Sport
Fussball

Presse nach Deutschlands 1:2-Niederlage in Frankreich

epa07098056 German's head coach Joachim Loew prior the UEFA Nations League soccer match between France and Germany in Paris, France on 16 October 2018. EPA/Christophe Petit-Tesson
Weltmeisterlicher Trick: Löw versteckt Sorgenfalten auf der Stirn hinter seinem Haar.Bild: EPA

«Endlich sah es nach Neuanfang aus» – deutsche Medien nach Niederlage gnädig mit Löw

In der Nations League droht Deutschland nach einem 1:2 in Frankreich der Abstieg. Doch die Niederlage beim Weltmeister wird als Schritt nach vorne gewertet – und Bundestrainer Joachim Löw sitzt wieder fester im Sattel als vor der Partie.
17.10.2018, 08:4517.10.2018, 10:24
Mehr «Sport»

Im Stade de France präsentierte Joachim Löw nach viel Kritik eine junge, zielstrebige Mannschaft, die nicht zuletzt mit ihrem Konterspiel zu überzeugen wusste, und damit den Weltmeister eine Halbzeit lang immer wieder in Verlegenheit brachte. 45 Minuten zeigte Deutschland eine überzeugende Vorstellung. Anstatt auf Ballbesitz war Deutschland mit den Antreibern Leroy Sané und Serge Gnabry auf schnelle Angriffe aus.

0:1 Deutschland: Toni Kroos (14.).Video: streamja

Dass bis zur Pause nicht mehr als der von Toni Kroos nach 14 Minuten verwertete Handspenalty heraussprang, lag an der mangelnden Präzision im vorletzten und letzten Pass. Sané und Gnabry waren zwei von fünf Neuen in der Startformation im Vergleich zum Spiel gegen die Niederlande. Auch Nico Schulz, Thilo Kehrer und Niklas Süle konnten diesmal von Beginn weg spielen. Süle bildet zusammen mit Mats Hummels und Matthias Ginter eine Dreierabwehr.

Sechste Niederlage des Jahres – ein trauriger Rekord

Nach dem Seitenwechsel begann der Weltmeister nach und nach, die Kontrolle über den Match zu gewinnen. In der 62. Minute ermöglichte eine Flanke von Lucas Hernandez den Kopfball-Treffer von Antoine Griezmann, und in der 79. Minute wurde Blaise Matuidi nach einem herrlichen Pass von Kylian Mbappé im Strafraum von Hummels gefoult – Griezmann verwertete sicher.

1:1 Frankreich: Antoine Griezmann (62.).Video: streamja
2:1 Frankreich: Antoine Griezmann (80.).Video: streamja

Deutschland steht dem Abstieg in die Liga B nach der sechsten Niederlage in diesem Jahr sehr nahe. Sechsmal in einem Jahr hatte Deutschland in seiner Historie bislang noch nie verloren.

Das waren die Reaktionen der Presse.

Kicker

«Löw setzt den Umbruch endlich in Gang», lobt die Fachzeitschrift den Bundestrainer. Die Niederlage in Frankreich verschaffe Joachim Löw Luft, denn er habe «gerade noch rechtzeitig» die Zeichen der Zeit erkannt. Nun müsse es aber auch in diesem Stil weitergehen: «Zwar steckt die in der Nations League noch immer sieglose DFB-Auswahl weiter in akuter Abstiegsgefahr. Die über weite Strecken couragierte Leistung der stark umformierten und verjüngten deutschen Mannschaft war dennoch ein Signal der Hoffnung auf eine bessere Zukunft – vorausgesetzt, der Bundestrainer hält an seinem endlich in Gang gesetzten Umbruch fest.» Klar sei, dass der Verjüngungsprozess alternativlos ist.

Bild

Die Boulevard-Zeitung schreibt von der «besten Pleite des Jahres» und dass Frankreich nur dank eines «Witz-Elfers» gewonnen habe. Unter dem Strich hält die «Bild» fest: «Eine Niederlage, die uns doch irgendwie Hoffnung macht.» Löw könne die Diskussion um seine Person beruhigen. Er habe «endlich Mut» bewiesen mit seinen taktischen und personellen Umstellungen.

epa07098211 Germany's Leroy Sane (L) in action against France's midfielder Blaise Matuidi (R) during the UEFA Nations League match between France and Germany at Stade de France in Saint-Deni ...
An der WM noch übergangen, nun stark: Leroy Sané.Bild: EPA

Spiegel

Das Nachrichtenmagazin sah eine «ordentliche Leistung» des Weltmeisters von 2014 beim amtierenden Champion. Diese habe Joachim Löw eine Atempause verschafft. «Dass eine knappe Niederlage schon als Erfolg gilt, zeigt allerdings den Kursverfall des Teams», heisst es zur neuen Wahrnehmung im Land. Als Fortschritt sei zu werten, dass Löw über seinen Schatten gesprungen sei und bewährte Stammkräfte wie Thomas Müller oder Jonas Hector draussen liess. Gewöhnlich tue sich der Trainer schwer, wenn er sich von Getreuen trennen müsse, «jetzt ging es jedoch auch um seinen Job. Da muss er auch von liebgewordenen Gewohnheiten lassen.»

Süddeutsche Zeitung

Dem Kommentator kommen die Veränderungen zu spät. «Warum erst jetzt?», fragt er. Und stellt umgehend fest: «Auch dieses Muster zieht sich ja durch Löws Bundestrainer-Karriere: dass er viele richtige Dinge ein bisschen (zu) spät und erst unter Druck macht.» Das treffe nicht nur auf die veränderte Aufstellung zu, sondern auch auf die Spielweise. «Man hatte das ganz vergessen, dass die Deutschen auch mal selbst kontern können, anstatt immer nur ausgekontert zu werden. Auch diese insgesamt schöne Idee kam dem Bundestrainer leider erst vier Monate nach der WM.» Halbwegs versöhnlich attestiert er dem Team immerhin die nötige Leidenschaft: «Die DFB-Elf liess erkennen, dass sie sich zu jeder Sekunde für dieses Fussballspiel interessierte.»

Jonas Hector, left, and Serge Gnabry, right, practice during a training session of the German national soccer team in Berlin, Germany, Wednesday, Oct. 10, 2018. Germany will face the team of the Nethe ...
Vergangenheit und Zukunft? Hector (links) musste auf die Bank, Gnabry durfte sich beweisen.Bild: AP

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Deutschland ein Absteiger? Irgendwie kann sich das auch die FAZ noch nicht vorstellen, weshalb sie klar macht: «Der Abstieg aus der Nations League rückt für Deutschland immer näher.» Die Zeitung sieht aber ebenfalls den Silberstreif am Horizont: «Kälter konnte das Wasser nicht sein, in das der Bundestrainer seine jungen Spieler in höchster Not warf. … Die deutsche Mannschaft zeigt in der ersten Halbzeit nicht weniger als das beste Spiel in diesem unerfreulichen Jahr.» Das Blatt hält trotzdem auch fest: «Der Weg zurück an die Weltspitze bleibt weit.»

Die Welt

Das 1:2 in Paris sei «unglücklich» gewesen, heisst es, doch Löws taktischer und personeller Plan sei aufgegangen. «Endlich sah es nach Neuanfang aus.» Löw habe damit das wichtige Signal ausgesendet, dass er bereit sei, «sich und die Mannschaft zu ändern». Den nun eingeschlagenen Kurs müsse der Bundestrainer unbedingt weiterführen. «Dass er nach dem Spiel betonte, die Personalentscheidungen aus voller Überzeugung und nicht lediglich auf Druck der Öffentlichkeit getroffen zu haben, spricht für ihn.» Deshalb sei der Dienstagabend in Frankreich für den deutschen Fussball «ein Lichtblick» gewesen.

Reaktionen auf Twitter

(ram/sda)

So traurige Gesichter machen die Deutschen nach ihrem WM-Aus

1 / 23
So traurige Gesichter machen die Deutschen nach ihrem WM-Aus
Mario Gomez, Mats Hummels und Niklas Süle können es noch nicht ganz fassen.
quelle: ap/ap / michael probst
Auf Facebook teilenAuf X teilen

So haben deine Kollegen endlich eine Chance gegen dich

Video: watson/nico franzoni, sandro zapella, Jodok Meier
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Cupsieger Maxi
17.10.2018 09:32registriert Dezember 2014
#absteiGER
5411
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ratchet
17.10.2018 09:54registriert Mai 2015
Witzelfer? Naja der Elfer für Deutschland war auch etwas glücklich und geschenkt. Deutschland hat es in der ersten Halbzeit verpasst, die Entscheidung zu machen. Dass sie nur durch einen Penalty treffen konnten, wiederspiegelt ihre Probleme.
417
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lai Nair
17.10.2018 09:50registriert Dezember 2016
Der Tiefe Fall von Löw hat schon längst begonnen und ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Es ist schon erschreckend, wir blind, oder ebenso unfähig wie der Trainer, die DFB Bosse sind.
337
Melden
Zum Kommentar
7
Wenn Gesten mehr sagen als Worte – Barcelona fühlt sich «betrogen»
Gestern Abend endete Barcelonas Champions-League-Reise im Viertelfinal gegen Paris Saint-Germain. Nach der emotionsgeladenen Partie (1:4) hadern die Barcelona-Akteure mit dem Schiedsrichter und wittern «Betrug».

Lange deutete alles darauf hin, als könne sich der FC Barcelona gegen Paris Saint-Germain für die Achtelfinalniederlage im Jahr 2021 revanchieren. In einem packenden Hinspiel gingen die Katalanen auswärts als Sieger vom Platz und stellten im Rückspiel im eigenen Stadion mit dem Führungstreffer durch Raphina in der 12. Minute früh die Weichen in Richtung Halbfinal.

Zur Story