So einen Saisonstart hatten ihm nur wenige zugetraut: Am 29. Juli 2015 steht Dimitri Oberlin in der Champions-League-Qualifikation gegen Malmö zum ersten Mal in der Startformation von Red Bull Salzburg. 2:0 gewinnen die Österreicher gegen die Südschweden, Oberlin wird in der 63. Minute ausgewechselt.
Oberlins Darbietung scheint seinem Coach gefallen zu haben: Vergangenes Wochenende kommt der Schweizer auch in der Liga zum Einsatz. Trainer Peter Zeidler wechselt den 17-Jährigen zur Halbzeit ein. Rund 20 Minuten später markiert er prompt sein erstes Pflichtspieltor.
«Der Anschlusstreffer ist gelungen! Ulmer mit einem Stanglpass zur Mitte und dort steht Oberlin genau richtig und trifft zum 1:2», heisst es im Liveticker von Red Bull. Und wenn du dich jetzt fragst, was denn bitte sehr ein «Stanglpass» ist, hier das Video von Oberlins Tor gegen Rapid Wien.
Für Dimitri Oberlin sind diese Erfahrungen, welche er in der obersten österreichischen Liga macht neu: Bei seinem vorherigen Arbeitgeber, dem FC Zürich, durfte er vergangene Saison nämlich keine einzige Minute Super-League-Luft schnuppern. Spieler wie Yassine Chikhaoui, Mario Gavranovic oder Amine Chermiti standen dem Talent vor der Sonne. Hätte man ihnen einen Teenager vor die Nase gesetzt, sie hätten die Welt nicht mehr verstanden. Als dann diesen Sommer Red Bull Salzburg anklopfte, konnte der in Kamerun geborene Stürmer der Versuchung nicht widerstehen und wagte den Sprung ins Ausland.
Doch spätestens jetzt wäre man im Letzigrund um die Dienste des Oberlins noch so froh: Nach den Abgängen von Chikhaoui, Franck Etoundi, Avi Rikan und mehreren verletzungsbedingten Ausfällen ist die Personaldecke bei den Zürchern ziemlich dünn. Leandro Di Gregorio, Aldin Turkes, Marvin Graf, Anto Grgic, Kevin Bua und Maxime Dominguez: Auf der Zürcher Ersatzbank tummelten sich beim Derby von vergangenem Sonntag lauter Nobodys.
Doch ein Talent mit dem Format eines Oberlins ohne Pflichtspieleinsätze bei Stange zu halten, ist nicht ganz einfach. Vereine wie Red Bull Salzburg sind nicht nur hoch professionell organisiert, sie haben auch die notwendigen finanziellen Mittel, um unzufriedene Talente zu ködern. Rund zwei Millionen Euro soll die Ablösesumme betragen haben. Der Lohn des Youngsters dürfte bei den Österreichern ungleich höher sein als beim FCZ.
«Die Infrastruktur und die Mechanismen hier sind enorm – mit Zürich ist das nicht vergleichbar», sagte Oberlin kürzlich gegenüber redbull.com. Das Umfeld stimmt. Hier kann sich der junge Spieler ausgezeichnet weiterentwickeln. Dass Red Bull Salzburg nach zwei Spieltagen noch null Punkte hat, trübt die Aussichten nur wenig.
Für den FCZ-Fan mag sich dies anfühlen wie ein Stich ins Herz. Für die Fussball-Schweiz könnte sich Oberlins Transfer in die Mozart-Stadt jedoch als Glücksfall erweisen. Kommt er bei Salzburg tatsächlich regelmässig zum Einsatz und kann sich festbeissen, dürfte er langfristig auch für die Schweizer Nati ein Thema werden. Oberlin ist zwar schweiz-kamerunischer Doppelbürger, spricht sich aber klar für die Schweiz aus: «Falls ich mich entscheiden müsste, ist der Fall klar: Ich würde für die Schweizer Nati auflaufen.»
Seit Oberlin 14 Jahre alt ist, trägt er in den Junioren-Nationalteams das Schweizer Kreuz auf der Brust. In 21 Spielen hat er bereits elf Tore erzielt. Es lohnt sich also in den kommenden Wochen und Monaten ausnahmsweise das Augenmerk auf den österreichischen Fussball und Red Bull Salzburg zu legen. (cma)