoEinAlbrecht) 16. Oktober 2018
1:0 Deutschland durch einen Elfmeter von Kroos.
— Brescher (@BrescherDE) 16. Oktober 2018
Es hat mich sehr gewundert, das er den Elfmeter nicht nocheinmal quer-gelegt hat. #FRAGER #nationsleague
Singt der Fanclub Nationalmannschaft schon das unsägliche "Wenn ihr absteigt, schlagen wir euch tot"?
— Michael Bach (@ElCobra) 16. Oktober 2018
Mbappé gegen Hummels #FRAGER pic.twitter.com/7WaNdUnIJR
— Tilman Pauls (@tilman_p) 16. Oktober 2018
Eigentlich kann Löw auch einfach Söder-Hotbuttons nach dem Spiel abspielen:
— FUMS (@fums_magazin) 16. Oktober 2018
- „Es ist eine Niederlage, aber keine deutliche!“
- „Wir werden das analysieren müssen.“
- „Bayern-Probleme entstanden in Berlin!“
- „Kein Grund für einen Rücktritt.“#FRAGER
Einfach morgen in schwarz-weiß das Spiel nachtanzen lassen, von einem kettenrauchenden Franzosen synchron nacherzählt (gelb untertitelt). #FRAGER #ARTE
— Jan-Christoph Spahl (@JCS24601) 16. Oktober 2018
Ich weiß nicht, ob ich mich trauen soll.... Mir hat dieses Spiel Spaß gemacht! #FRAGER
— Frank Buschmann (@FrankBuschmann) 16. Oktober 2018
Die Taktik von Frankreich ist absolut genial.
— One-Write-Stand (@BeaurisZ) 16. Oktober 2018
Heute verlieren, damit Löw im Amt bleibt und man damit schon mal einen Konkurrenten weniger für die nächste EM hat. #FRAGER
Ich verstehe das nicht: kommt Deutschland dann bei einer Niederlage nächstes Jahr mit Sandhausen und Heidenheim in eine Gruppe? #FRAGER
— Andre67 (@PilotAndre) 16. Oktober 2018
(ram/sda)