Sport
Interview

«Manche sollten von den nordirischen Fans lernen»: Petkovic über die Pfiffe

Interview

«Manche sollten von den nordirischen Fans lernen»: Petkovic über die Pfiffe 

Vladimir Petkovic ist ein zufriedener Schweizer Trainer, kritisiert aber die Pfiffe gegen seinen Stürmer Haris Seferovic.
13.11.2017, 06:3913.11.2017, 12:29
Markus Brütsch / Nordwestschweiz
Mehr «Sport»

Die sichtbaren Emotionen waren spät gekommen beim Nationalcoach. Lange Zeit war er fast stoisch in seiner Coachingzone gestanden, die Hände in den Taschen seines dunklen Regenmantels vergraben. Doch als es in der Schlussphase noch immer 0:0 stand und ein Tor der Nordiren die Verlängerung bedeutet hätte, da wurde Petkovic immer aktiver.

Jetzt auf

Und als er das Gefühl hatte, sein Team brauche mehr Unterstützung durch das Publikum, drehte er sich um und forderte die Fans mit energischen Gesten dazu auf, mehr Gas zu geben.Als dann unmittelbar vor dem Ende Ricardo Rodriguez auf der Linie rettete, war es Vladimir Petkovic förmlich anzusehen, wie er litt.

Dann pfiff der Schiedsrichter ab, das 0:0 reichte für die WM-Qualifikation. Petkovic ballte die Fäuste, umarmte seinen Assistenten Antonio Manicone und dann die anderen Staffmitglieder, ehe er in einer Traube jubelnder Schweizer Spieler verschwand. Zwanzig Minuten später schilderte er den Medien, wie er den Abend erlebt hatte.

Switzerland manager Vladimir Petkovic applauds during the World Cup qualifying play-off first leg soccer match between Northern Ireland and Switzerland at Windsor Park in Belfast, Northern Ireland, Th ...
Nationaltrainer Vladimir PetkovicBild: AP/PA

Wie kaputt sind Sie?
Vladimir Petkovic: Kaputt? Nein, kaputt bin ich nicht. Ich musste ja nicht so viel laufen auf diesem tiefen Terrain.

Aber viel leiden. Wie haben Sie den Moment erlebt, als Ricardo Rodriguez auf der Linie das 0:0 rettete?
Ricardo ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Er hat gegen Nordirland zwei gute Spiele gemacht. Aber er spielt ja nicht umsonst bei der AC Milan. Zuvor hatten wir im Spiel viele gute Chancen.

Weshalb liess sich die Schweiz in der zweiten Halbzeit so sehr zurückdrängen?
Nordirland hat begonnen, Druck zu machen und lange Bälle zu spielen. Vielleicht hat uns etwas die Kraft gefehlt, die mentale Kraft. Ich gratuliere aber den Nordiren für die Leistung in den beiden Spielen. Eine korrekte, professionelle Leistung. Viele haben nach dem 1:0 in Belfast gedacht, es werde einfach in Basel. Ich habe aber immer vor diesem Gegner gewarnt.

Was bedeutet Ihnen diese WM- Qualifikation?
Wir haben zehn von zwölf Spielen gewonnen und einmal Unentschieden gespielt. Das ist eine fantastische Bilanz. Es ist eine Bestätigung für unsere Entwicklung. Ich bin sehr zufrieden mit meinen Jungs. Damit, was sie geleistet haben. Nicht nur jetzt, sondern in einem langen Prozess. Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft und die Spieler.

Nennen Sie zwei oder drei Eigenschaften dieser Equipe?
Sie hat einen angeborenen Kampfgeist und den Willen, bis ans Letzte zu gehen. Ich hoffe, sie kann dies beibehalten und bleibt so hungrig. Immer besser sein zu wollen, als der Gegner. Immer zu versuchen, den Gegner zu dominieren. Aber natürlich kann sie sich noch verbessern.

Wo vor allem?
Zum Beispiel, in verschiedenen Systemen zu spielen und konkreter zu werden; nicht nur vor dem Tor.

Beschreiben Sie Ihre Gefühle.
Es ist ein Highlight, wieder an eine Weltmeisterschaft zu reisen. Schon ab morgen werden wir intensiv beginnen, organisatorisch in Richtung Russland zu gucken.

Nach dem Spiel sahen wir einen traurigen Haris Seferovic auf dem Rasen mit Tränen in den Augen. Was sagen Sie dazu?
Da muss ich nicht viele Worte verlieren. Schade. Manche sollten von den nordirischen Fans lernen, die immer hinter ihrem Team standen. Auch, als es nicht so lief in Belfast. Auch wir hatten unsere Fans hinter uns, ich wünsche mir aber, dies wäre während 90 Minuten so.

Switzerland's forward Haris Seferovic reacts after a missed chance to score, during the 2018 Fifa World Cup play-offs second leg soccer match Switzerland against Northern Ireland at the St. Jakob ...
Seferovic nach einer verpassten Chance.Bild: KEYSTONE

Was wünschen Sie sich bei der WM-Gruppenauslosung am 1. Dezember?
Dass wir nicht gegen Europäer spielen müssen. Das haben wir jetzt genug getan. Aber klar, es sind alle Teams stark, die sich qualifiziert haben. Ich finde sowieso, man sollte nicht über eine Auslosung spekulieren, sondern einfach akzeptieren, was dabei herauskommt.

Die Schweiz ist zum vierten Mal in Folge bei einer WM.
Das ist nicht selbstverständlich. Wir wollen in Russland kompetitiv sein und so weit wie möglich kommen. Jetzt ist es vor allem wichtig, dass wir es geschafft und ein breites Kader haben. Wir haben nun sechs Monate Zeit, etwas aufbauen. Es wird ein sehr harter Konkurrenzkampf.

Was wollen Sie in Russland erreichen?
Etwas, was im Moment unmöglich erscheint. Das grösstmögliche Ziel. Einen Viertelfinal? Einen Halbfinal? Eine Limite setzen wir uns nicht. 

Der schnellste Mensch der Welt

Video: srf/SDA SRF
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
25 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
ChlyklassSFI // FCK NZS
13.11.2017 09:42registriert Juli 2017
Die Haltung von Petkovic gefällt mir. Man muss eben an sich glauben.
393
Melden
Zum Kommentar
25
Lionel Messi sieht das Ende seiner Karriere nahen – das sagt er dazu
Lionel Messi hat in seiner Karriere viel erreicht. In wenigen Monaten feiert der Weltmeister seinen 37. Geburtstag. Rückt nun das Ende näher?

Der argentinische Fussballstar Lionel Messi macht sein Karriereende nicht von einem bestimmten Alter abhängig. «Es wird der Moment sein, in dem ich merke, dass ich meine Leistung nicht mehr bringe, dass ich keinen Spass mehr habe, dass ich meinen Mitspielern nicht mehr helfen kann», sagte der Weltmeister in einer Folge des saudi-arabischen Podcasts «Big Time».

Zur Story