Ja, spielen wir denn in der Champions League? Ludovic Magnin spielt den Erstaunten, als er sieht, wie viele Journalisten zum wöchentlichen Mediengespräch des FC Zürich erschienen sind. Doch ihm ist natürlich schon klar, dass es nicht die Affiche «FCZ gegen FCB» ist, die für den Aufmarsch sorgt, sondern einzig der Fall «Michael Frey».
Eine Dreiviertelstunde zuvor hatte der FC Zürich in einer Pressemitteilung darüber informiert, dass seine Nummer 9 den Klub nun doch verlassen werde. Was insofern eine Überraschung war, weil der FCZ eine Woche zuvor noch gemeldet hatte, der Transfer sei geplatzt, weil Fenerbahçe mehrere Deadlines habe verstreichen lassen und Frey deshalb definitiv beim Cupsieger bleibe
Natürlich hat man sich im Fussballgeschäft inzwischen daran gewöhnt, dass nur selten etwas definitiv ist und Beteuerungen von gestern heute nur noch Schall und Rauch sind. Weil Frey aber am letzten Wochenende beim Cupspiel in Basel gegen Concordia nicht im Aufgebot stand und zu Wochenbeginn vom Training suspendiert wurde, stellt sich schon die Frage, was hinter den Kulissen denn eigentlich abgelaufen ist.
Wir zeichnen nach: Fenerbahçe Istanbul zeigt Interesse an einer Verpflichtung von Frey und unterbreitet dem Spieler und dem FC Zürich eine Offerte. Frey ist von dieser angetan, der FCZ aber nicht und versucht, mit einem dezidierten «Nein» in der Öffentlichkeit den Preis in die Höhe zu treiben. Frey wiederum reagiert darauf mit Trotz und verweigert das Aufgebot für den Cupmatch. Was Magnin natürlich nicht tolerieren kann und den Spieler vom Training ausschliesst.
Der Poker des FCZ geht ebenso auf, wie Freys Streik Wirkung zeigt. Am Freitag meldet Präsident Ancillo Canepa: «Nachdem die Bedingungen nun für einen erfolgreichen Abschluss der Transferverhandlungen erfüllt worden sind, haben wir dem Wechsel zugestimmt.» Gemäss Transfermarkt.de beträgt die Ablösesumme gut drei Millionen Franken.
«Klar ist es bedauerlich, dass ich nun einen guten Stürmer verloren habe», sagt Magnin am Donnerstagmittag, schaut dabei aber nicht so in die Welt, als sei er todunglücklich. Schon im April waren er und Frey aneinandergeraten, hatte der Trainer den Spieler wegen eines Wortgefechts im Training für die Partie gegen YB suspendiert. Frey schoss danach zwar ein paar Tore, auch beim Cupsieg gegen YB eines, aber so richtig in Minne verlief die weitere Zusammenarbeit nicht mehr.
«Ich habe auch Dwamena nicht mehr mittrainieren lassen, als dieser vor einem Transfer stand», sagt Magnin. Er könne nur Spieler gebrauchen, die sich zu 100 Prozent mit dem FCZ identifizierten. «Ich bin enttäuscht vom Verhalten Freys. Er hat die Mannschaft im Stich gelassen.» Für den Trainer gibt es in einem solchen Fall nur zwei Möglichkeiten: Den Spieler verkaufen oder in die U21 verbannen. Der 39-Jährige räumt ein, dass er sich eine gemeinsame Zukunft mit Frey nicht mehr hätte vorstellen können.
Thomas Bickel, Leiter Sport beim Stadtklub, möchte den Fall nicht zu hoch hängen: «Ich sehe es nüchtern und emotionslos. Der FC Zürich hat erreicht, was er wollte.» Bickel kann nichts mit der Spekulation anfangen, Frey habe eine Ausstiegsklausel im Vertrag gehabt: «Der FCZ macht keine solchen Verträge.» Und er kann auch der Behauptung nicht folgen, Frey habe sich, wie Dembélé und Aubameyang bei Borussia Dortmund, den Transfer erstreikt. «Der FCZ lässt sich nicht erpressen», sagt Bickel. «Spielerverkäufe sind Teil unserer Strategie.»
Fakt ist: 72 Stunden vor dem Spiel gegen den FC Basel steht der FCZ nach den Abgängen von Dwamena und Frey nur noch mit einem Stürmer da: Mit dem 20-jährigen Stephen Odey. «Für ein bis zwei Spiele kann ich damit leben», sagt Magnin, «aber dann brauchen wir natürlich schnell einen Knipser». Er vertraut Bickel, dass dieser es schafft, bis zum Transferschluss am 31.August einen guten Stürmer zu verpflichten. Bickel sagt: «Wir sind dran. Ich bin optimistisch, dass es klappt.»
Magnin betrachtet das Spiel gegen den FCB auch ohne Dwamena und Frey als guten Test, «um zu sehen, wie weit wir sind». Er hofft, dass endlich mehr Konstanz in die Leistungen seiner Mannschaft kommt.
Und Frey? Der 24-Jährige soll nach Bestehen der medizinischen Tests von Fenerbahçe einen Vierjahresvertrag erhalten und dürfte sein FCZ-Salär von einer halben Million Franken verdoppeln. Wenigstens auf dem Papier. Denn ob der gewaltig verschuldete Klub die Löhne bezahlen kann, ist fraglich. Zumal die Qualifikation zur Champions League verpasst wurde und Fenerbahçe nur in der Europa League spielt