Standig ovation in der #AFGArena für @moubandjef, der ein super erstes Spiel für die Schweiz ablieferte!! Bravo! #SUILTU @EuroQualifiers
— nationalteams_SFVASF (@SFV_ASF) 15. November 2014
Gleich hinter Johan Djorou läuft der Nati-Neuling auf den Rasen und reiht sich für die Nationalhymne brav in die Linie ein. Die Spieler demonstrieren Zusammenschluss und legen jeweils die Arme auf die Schultern der Teamkollegen. Mittendrin die neue (unbekannte) Nummer «3»: François Jacques Moubandje.
Der 24-Jährige ist zwar in Kamerun geboren und besitzt immer noch den Pass des zentralafrikanischen Staat, hat aber in der Romandie das Fussball-ABC gelernt und bei Servette den Durchbruch im Profifussball geschafft. Letztes Jahr warb ihn Toulouse aus der Ligue 1 ab und stattete ihn gleich mit einem 4-Jahresvertrag aus. Nach einem harzigen Start verdrängte er bei Saisonbeginn den Ex-YB-Spieler Dusan Veskovac aus der Startelf.
Schwierig gestaltete sich für ihn auch das Debüt gegen Litauen, wo er den verletzten Ricardo Rodriguez auf der linken Abwehrseite ersetzen darf. Nach gerademal 30 Sekunden lässt er sich von seinem Gegenspieler Arvydas Novikovas zweimal austanzen und muss den Litauer gefährlich in den Strafraum flanken lassen.
Trotz des Missgeschicks gestikuliert Moubandje kurz darauf schon mit den Armen und weist seine (neuen) Kollegen auf zu grosse Abstände zwischen den Reihen hin. Gegen die defensiv stehenden Litauer kommt Moubandje gleich zu vielen Ballkontakten. Noch gelingt nicht alles wie gewünscht. Vielleicht liegt es auch an der Umstellung zum Klub, wo er in einer Dreierkette agiert und so die Rollenverteilung doch etwas anders ist. «Es ist lange her, dass ich in einer Viererkette spielte», so Moubandje.
So reihen sich Fehlpass und Balleroberung fast alternierend ab, sein direkter Gegenspieler scheint zu allem Übel auch – zumindest mit dem Ball am Fuss – in der Startphase einer der stärksten Litauer zu sein, doch Moubandje kämpft mit vollem Einsatz und beginnt vermehrt Risiko auf sich zu nehmen und getraut sich auch weit in die Offensivzone hinein. Seine Spielweise – «ich bin ein Spieler, der es liebt vorwärts zu gehen» – blitzt immer mehr durch.
Trotzdem bleibt Moubandje bei Standardsituationen jeweils als letzter Mann hinten und sichert ab. Nach 23. Minuten sieht Moubandje als erster Akteur auf dem Platz die Gelbe Karte, nachdem er mit der Sohle voran in den Zweikampf geht und zeigt, dass die knallgelben Schuhe nicht nur zart den Ball streicheln, sondern auch zur Grätsche ansetzen können.
Als hätte die Verwarnung vom Schiedsrichter eine Signalwirkung, verlässt Moubandje mehr und mehr die spürbare Anfangsnervosität und sucht sein Heil noch mehr in der gegnerischen Platzhälfte. Es fällt auf, dass er keine Probleme hat mit der Ballannahme und wie so viele Linksfüsser seinen rechten Fuss nur zum Stehen benutzt. «Ich spiele viel häufiger den Ball mit dem linken Fuss. Wenn der Ball auf den rechten Fuss kommt, kann ich ihn aber auch dort brauchen», schmunzelt Moubandje. So viel vorneweg: Er wird bei insgesamt über 100 Ballkontakten kein einziges Mal den rechten Fuss benutzt haben.
Nach dem Pausentee dreht der 24-Jährige noch mehr auf und schlägt gute Flanken ins Zentrum, die dort jedoch keinen Abnehmer finden. Als Ablenkung streut Moubandje öfters mal einen Einwärtshaken ein, um nicht ausrechenbar zu sein. Ganz halt wie sein Vorbild Marcelo von Real Madrid («ich bewundere seine Art zu spielen»).
Die Zuschauer finden Gefallen an dem unbekannten «Neuzugang» und auf der Tribüne hört man nun öfters anstatt François Moubandje den Namen David Alaba, dem er tatsächlich nicht nur optisch zum Verwechseln ähnelt, sondern auch im gesamten Bewegungsablauf auf dem Platz. Moubandje nimmt die Huldigung locker und meint:« Es macht Freude dass mich die Zuschauer mit David Alaba vergleichen. Er spielt in einem grossen Klub.»
Nach einer Stunde gewinnt der 1,80 Meter grosse Moubandje dank seiner imponierenden Sprungkraft sogar ein Kopfballduell gegen den bulligen 1,90 Meter grossen Hünen Deivydas Matulevicius und erobert so die Herzen aller 17'300 Zuschauer, darunter der ehemalige Mainz-Trainer Thomas Tuchel.
Danach fallen auch endlich die Tore, nachdem zuvor reihenweise Möglichkeiten vergeben wurden. Beim 2:0 klatscht Moubandje freudig die Hände zusammen. Eine Viertelstunde vor Schluss findet nicht etwa ein schöner Aussenristpass – den er in gefühlten fünfzig Prozent aller Fälle einzusetzen scheint – Aufnahme ins Protokoll, sondern das ungeschickte Fallenlassen der Trinkflasche. Es ist gleichzeitig seine letzte Aktion im Spiel, denn Trainer Vladimkir Petkovic nimmt ihn danach raus. Reine Vorsichtsmassnahme, wie er im Nachhinein erklärt.
Von den Zuschauern in der AFG Arena wird François Moubandje für seine aufopfernde Leistung zurecht mit einer Standing Ovation verabschiedet: Unter den klatschenden Besuchern in St. Gallen sind auch sein Bruder und seine Schwestern. Ein glücklicher Moubandje hält fest, dass «es natürlich Freude macht, dass sie mich spielen und siegen haben sehen.»
François Moubandje zu seinem Debüt: «Natürlich gibt es immer Sachen zu verbessern, aber grundsätzlich bin ich zufrieden, weil wir gewonnen haben und es für die Schweiz ein sehr wichtiger Sieg war.» Er dankt allen Teamkollegen, die ihm dabei geholfen haben. Natürlich ist der Toulouse-Legionär nicht so vermessen, den Stammplatz von Rodriguez angreifen zu wollen, kündigt aber an: «Ich habe den Ehrgeiz, Fortschritte zu machen wollen.» Die Schweizer Nationalmannschaft braucht sich demnach jedenfalls auf der Linksverteidigerposition keine Sorgen zu machen.