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Ich studiere am Undenkbaren herum: Braucht der Fussball auch Playoffs?

Der Zuercher lulian Filipescu, Nr. 25, zieht jubelnd davon, nachdem er in der Nachspielzeit den 1:2-Siegestreffer erzielt hat im Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Basel und ...
Dramatisch und legendär: In der 93. Minute wird der FCZ Meister in Basel.Bild: KEYSTONE

Ich studiere am Undenkbaren herum: Braucht der Fussball auch Playoffs?

Nie hätte ich einen Gedanken an diese absurde Möglichkeit verschwendet. Aber beim langweiligen Bayern-Kantersieg gegen Dortmund durchfährt mich ein Geistesblitz: Was, wenn es im Fussball auch Playoffs gäbe?
03.04.2018, 17:3804.04.2018, 10:26
Ralf Meile
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Ich wollte nie Playoffs im Fussball. Meister soll das Team werden, das ein ganzes Jahr lang das beste ist. Und nicht bloss während weniger Wochen im Frühling.

Aber was, wenn so viele Ligen keine spannende Schlussphase mehr kennen? Wenn die Meister schon mit dem Blühen der Osterglocken bekannt sind? Muss man da nicht etwas ändern, um die Attraktivität zu steigern? Soll der Fairness-Gedanken der Belohnung für den besten Klub einer ganzen Saison zugunsten von mehr Spannung geopfert werden? Braucht es einen anderen Modus?

Schönstes Fussball-Ereignis der letzten Jahre: Der sensationelle Meistertitel von Leicester City

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Leicester geht mit einem Meisterkater in die neue Woche: So feiert die Stadt ihre Helden
Eine Stadt feiert ihre Helden: Die Meisterparade für Leicester City am 16. Mai 2016.
quelle: x01095 / darren staples
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Zuschauer schauen Fussball, weil er Spannung verspricht

Die Profi-Klubs befinden sich im Clinch. Grundsätzlich geht es nur um eines: Darum, Geld zu verdienen. Beziehungsweise möglichst wenig davon zu verlieren. Darum werden Eckbälle und Einwechslungen im Stadion von einem Sponsor präsentiert, darum gibt es allerlei Fan-Artikel zu kaufen, darum werden in der Bundesliga neu auch am Montagabend einige Partien ausgetragen.

Aber die Klubs müssen auch darum kämpfen, dass ihnen die Fans nicht davon laufen. Zuschauer kommen immer noch in erster Linie wegen des Sports ins Stadion. Sie wollen mitfiebern, mitzittern, mitleiden, mitfeiern. Das geht nur, wenn es um etwas geht. Weshalb ein Spiel besuchen oder deshalb den TV einschalten, wenn eh schon alles entschieden ist?

Am Samstag habe ich nach einer Viertelstunde den vermeintlichen Bundesliga-Knüller Bayern München – Borussia Dortmund abgeschaltet, weil die Bayern einfach viel zu überlegen waren. Am Ende siegten sie mit 6:0 und wohl nur deshalb nicht noch höher, weil sie sich nach fünf Toren in der ersten Halbzeit für die Champions-League-Partie in Sevilla heute Abend schonten.

epa06639303 Dortmund's goalkeeper Roman Buerki (L) and Manuel Akanji react during the German Bundesliga soccer match between Bayern Munich and Borussia Dortmund in Munich, Germany, 31 March 2018. ...
Das war nix: Dortmunds Schweizer Nationalspieler Roman Bürki und Manuel Akanji nach der Klatsche in München.Bild: EPA

Status quo in der Schweiz

Im Abwägen zwischen Planungssicherheit und Attraktivität der Liga haben sich die Schweizer Klubs zuletzt für ersteres entschieden. Der Modus bleibt so, wie er ist. Möglicherweise hätten sie eine neue Variante gewählt, wenn die Abstimmung nicht ausgerechnet in dieser Saison erfolgt wäre, in welcher der FC Basel nicht so dominant ist. Dabei kann es sein, dass der Höhenflug von YB nur ein statistischer Ausreisser ist und die Basler schon nächste Saison zurückschlagen. Mal abgesehen von der historischen Dimension des sich anbahnenden Berner Erfolgs: Es dient keiner Liga, wenn der Leader dem Rest so weit entrückt ist.

Playoffs, wie sie der Eishockey-Sport kennt, könnten eine Möglichkeit sein, die Entscheidung um den Meistertitel wieder spannender zu gestalten. Eine Umverteilung des TV-Gelds – jeder erhält gleich viel, die Besten nicht mehr viel mehr als die anderen – wäre eine andere Variante.

Die nordamerikanische Major League Soccer kennt Playoffs seit ihrer Gründung 1996 und fährt damit hinsichtlich Spannung und Abwechslung gut. Von 22 Meisterschaften gingen nur sieben an den jeweiligen Qualifikationssieger.

Toronto FC captain Michael Bradley hoists the trophy as the team celebrates its win over the Seattle Sounders in the MLS Cup final in Toronto, Saturday, Dec. 9, 2017. (Nathan Denette/The Canadian Pres ...
2017 war eine Ausnahme: Mit Toronto wurde am Ende der Qualifikationssieger auch MLS-Champion.Bild: AP/The Canadian Press

Ein Modus mit Playoffs

In der Schweiz mit ihrer Zehner-Liga könnte der Modus so funktionieren:

  • 10 Teams spielen je drei Mal gegeneinander (27 Partien). Bis im Winter werden 18 Spiele ausgetragen. Die Teams auf den Rängen 1-5 werden für diese Leistung belohnt, indem sie im Frühling ein Heimspiel mehr als die anderen haben.
  • Die Teams auf den Rängen 1 bis 8 ermitteln in Playoffs mit Hin- und Rückspielen den Meister.
  • Die Teams auf den Rängen 9 und 10 machen in Hin- und Rückspiel den Letzten unter sich aus. Jener spielt in Hin- und Rückspiel gegen den Sieger der Challenge-League-Playoffs um die Zugehörigkeit zur Super League.

Die beiden Teams im Playoff-Final hätten noch 33 statt 36 Partien auszutragen. Wer früher scheitert, hat früher Sommerpause und so Zeit, um sich für die nächste Saison besser in Form zu bringen.

Was hältst du von Playoffs im Fussball?

Das ist nur ein Gedankenspiel. Eigentlich will ich immer noch nicht, dass in unseren Fussball-Ligen Playoffs eingeführt werden. Sie sind eine künstliche Massnahme dafür, Spannung zu erzeugen, wenn die Klubs so unterschiedlich stark sind. Aber dass ich Anfang April schon den Meister in der Schweiz, in Deutschland und in England kenne, will ich noch weniger. Ich will die 93. Minute, ich will die Schalker Meister der Herzen, ich will Agüeros Topf in der Nachspielzeit!

Also doch Playoffs, weil sie einfach viel mehr solcher Dramen versprechen?

Es droht noch viel mehr als die Einführung von Playoffs:

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Josip Drmic, Borussia Mönchengladbach: Trifft zum vierten Mal in dieser Saison, es ist der zwischenzeitliche Ausgleich beim 1:2 in Hamburg. Spielt durch.
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48 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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JKistus
03.04.2018 18:08registriert März 2017
Ich würde eher etwas im finanziellen Bereich ändern. Denn ausser in England gibt es mit wenigen Ausreissern seit Jahren Serien-Meister wenn nicht sogar Double-Gewinner. Hauptgrund aus meiner Sicht sind die z.T riesigen Vermögensunterschiede zwischen den Topteams. Man sieht es ja bei PSG. Keine Konkurrenz in Frankreich aber deshalb auch nicht erfolgreich in der CL.
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satyros
03.04.2018 18:36registriert August 2014
Weil es bei Bayern gegen Dortmund um nichts geht, will der Autor 27 Runden, bei denen es um nichts geht? Für Spannung in den letzten sechs Spielen drei Viertel einer Saison um die goldene Ananas spielen? Find ich nicht so durchdacht. Im Fussball gibt's übrigens bereits einen Cup. Wüsste nicht, wieso man nach Saisonende einen zweiten veranstalten sollte. Diese Saison gäbe es übrigens die folgenden Viertelfinals: YB-Lugano, Basel-Lausanne, St. Gallen-GC und Luzern-Zürich. Setzten sich die Favoriten durch, im Halbfinal YB-Luzern und Basel-St. Gallen. Reisst mich jetzt alles nicht so vom Hocker.
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grotesk
03.04.2018 17:59registriert Januar 2018
Ach so neu ist die Idee ("Geistesblitz") jetzt nicht, wie der Autor später einräumt. Man hätte vielleicht mehr Spannung im Frühling, dafür keine mehr im Herbst. Auch nicht unbedingt besser.
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