Er steckt in der tiefsten Krise seiner Karriere. Dominique Aegerter, noch im letzten Herbst Sieger in Misano (der Triumph ist ihm wegen angeblich nicht korrektem Motorenöl wieder aberkannt worden) fährt nur noch hinterher. Drei Trainings-Stürze und 20. Platz beim GP von Barcelona und diese Saison noch nie besser als auf Rang 8.
Der charismatische Rock’n’Roller klagt wiedereinmal, er «spüre» seinen Töff – das österreichische Kraftrad KTM – nicht. So jammerte er schon, als er mit der Suter nicht mehr zurechtkam. Und mit der Kalex. Und dann wieder mit der Suter.
Begleitet wird dieses Ächzen mit dem Lamentieren, er verdiene überhaupt nichts und müsse für den Rennbetrieb Geld aus dem eigenen Sack zuschiessen. Eigentlich maunzen auf sehr hohem Niveau. Im Frühjahr hat er bei seinen treuen Fans die absolute helvetische Rekordsumme von 253'327 Franken mit einer Crowdfunding-Aktion eingesammelt.
Nun ist seinem Manager Dr. Robert Siegrist der Kragen geplatzt. Der Zürcher Rechtsanwalt hat für Dominique Aegerter die aktuelle Saison noch aufgegleist und dann nach mehr als sieben Jahren wegen starker beruflicher Belastung die Zusammenarbeit, aber nicht die freundschaftliche Verbindung und Beratung nach Rohrbach beendet. Nach wie vor pflegt er das Beziehungsnetz zu den Sponsoren.
Robert Siegrist stellt jetzt klar: «Dominiques persönliche Sponsoren haben noch einmal 540'000 Euro investiert und mit dieser Summe beim Kiefer-Team die Saison 2018 gesichert. Mit diesem Geld ist die Saison komplett finanziert. Dominique muss kein Geld aus eigener Tasche zuschiessen – sein Gerede ist Unsinn.»
Es werde aber nicht möglich sein, für nächste Saison von diesen Sponsoren noch einmal eine so grosse Summe aufzutreiben. Realistisch seien für 2019 vielleicht noch etwas mehr als 100'000 Franken. Das wird bei weitem nicht mehr reichen um das aktuelle Team von Jochen Kiefer zu alimentieren. Also gibt es im Deutschen Team nach zwei Jahren keine Zukunft mehr.
Das drohende Karriereende könne aber abgewendet werden. Das Team von Jarno Janssen mit dem sperrigen Namen «NTS RW Racing GP» ist stark an einem Engagement von Dominique Aegerter interessiert. Kein Wunder: die aktuellen Piloten sind Hinterherfahrer: Joe Roberts hat noch gar keinen WM-Punkt geholt und Steven Odendaal steht in der WM-Gesamtwertung auf dem kläglichen Rang 23 – noch weit hinter Dominique Aegerter (15.). Das holländische Team ist aber gut strukturiert und finanziert und beschäftigt mit dem ehemaligen GP-Piloten Hans Spaan einen exzellenten Cheftechniker.
Robert Siegrist sagt, in diesem Team wäre Dominique Aegerter nächste Saison bestens aufgehoben. «Aber er muss jetzt zügig zusagen, damit seine Zulassung zur WM 2019 früh beantragt werden kann.» Er werde ihm in diesen Tagen noch einmal gut zureden und ihm ans Herz legen, diese letzte Chance zu nützen. Die Zeit drängt. Das Problem: wenn Tom Lüthi (31) aus der MotoGP-Klasse in die Moto2-WM zurückkehren sollte und Jesko Raffin (22) auch einen Platz in der WM 2019 beantragt, dann könnte die Nomination von Dominique Aegerter abgelehnt werden. Weil drei Schweizer an der Moto2-WM 2019 zu viel sind.
Warum also noch zögern? Robert Siegrist weiss, warum: Bei Jarno Janssen müsste Dominique Aegerter zwar kein Geld als Mitgift mitbringen wie jetzt bei Jochen Kiefer. Er würde aber nur ein geringes Basissalär plus Rangprämien kassieren und ein zweites Crowdfunding ist nicht mehr möglich. Dominique hoffe deshalb immer noch auf ein besseres Angebot. «Aber er überschätzt sich. Er wird kein besseres Angebot erhalten.» Als bezahlter Manager vor Ort ist jetzt Dominiques Bruder Kevin tätig. «Ich habe ihm dringend geraten, endlich konkret mit Jarno Janssen zu verhandeln und das Angebot anzunehmen.»
Wie sagte doch der grosse Dichterfürst Goethe:«Höret den Rat beständiger Freunde, das hilft euch am besten.»