Am Montag ist Luca Hollenstein mit dem U20-Nationalteam aus Kanada zurückkehrt. Gestern stand er in Zug erstmals im neuen Jahr auf dem Eis. Der 18-jährige Torhüter trainierte mit der National-League-Mannschaft, weil das Farmteam am Vortag ein Spiel bestritten hatte. Noch spürt der Bündner den Jetlag, seine Nächte sind unruhig. Vielleicht liegt das auch an den aufwühlenden Wochen, die er an der WM erlebt hat. Mit dem Nationalteam schaffte er es in den Halbfinal, wo die Schweiz an Finnland scheiterte. Es war erst das vierte Mal, dass sie so weit gekommen ist. Am Ende resultierte Rang 4.
Hollenstein (1,78 m, 77 Kilo), der die vierte Saison im Zuger Nachwuchs bestreitet, hat erheblichen Anteil an diesem Erfolg. Er feierte zwei Shutouts in fünf Spielen und kam in den ersten drei Einsätzen auf die unglaubliche Fangquote von 97,35 Prozent. Das Talent wird bereits mit Stanley-Cup-Sieger David Aebischer verglichen, der 1998 die bisher einzige Schweizer U20-WM-Medaille gewann (Bronze).
Luca Hollenstein, haben Sie an der WM in Kanada die Schweizer Medien verfolgt?
Klar liest man den einen oder anderen Artikel. Es ist schön, wenn positiv über unser Nationalteam berichtet wird.
Dann wird Ihnen nicht entgangen sein, dass die Reaktionen auf Ihre Leistungen fast überschwänglich ausfielen.
Ja, ich habe das registriert. Aber ich versuchte, mich auf das Eishockey zu konzentrieren.
Wie ist es, plötzlich im Rampenlicht zu stehen?
Dank des Erfolgs war es ein tolles Gefühl. Manchmal kamen über 10'000 Fans zu den Spielen, viele wollten Autogramme. Das ist für einen Schweizer Junior nicht alltäglich. Ich habe auch etliche Textnachrichten erhalten. Aber man darf sich davon nicht beeinflussen lassen, man muss jeden Tag seine Leistung bestätigen.
Eigentlich war erwartet worden, dass Akira Schmid (18) als Nummer 1 das Turnier bestreitet. Waren Sie auch überrascht, dass Trainer Christian Wohlwend Ihnen den Vorzug gab?
An mehreren Turnieren ist es mir vorgängig gut gelaufen. In Vancouver hatte ich das Glück, dass ich die WM gegen Tschechien beginnen und gleich auch überzeugen konnte. In der Gruppenphase haben Akira und ich je zwei Spiele bestritten. Danach hat sich der Coaching-Staff für mich entschieden, was natürlich cool war.
Die Schweiz verpasste die zweite WM-Medaille nach 1998 knapp. Was überwiegt: Die Freude über das geglückte Turnier oder die Enttäuschung, auf der Zielgeraden gestoppt worden zu sein?
Wenn man einen Halbfinal und ein Spiel um Bronze verliert, ist im ersten Moment der Frust gross. Aber mit etwas Abstand kann ich sagen, dass die Freude überwiegt. So erfolgreich war seit 2010 kein Schweizer U20-Nationalteam mehr. Darauf bin ich stolz.
Als dritter Goalie stand auch Gianluca Zaetta (19) im Kader, Ihr Teamkollege in der EVZ Academy. Sehen Sie ihn als Konkurrenten?
Ich verstehe mich sowohl mit Gianluca als auch mit Akira sehr gut. Logisch herrscht Konkurrenzkampf auf dem Eis, aber daneben sind wir Kollegen. Ich habe keinen Neid gespürt. Stattdessen pushen wir uns gegenseitig.
Tobias Stephan und Sandro Aeschlimann, die Torhüter im National-League-Team, verlassen Zug. Ab Herbst winkt Ihnen die Chance, als Nummer 2 von Ihrem Vorbild, Neuzugang Leonardo Genoni, zu lernen. Es gibt schlechtere Perspektiven.
Ich freue mich auf die nächste Saison. Wenn ich die Chance erhalte, will ich sie packen. Als Bündner habe ich mit meinen Eltern manchmal die Heimspiele des HC Davos besucht, damals stand dort noch Genoni im Tor. Er ist wie ich nicht der grösste Goalie (1,82 m, Anm. d. Red.), aber er macht dieses Handicap mit seiner Technik wett. Das ist beeindruckend, es spornt mich an.
Wie viele junge Hockeyspieler träumen Sie von der NHL. Mit den starken WM-Auftritten dürften Ihre Draft-Chancen steigen. Beschäftigt Sie das?
Ich hätte sicher nichts dagegen, wenn ich gedraftet würde. (lacht) Aber es bringt nichts, viel darüber nachzudenken. Jetzt liegt der Fokus auf der EVZ Academy.
Damit kehrt wieder der Alltag in der beschaulichen Swiss League ein, Sie kämpfen mit der Academy um ein Playoff-Ticket. Wie schwierig ist es, sich nach den grossen Momenten in Übersee auf die Arbeit im Klub zu fokussieren?
Es braucht ein paar Tage, bis man sich wieder an das grössere Eisfeld gewöhnt hat. Und klar wollten die Teamkollegen wissen, was ich an der WM erlebt habe. Aber eigentlich ist es schon wieder so wie immer. Wir haben mit der EVZ Academy noch viel vor.