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Warum unser Eishockey besser ist als unser Fussball

Im Eishockey kann die Schweize auch mal in K.o.-Spielen jubeln – im Gegensatz zum Fussball.
Im Eishockey kann die Schweize auch mal in K.o.-Spielen jubeln – im Gegensatz zum Fussball.
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Warum unser Eishockey international inzwischen besser ist als der Fussball

Das WM-Abenteuer ist bereits in der ersten K.o.-Runde zu Ende. Wie immer. Die Eishockey-Nationalmannschaft ist besser. Weil die Fussballer nach wie vor offensive Hinterbänkler sind. Eine Polemik.
04.07.2018, 09:27
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Hinkt ein Vergleich zwischen einer Fussball- und Eishockey-WM? Auf den ersten Blick ja. Weil Fussball ein globaler Sport ist. Im Eishockey ist die Weltklasse hingegen auf weniger als zehn Länder auf der nördlichen Halbkugel beschränkt.

Auf den zweiten Blick macht ein Vergleich hingegen Sinn. Denn am Ende, wenn die Titanen unter sich sind, ist es im Eishockey gleich schwierig wie im Fussball, bei einem Titelturnier weiterzukommen. Ja, die Hierarchie ist im internationalen Eishockey eher noch schwieriger zu knacken als im Fussball. Eishockey und Fussball haben bis heute gleich viele verschiedene Weltmeister – acht.

Alle Eishockey-Weltmeister

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Diese Nationen wurden schon Eishockey-Weltmeister
Kanada: 28 × Gold, 15 × Silber, 9 × Bronze; zuletzt Weltmeister: 2023.
quelle: keystone / pavel golovkin
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Alle Fussball-Weltmeister

1 / 24
Alle Fussball-Weltmeister
2022 in Katar: ARGENTINIEN – Frankreich 4:2 n. P.
quelle: keystone / manu fernandez
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Die Schweiz hat an einer Fussball-WM erst ein einziges Mal eine K.o.-Runde überstanden. 1938 in Frankreich das Achtelfinale gegen Deutschland. Über das Viertelfinale sind wir noch nie hinausgekommen. Am nächsten kamen wir der Sensation 1954. Nach einer 3:0-Führung ging das Viertelfinale gegen Österreich 5:7 verloren.

Beschränken wir uns beim Vergleich zwischen Eishockey und Fussball auf die neue Zeit. Auf das 21.Jahrhundert. Im Eishockey sind die Schweizer lange Zeit bei der WM so in der ersten K.o.-Runde (im Viertelfinale) hängen geblieben wie im Fussball (im Achtelfinale). Erst 2013 gelang der Durchbruch mit dem Vorrücken ins Finale (1:5 gegen Schweden) und 2018 die Bestätigung mit der Finalniederlage wiederum gegen Schweden (2:3 n.P.).

Warum sind wir im Eishockey weiter? Ganz einfach: weil wir inzwischen Offensivspieler haben, die sich auf höchstem internationalen Niveau durchsetzen können.

Unser Fussball steht heute international dort, wo wir im Eishockey unter Ralph Krueger (1997 bis 2010) standen: gut genug, um die international mittelmässigen Gegner zu besiegen und uns für die Titelturniere regelmässig zu qualifizieren – was bereits eine grandiose Leistung ist. Gut genug auch, um jeden Titanen herauszufordern und in jedem Spiel eine Chance zu haben. Aber nicht gut genug, um einen Titanen zu besiegen, wenn es wirklich zählt. Wenn es bei einem Titelturnier in einem einzigen Spiel um alles oder nichts geht.

epa06861304 Xherdan Shaqiri of Switzerland reacts during the FIFA World Cup 2018 round of 16 soccer match between Sweden and Switzerland in St.Petersburg, Russia, 03 July 2018.

(RESTRICTIONS APPLY: ...
Konnte sich gegen Schweden nicht in Szene setzten: Xherdan Shaqiri.Bild: EPA/EPA

Diese These personifiziert Xherdan Shaqiri, der populärste Offensivkünstler. Ein Schillerfalter, dessen Flügel brechen, wenn es ums Eingemachte geht. Er hat sich international noch nie durchgesetzt.

Wenn wir es gnadenlos auf den Punkt bringen wollen: unsere Nationalspieler sind auf der grossen Weltbühne in der Mehrzahl fleissige, tüchtige Mitläufer zwischen Ersatzbank und Stammplatz. Einige sind defensiv durchaus weltklassetauglich. Aber wir haben keinen Star, der in einer der grossen Ligen der Welt eine offensiv dominierende Rolle spielt.

Genau so war es über Jahre im Eishockey. Torhüter und Verteidiger hatten sich auf höchstem Niveau (in der NHL) behauptet. Das reichte, um die mittelmässige Konkurrenz meistens zu besiegen und die Gruppenphase zu überstehen und die Titanen herauszufordern. Aber es reichte nie, um bei einem Titelturnier über die erste Runde hinauszukommen.

Diese Schweizer spielten 2017/18 in der NHL und AHL

Die Wende haben erst jene Spieler gebracht, die sich in der wichtigsten Liga der Welt (in der NHL) offensiv durchgesetzt haben: Erst Roman Josi (einer der besten Offensiv-Verteidiger der Welt) und Nino Niederreiter, inzwischen auch Sven Andrighetto, Timo Meier oder Kevin Fiala. Nico Hischier, der beste von allen, ist noch gar nie an einer WM aufgetreten.

Unser Fussball hat nach wie vor keine Antwort auf Roman Josi, Nino Niederreiter, Sven Andrighetto, Timo Meier, Kevin Fiala oder Nico Hischier.

Im Eishockey ist uns die offensive Revolution in den letzten fünf Jahren gelungen. Im Fussball noch nicht. Deshalb ist unsere Eishockey-Nationalmannschaft international erfolgreicher und besser als die «Fussball-Nati».

Wenn Laien versuchen, Fussball-Begriffe zu erklären ...

Video: watson/Angelina Graf

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89 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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pejot
04.07.2018 09:55registriert Juli 2018
Danke, Klaus Zaugg, dem kann ich nur zustimmen... Ergänzend favorisiere ich das Hockey, weil jeder Spieler mit eiserner Konsequenz und bis aufs Äusserste sich auf das SPIEL konzentriert - meistens jeden Fall! Kein Theater, kein "er hat mich berührt, *weindoch*, keine 8fach-Rollen übers Spielfeld - das geht mir fürchtlich auf den Sack! Und noch schlimmer: die Jungen übernehmen das getue 1 zu 1!! Mir tun die Junioren Fussball-Trainer jetzt schon leid - die brauchen wieder MONATE von den Kids weg zu bringen...
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Ehrenmann
04.07.2018 09:46registriert Januar 2018
Da bin ich 100% einverstanden, jedoch war dies nicht das Problem der gestrigen Niederlage...

Für mich gibt es aber noch einen weiteren Punkt. Im Eishockey reisst sich jeder Spieler in jedem Spiel seinen a**** auf und gibt alles für das Rote Trikot. Beim Fussball....
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Raem
04.07.2018 11:33registriert Mai 2017
Ich finde auch, dass sich der Fussball mal am Eishockey orientieren sollte. Es ist aus meiner Sicht ja nicht nur ein „Schweizer“ Problem sondern generell läuft sich der Fussball so zu Tode. Überbezahlte, egozentrische Spieler, die das konservative und „problematische“ Regelwerk gnadenlos ausnützen und mit unfairen Mätzchen Vorteile und Siege erringen.
Belohnt wird wer defensiv und destruktiv spielt und einen Penalty herausholt. Das muss man sich dann 90 und je nach dem 120 Minuten anschauen. Andere Mannschafts-Sportarten haben die Regeln und Strafen so angepasst, um offensives Spielen zu fördern.
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