Entscheidend im temporeichen und hochstehenden Duell war eine Szene, die dem Spiel nicht gerecht wurde: Sie begann mit einem schlampigen, aber nicht komplett missglückten Rückpass von Corentin Tolisso und gipfelte in einer fatalen Slapstick-Einlage von Bayerns Goalie Sven Ulreich – dem ersten groben Fehler von Manuel Neuers Stellvertreter, seit Jupp Heynckes im Oktober das Zepter übernahm.
Ulreich realisierte wohl zu spät, dass er den Ball nicht in die Hand nehmen darf, rutschte dann aus und der Ball unter ihm durch. Karim Benzema, der auf etwas in dieser Art spekulierte, staubte ab zum 2:1, was in der Summe ein 4:2 bedeutete. 22 Sekunden waren zu diesem Zeitpunkt in der zweiten Halbzeit gespielt.
Mehr als das 2:2 durch James Rodriguez (63. Minute) lag für die Bayern nicht mehr drin. Einmal mehr agierte Real Madrid überaus abgebrüht, im Vergleich zu anderen Jahren war der Titelhalter und nunmehr 16-malige Finalist aber verwundbarer. So liessen die Spanier in den 180 Minuten gegen die Bayern diverse Chancen zu, die der deutsche Meister aber zu oft nicht nutzte.
Praktisch alle gängigen Statistiken sprachen nach Quantität gegen Real: Schüsse (9:20), Schüsse aufs Tor (3:8), Ballbesitz (44:56), Pässe (401:588). Besonders ärgerlich für die Bayern war, dass zusätzlich zu den vergebenen Möglichkeiten zwei kapitale Schnitzer ins Verderben führten – im Hinspiel war es Rafinhas Fehlpass als letzter Mann gewesen, nun Ulreichs Blackout. Kam hinzu, dass Schiedsrichter Cüneyt Cakir den Deutschen vor dem Pausenpfiff einen Handspenalty verwehrte. Marcelo war eine Flanke Kimmichs an der Strafraumgrenze an die Hand geprallt.
Begonnen hatte das Rückspiel im Madrider Bernabeu gut für die Gäste, die überraschend ohne Javi Martinez in der Startelf antraten. Bereits in der 3. Minute brachte Joshua Kimmich die Bayern wie schon im Hinspiel in Führung. Nach einer Flanke von Thomas Müller prallte der Ball unkontrolliert vor die Füsse des aufgerückten Aussenverteidigers, der aus fünf Metern einschoss.
Bayerns Führung hielt indes nicht lange. Nur acht Minuten später flankte Marcelo zu Benzema, der sich im entscheidenden Moment im Rücken von David Alaba freigelaufen hatte und unbedrängt einköpfeln konnte. Früh stand damit fest, dass es den Bayern zum 14. Mal in Folge auswärts in der Champions League nicht gelingen würde, ohne Gegentor zu bleiben. Allerdings lag das in diesem Fall auch am Gegner, der in der Königsklasse letztmals vor 42 Spielen zuhause kein Tor erzielte.
Mit den Treffern 54 und 55 avancierte der bei Real nicht mehr unumstrittene Franzose zum fünftbesten Champions-League-Torschützen. Cristiano Ronaldo, der auch im zweiten Bayern-Duell ohne eigenen Torerfolg blieb, löste derweil mit seinem 152. Champions-League-Match Xavi als Feldspieler mit den meisten absolvierten Partien ab. (ram/sda)
Real Madrid - Bayern München 2:2 (1:1. Hinspiel 2:1)
77'459 Zuschauer. - SR Cakir (TUR).
Tore: 3. Kimmich 0:1. 11. Benzema 1:1. 46. Benzema 2:1. 63. James Rodriguez 2:2.
Real Madrid: Navas; Lucas Vazquez, Varane, Ramos, Marcelo; Kroos, Kovacic (73. Casemiro), Modric, Asensio (88. Nacho); Benzema (72. Bale), Ronaldo.
Bayern München: Ulreich; Kimmich, Süle, Hummels, Alaba; Thiago Alcantara; Tolisso (74. Wagner), James Rodriguez (84. Martinez); Müller, Ribéry; Lewandowski.
Bemerkungen: Real Madrid ohne Carvajal und Isco (beide verletzt), Bayern München ohne Neuer, Boateng, Vidal, Robben und Coman (alle verletzt). Verwarnungen: 62. Modric (Foul), 65. Lucas Vazquez (Foul), 88. Varane (Spielverzögerung), 89. Casemiro (Foul). (sda)
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