«You'll Never Walk Alone» ist das Klubmotto des FC Liverpool, «Du wirst niemals alleine gehen». Das Lied singen sie im Anfield-Stadion vor jedem Spiel. Und sie sangen es gestern auch nach dem glorreichen Einzug der «Reds» in den Champions-League-Final.
«Wir hätten da doch noch einen gefunden, der alleine geht», teilte der FC Barcelona vor dem Rückspiel mit und postete ein Bild von Lionel Messi.
😉 We've found one person who does walk alone
— FC Barcelona (@FCBarcelona) 6. Mai 2019
🐐 #Messi
🔵🔴 #LFCBarça #ForçaBarça pic.twitter.com/EzSJuBezZt
Schon das Buch der Bücher wusste: Hochmut kommt vor dem Fall. Selbst wenn der Hochmut mit einem augenzwinkernden Emoji abgeschwächt wird. Messi war tatsächlich einsam und allein. Aber er ging am Ende nicht wie ein König vom Feld, er stahl sich wie ein verprügelter Strassenköter davon.
Armer Leo! Gestern muss er sich vorgekommen sein, als würde er mit Argentinien wieder einmal vergeblich versuchen, einen Titel zu gewinnen. Auch im Nationalteam liegt die ganze Hoffnung auf seinen Schultern. Aber viel zu oft lassen die Teamkollegen ihren bald 32-jährigen Star hängen.
Lionel Messi ist aktuell der wohl beste Fussballer der Welt. Darin war man sich nach dem Hinspiel und seinem phänomenalen Freistosstreffer weitgehend einig und daran ändert nun auch eine einzige Partie wie dieses Rückspiel nichts. Messi kann im Alleingang Spiele entscheiden, er hat das über Jahre bewiesen. Aber gegen eine der momentan weltbesten Mannschaften – obwohl durch die Ausfälle von Mohamed Salah, Roberto Firmino und Naby Keita erheblich geschwächt – reicht ein Messi allein eben nicht.
Liverpool had their game plan perfected last night. Stop Messi and Barcelona will not function.
— Mr. Cardinal™ ♒ (@007Cardinal) 8. Mai 2019
I never saw that scoreline coming, not in my wildest imaginations! 😅😂🤣#LIVBAR pic.twitter.com/gEo0SIe4YT
Wenn das eine Team so leidenschaftlich kämpft und rennt wie Liverpool und wenn das andere Team mit der Einstellung auf den Platz geht, dass man das Ding unmöglich noch versemmeln kann, dann kann so ein rauschender 4:0-Heimsieg dabei herauskommen. Die grosse Ära des FC Barcelona wurde schon oft tot geschrieben – jetzt ist sie es vielleicht wirklich, trotz des vierten Meistertitels in fünf Jahren.
Stand Weltmeister Gerard Piqué auf dem Feld? Hat Ivan Rakitic gespielt? Wer ist Clément Lenglet? Lähmte die Magie von Anfield etwa die Ex-Liverpooler Philippe Coutinho und Luis Suarez? Man hatte das Gefühl, die Kampfmaschine Arturo Vidal sei Barcelonas einziger Spieler, der sich gegen das drohende Ausscheiden wehrt. Da nützt dann auch ein Weltklasse-Keeper wie Marc-André ter Stegen nichts mehr.
Everything is possible at Anfield #LIVBAR #Messi 😍🤣🤩 pic.twitter.com/Mv8iY8rRr4
— R Karthikeyan (@Karthi01024950) 8. Mai 2019
Natürlich, Barça hatte auch seine Chancen, vor allem als es erst 0:1 stand aus Sicht der Katalanen. Doch sie waren selten und Liverpool hat mit Allison Becker ebenfalls einen Goalie von Weltformat zwischen den Pfosten. Nach dem 0:3 und nach dem 0:4 kam fast keine Reaktion Barcelonas. Wie gelähmt nahm die «Blaugrana» zur Kenntnis, dass sie ein Jahr nach dem Viertelfinal-Out gegen Roma (0:3 nach 4:1-Sieg im Hinspiel) wieder blamabel scheitern wird.
Was vergessen geht: Liverpool war schon im Hinspiel nicht um drei Tore schlechter. Jener Partie im Camp Nou hätte ein Unentschieden oder ein Sieg Barcelonas mit einem Tor Unterschied mehr entsprochen. Insofern ist das Weiterkommen aufgrund des Verlaufs des Duells über 180 Minuten ganz sicher wundersam – vor allem ist es aber auch verdient. Barcelonas Leistung war schon im Hinspiel nicht überragend, da war es vor allem Messi, der für die Drei-Tore-Differenz sorgte.
Dass Barcelona seinen Superstar hängen liess, könnte man auch in die Szene interpretieren, die sich nach dem Abpfiff ereignete. Der Car soll nämlich ohne seinen Superstar abgefahren sein, der immer noch in den Katakomben weilte. Messi, der keine Lust hatte, mit Journalisten zu reden, musste noch eine Dopingprobe abgeben. Er wurde später an den Flughafen gefahren.
La cara de Leo Messi al pasar por la zona mixta de Anfield. @ellarguero pic.twitter.com/NVrz8DG8Zm
— Adrià Albets (@AdriaAlbets) 7. Mai 2019
Die Statistik-Seite «Who scored» weist für Messi die beste Bewertung aller Barcelona-Spieler auf. Keiner schloss öfter ab, keiner leitete mehr Angriffe ein, keiner hatte mehr Dribblings als er. Messi versuchte es, aber es klappte nicht. Gegen ein Team wie das von Jürgen Klopp heissgemachte Liverpool reicht ein Lionel Messi alleine nicht.
«Wir hätten da doch noch einen gefunden, der alleine geht», schrieb der FC Barcelona vor dem Rückspiel. Ja Barça, wir haben ihn auch gefunden – ihr habt ihn im Stich gelassen.
Was mir persönlich bei ihm aber fehlt, um wirklich der grösste zu sein, sind seine Qualitäten als Leader und Anpeitscher. Er bewegt sich z.B. weniger als alle anderen. Um seine Tore zu schiessen oder vorzubereiten, reicht das ja auch, aber für die Moral ist das wenig förderlich. Seine Körpersprache ist grundsätzlich sehr negativ. Als Captain ist er für mich eine Fehlbesetzung.