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«Ich muss diese Entscheidung für Borussia und die Zukunft treffen» – Favre gibt in Gladbach überraschend den Rücktritt

Favre gibt den Rücktritt. 
Favre gibt den Rücktritt. 
Bild: Pixathlon

«Ich muss diese Entscheidung für Borussia und die Zukunft treffen» – Favre gibt in Gladbach überraschend den Rücktritt

Lucien Favre zieht sich per sofort zurück in Mönchengladbach. Der Trainer des Tabellenletzten reagiert damit auf den komplett missratenen Saisonstart mit fünf Niederlagen in Serie.
20.09.2015, 19:3220.09.2015, 21:57
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«Ich habe nicht mehr das Gefühl, der perfekte Trainer für Borussia Mönchengladbach zu sein.»
Lucien Favre über seinen Rücktritt.

Paukenschlag in Gladbach: Lucien Favre und Borussia Mönchengladbach gehen ab sofort getrennte Wege. Im Verlauf des Sonntags fanden mehrere Gespräche mit der Klubführung statt. Zunächst setzte der Verein alles daran, den Schweizer umzustimmen. Aber Favre hielt an seinem Entschluss fest.

Er glaube nicht mehr daran, den Umschwung schaffen zu können. Die Equipe brauche neue Impulse, so der Romand. «Ich habe nicht mehr das Gefühl, der perfekte Trainer für Borussia Mönchengladbach zu sein. Da muss ich ehrlich zu mir und meinen Partnern professionell sagen: Es geht um den Verein, um den Mythos Borussia! Ich muss diese Entscheidung für Borussia und die Zukunft treffen», erklärte Favre in einem persönlichen Statement.

Vier Jahre und sieben Monate war Favre bei Gladbach der Dirigent an der Seitenlinie.
Vier Jahre und sieben Monate war Favre bei Gladbach der Dirigent an der Seitenlinie.
Bild: EPA

Er sei lange genug im Geschäft, um zur Erkenntnis zu gelangen, «dass es jetzt an der Zeit ist und die beste Entscheidung für den Verein und die Mannschaft eine Veränderung herbeizuführen.»

Schlimmster Auftakt seit Bundesliga-Debüt

Vier Jahre und sieben Monate war der 57-jährige Westschweizer am Niederrhein tätig. Er führte den fünfmaligen Titelträger innerhalb von vier Saisons aus der Versenkung an die erweiterte deutsche Spitze und im letzten Frühling erstmals in der Vereinsgeschichte direkt in die Champions League.

Vom Jubelsturm über die beste Rückrunde - fünf Punkte vor Bayern München - seit den goldenen Siebzigerjahren ist nichts mehr zu spüren. Der schlimmste Auftakt zur Saison seit dem Debüt in der Bundesliga vor 50 Jahren überschattet alle, die Euphorie ist wie weggeblasen, im Borussia-Park herrscht Tristesse pur. Im Cup auf St. Pauli (4:1) deutete noch nichts auf den epochalen Absturz hin. Aber das 0:4 in Dortmund warf erste Fragen auf. Zwei vermeidbare 1:2-Niederlagen gegen Mainz und in Bremen vergrösserten die Negativdebatte. Und beim 0:3 gegen den HSV grassierte bereits panische Angst. Das 0:1 im Derby gegen Köln war der eine Fehltritt zu viel für Favre.

Die Niederlage im Derby gegen Köln war für Favre ein Fehltritt zuviel. 
Die Niederlage im Derby gegen Köln war für Favre ein Fehltritt zuviel. 
Bild: Schueler/freshfocus

Zurück bleibt ein Scherbenhaufen

Von der totalen Verunsicherung wurde auch der Chef-Stratege selber erfasst. Favre wog ab, zweifelte, stellte um, bemühte sich fast fieberhaft, aber ergebnislos um neue taktischen Lösungen. Die im Sommer auf zwei Schlüsselpositionen veränderte Equipe ist aus der Balance geraten. Besserung in absehbarer Zeit hielt der Westschweizer nun offenbar nicht mehr für möglich. Drei Tage vor dem nächsten Heimspiel gegen Augsburg und einen Woche vor dem womöglich kursweisenden Duell mit dem ebenso schlecht gestarteten VfB verliess er den Ort seiner wertvollsten Erfolge in Deutschland freiwillig.

Extremer geht's kaum: Favre hatte in der letzten Saison noch viel zu lachen. Er coachte Gladbach auf den dritten Tabellenplatz. 
Extremer geht's kaum: Favre hatte in der letzten Saison noch viel zu lachen. Er coachte Gladbach auf den dritten Tabellenplatz. 
Bild: Uwe Speck/freshfocus

Zurück bleibt ein Scherbenhaufen, der eigentlich so gar nicht zu einem Mann passt, der in über 70 Prozent seiner 153 Bundesliga-Einsätze mit Mönchengladbach nicht verloren hat und einen Vertreter der wirtschaftlichen Mittelklasse zu vier einstelligen Tabellenplätzen führte. Favres Abgang wird dem Klub womöglich erheblich zusetzen. Die Borussia plante langfristig mit dem Romand, der sich in Deutschland einen erstklassigen Ruf geschaffen hat.

Der «Fohlenflüsterer» («Zeit») erhielt zuletzt Lob von allen höheren Instanzen. «Favre stellte die Glaubwürdigkeit des Klubs wieder her», lobte Ottmar Hitzfeld in einem Interview mit der Sportinformation Anfang Jahr. Zum zweiten Mal wird ihm nun aber eine desaströse Startphase zum Verhängnis. Bei seiner ersten Station in Berlin sackte er von Position 4 aus direkt ans Ende der deutschen Klubskala - die Entlassung war unausweichlich. In Gladbach bestimmte hingegen Favre den Zeitpunkt der Trennung. (si/ndö)

Gladbach nimmt Stellung

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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iceman999
20.09.2015 20:20registriert Mai 2015
Hut ab vor diesem Mann. Echt ein Trainer mit Format.
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UncleHuwi
20.09.2015 21:22registriert Mai 2015
Respekt Herr Favre...sonst werden die Trainer immer beim kleinsten Misserfolg rausgeworfen. Dem ist er mit seiner Entscheidung und dem sofortigen Rücktritt zuvorgekommen. Kann ich nachvollziehen! Andererseits finde ich es sehr schade für Gladbach. Ein sympathischer Club. Es hat lange viel zusammengepasst und gut funktioniert. Ich wünsche Favre nur das beste...er wird keine Mühe haben einen neuen Arbeitgeber zu finden:) Good luck Lucien
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