1994 schied Tunesien beim Afrika-Cup im eigenen Land in der Gruppenphase aus. 23 Jahre später ereilt Gabun das gleiche Schicksal. Eine Blamage, obwohl dem Team die Qualität deutlich fehlt. Dazwischen erreichte der Gastgeber immer die K.o.-Runde – egal mit welchen Mitteln. Auch bei der aktuellen Ausgabe machten vor dem entscheidenden Spiel gestern Abend gegen Kamerun Gerüchte von Betrugsversuchen die Runde. Afrika-Cup-Kenner erzählten wissend: Hier wird jetzt alles versucht. Und zwar von ganz oben.
Ganz oben, da sitzt Ali Bongo Ondimba, der Präsident Gabuns. Für ihn ist – wie für viele Staatschef – der Afrika-Cup längst zum politischen Mittel und PR-Show verkommen. Mit einer starken Leistung der eigenen Mannschaft, wollte er seine Position stärken. Denn diese ist allerspätestens seit letztem September und der fragwürdigen Wiederwahl arg ins Wanken geraten.
Schon vor der ersten Wiederwahl des seit 2009 im Amt stehenden Bongos war klar: Das wird heiss. Expats wurde darum geraten, das Land rund um die Wahl zu verlassen. Betroffen davon war insbesondere Öl-Gigant Total, der in Port-Gentil den Wirtschaftsmotor ankurbelt. «Ich wurde für unbestimmte Zeit in die Ferien geschickt», berichtet Mitarbeiter Luc. Vielen seiner Arbeitskollegen sei es auch so ergangen. Nur noch ganz wenige Kollegen sorgten dafür, dass der Betrieb einigermassen funktionierte.
Hier gebliebene Einwohner berichten davon, dass das Internet rund um die Wahl massiv eingeschränkt wurde. Facebook und andere Kommunikationsdienste seien nicht mehr erreichbar gewesen. Die Regierung wollte das Organisieren von Kundgebungen und ähnlichen Aktionen gegen den Präsidenten erschweren.
Tatsächlich gab es rund um die Wahlen wüste Szenen. Insbesondere in Libreville gingen die Menschen auf die Strassen. Das Parlamentsgebäude wurde in Flammen gesetzt. Es gab Tote und Verletzte. Nach vier Wochen erhielt Luc Bescheid: Die Luft ist rein, die Wahlen und Nachbeben vorbei, kannst wieder arbeiten kommen.
Ali Bongo hielt sich im Amt. Angeblich dank dem Minimalvorsprung von 5000 Stimmen. Geschichten von Unregelmässigkeiten kamen schnell ans Licht. In allen Provinzen ausser Haut-Ogooué (Region von Franceville) gewann Oppositionskandidat Jean Ping. Doch in der Heimat Bongos seien 99,9 Prozent der Einwohner an die Urne gegangen. 95 Prozent von ihnen stimmten für den Machthaber. In anderen Gebieten betrug die Wahlbeteiligung im Schnitt 48 Prozent. Alleine aufgrund der schlechten Infrastruktur in Gabun ist eine Stimmbeteiligung von 99,9 Prozent eigentlich gar nicht möglich. Komisch auch: Die Auszählung in der Region dauerte auffällig lange.
Eine Nachzählung wird zwar gefordert, aber Bongo konnte dies bisher verhindern. Seit 1967 hält die Familie so die Macht des zentralafrikanischen Staates. Erst war es während 42 Jahren sein Vater Ali – kein Staatspräsident der Welt war je länger an der Macht – seit dessen Tod im Amt 2009 übernahm der Sohn.
Doch es brodelt in der Gesellschaft. Die Rückendeckung für den Afrika-Cup ist in den Krisenzeiten gering. Wieso Millionen für Fussball ausgeben, wenn es doch an Schulen, Wohnungen und Infrastruktur fehlt? Und die Arbeit für die Stadien wurde an Chinesen vergeben.
Als das Land 2012 die Kontinentalmeisterschaft gemeinsam mit Äquatorialguinea austrug, herrschte Euphorie. Man spürte überall, wie sich das Volk freute und hinter dem Team stand. Jetzt ist davon wenig übrig. Viele boykottieren die Mannschaft und gingen nicht ins Stadion. Es soll gar einige Reiche geben, die viele Tickets kaufen, diese dann aber vernichten, damit die Stadien leer bleiben und so dem Image Bongos schadet.
Beobachter fürchteten sich vor einem frühen Scheitern Gabuns. Weil dann könnte sich der Frust der Einwohner gegenüber dem Präsidenten und dem Turnier entladen. Noch immer hoffen einige, dass ein schlechter Afrika-Cup Bongo den Kopf kosten könnte. Die Hoffnung dürfte vergebens sein.