Stefan Dörflinger schüttelt den Kopf: «In unserem Alter sollte man vorsichtig sein…» Soeben ist ihm am Rande des GP von Deutschland auf dem Sachsenring zugetragen worden, dass Rolf Biland nach einem Sturz mit dem Töff im Spital liege.
Der erfolgreichste Schweizer Töfffrennfahrer aller Zeiten (7 WM-Titel, 81 GP-Siege) ist immer noch in beneidenswerter Form. Er leitet nach wie vor im Auftrag des TCS Fahrkurse auf dem Rundkurs im neuenburgischen Lignières. Und nun hat es ihn, wie mehrere enge persönliche Freunde bestätigen, bei einer Töff-Fahrt im Elsass doch erwischt. Die Folgen des Sturzes: ein Beckenbruch. Er warte im Spital von Mülhausen auf den Rücktransport in die Schweiz. So schwer ist er während seiner mehr als 20-jährigen, grandiosen Karriere als Rennfahrer nicht gestürzt.
Unterschiedlicher kann das Schicksal wahrlich nicht sein. Am gleichen Tag, an dem Rolf Biland aus dem Sattel purzelte, ist Stefan Dörflinger am Freitag in einer offiziellen Zeremonie auf dem Sachsenring ganz offiziell zur «Töfflegende» gekürt worden.
Er ist der erste Schweizer und insgesamt 30. Pilot in der «Hall of Fame» («MotoGP-Legends»). Er hat zwischen 1982 und 1985 viermal hintereinander die damals kleinste Klasse (1982 und 1983 50 ccm, 1983 und 1984 80 ccm) gewonnen.
Nach seinem Rücktritt (1990) führte er bis zum Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand ein Motorradbekleidungsgeschäft und engagierte sich immer wieder auch für wohltätige Projekte. Im GP-Fahrerlager tauchte er nicht mehr auf. Zuletzt war er 2004 in Valencia bei einem GP auf Einladung des spanischen Verbandes vor Ort. «Aber ich verfolge die Rennen am Fernsehen.»
Er zeigte von der Aufnahme in die «heiligen Hallen» des Motorradrennsportes überrascht. Er mag die «gute alte Zeit» nicht glorifizieren. Die technische Entwicklung sei enorm. «Aber auch wir sind am Limit gefahren und haben alles versucht, um Rennen zu gewinnen. Das war bei uns nicht anders als heute.»
Stefan Dörflinger war seiner Zeit neben der Rennpiste voraus und ein Trendsetter. Obwohl er «nur» in der hubraumkleinsten Klasse Siege feierte, gehörte er zu den bestvermarkteten Fahrern und gehörte zu den populärsten Töffstars. In einer Zeit, als die Rennfahrer noch als verrückte, nach Benzin, Öl und verbranntem Gummi riechende verrückte Kerle galten, pflegte der Basler das Image des freundlichen, smarten Gentlemans.
Er war ein vorzüglicher Werbeträger mit der Aura von Abenteuer und Männlichkeit. In seinen Verträgen mit dem Tabakriesen Philip Morris (Marlboro) – damals war Zigaretten-Werbung noch erlaubt – standen schöne sechsstellige Summen. In Spanien nannten sie ihn nicht «Dörflinger» sondern in Anlehnung an James Bond bewundernd «Goldfinger». Weil er gut aussah (und noch immer aussieht) und den spanischen Titanen der Epoche (Angel Nieto, Jorge Martinez) grandiose Duelle lieferte. Noch 1988 besiegte Stefan Dörflinger den spanischen Superstar Jorge Martinez beim Heim-GP in Jarama bei Madrid. Der Rennstrecken-Manager hiess damals Carmelo Ezpeleta (73) – heute ist der Spanier der Boss des spanischen Vermarktungs-Riesen «Dorna», der alle Rechte im GP-Zirkus hält.
Eine kleine Männerrunde um Carmelo Ezpeleta ist es auch, die jeweils die Piloten in den Adelsstand der «MotoGP Legends» erhebt. Die seinerzeitige Popularität in Spanien dürfte ein Grund für Stefan Dörflingers Berufung in die «Hall of Fame» sein.