Sport

Für Nordkorea ist bei Olympia 2016 nur Gold gut genug

2016 Rio Olympics - Opening ceremony - Maracana - Rio de Janeiro, Brazil - 05/08/2016. Flagbearer Choe Jon Wi (PRK) of North Korea leads his contingent during the opening ceremony. REUTERS/Stoyan Neno ...
Lächeln nur im Ausnahmefall. Die nordkoreanische Delegation bei der Eröffnungsfeier. Der nette Herr ganz links guckt schon fast bisschen zu fröhlich.Bild: STOYAN NENOV/REUTERS

Für Nordkorea ist nur Gold gut genug. So bleibt das hohe Ziel von Diktator Kim wohl unerreicht

Die Athleten des Diktaturstaats stehen in Rio de Janeiro unter ungeheurem Erfolgsdruck. Der grosse Führer Kim Jong Un setzt die Messlatte ganz oben an.
18.08.2016, 13:5419.08.2016, 07:54
marcel kuchta, rio de janeiro / aargauer zeitung
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Da die Athleten der 31-köpfigen nordkoreanischen Delegation in Rio ihre Kommunikation aufs Nötigste minimieren (müssen), sind es die Bilder, die mehr erzählen als tausend Worte: Da ist zum Beispiel der Gewichtheber Om Yun Chol, der – mit seiner Silbermedaille um den Hals – gequält lächelnd vom Siegerpodest winkt. Oder der Turner Ri Se-Gwang, der nach dem Gewinn der Goldmedaille im Sprung kaum Emotionen zeigt.

2016 Rio Olympics - Weightlifting - Final - Men's 56kg - Riocentro - Pavilion 2 - Rio de Janeiro, Brazil - 07/08/2016. Om Yun Chol (PRK) of North Korea poses with his medal. REUTERS/Stoyan Nenov  ...
Silber für Gewichtheber Om Yun Chol. Da kommen nicht mal die Offiziellen zur Siegerehrung. Denn gefordert war Gold.Bild: STOYAN NENOV/REUTERS

Die Bilder der erfolgreichen, nordkoreanischen Sportler gleichen sich: versteinerte Mienen, keine grossen Gefühlsregungen, höchstens der Anflug eines Lächelns. Als Beobachter spürt man förmlich, dass diese Athleten unter einem enormen Druck stehen und standen. Die Aussage des Turners Se-Gwang an der Siegerpressekonferenz lässt erahnen, woher der Wind weht: «Ich bin voller Freude, weil ich unserem Führer ein Gefühl des Sieges vermitteln konnte.» Der Führer – das ist Diktator Kim Jong Un, der sein Land und sein Volk total von der Aussenwelt abschottet.

So schön strahlen die Medaillengewinner aus Nordkorea

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So schön strahlen die Medaillengewinner aus Nordkorea
Sieben Medaillen haben Nordkoreas Olympioniken in Rio schon gewonnen. So richtig freuen können sich die Athleten allerdings nicht darüber. Kunstturner Ri Se-gwang verzieht nach seinem Sprung-Gold keine Miene.
quelle: x00030 / mike blake
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Sport als Propaganda-Vehikel

Un schickte die nordkoreanische Delegation nach Rio mit der Aufgabe, fünf Goldmedaillen mit nach Hause zu bringen – eine mehr als vor vier Jahren in London. Die Messlatte der Sportler aus einem Land, welches in vollkommener Isolation existiert, wurde vom «Führer» also noch mal nach oben gesetzt. Der Druck noch mal verstärkt. Denn die Olympioniken sind vor allem ein Vehikel dafür, dem unterdrückten Volk die Kraft und Herrlichkeit des eigenen Landes vorzugaukeln.

North Korean leader Kim Jong Un visits the newly-built combined fishing-tackle factory under the Korean People's Army (KPA), in this undated photo released by North Korea's Korean Central Ne ...
Kim Jong Un. Er will keine rote und weisse Pokémon-Bälle-Imitate, sondern goldene Medaillen.Bild: KCNA/REUTERS

Auch deshalb ist es wenig erstaunlich, dass der Gewichtheber Chol, der seinen Titel von London nicht verteidigen konnte, untröstlich war nach seiner «Niederlage» und sich entschuldigte für sein Versagen. «Ich bin kein Held in unserem Land, weil ich nicht die Goldmedaille gewonnen habe», sagte er an der Pressekonferenz. Das Gefühl, sein Land und vor allem Kim Jong Un enttäuscht zu haben, überschattete alles. Es passte, dass selbst die nordkoreanischen Offiziellen verzichteten, der Siegerehrung beizuwohnen.

Sieht vier Tage vor Schluss nicht gut aus für Nordkorea: Fünf Goldmedaillen waren eigentlich gefordert.
Sieht vier Tage vor Schluss nicht gut aus für Nordkorea: Fünf Goldmedaillen waren eigentlich gefordert.
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Ein Selfie sorgt für Schlagzeilen

Einen schon fast unglaublichen Kontrastpunkt setzte die Kunstturnerin Hong Un Jong, die mit ihrem spontanen Selfie mit ihrer südkoreanischen Konkurrentin Lee Eun-ju weltweit für Schlagzeilen sorgte. Zwei Athleten aus zwei sich auf politischem Parkett spinnefeind gesinnten Nationen auf demselben Bild – unglaublich!

REFILE - CORRECTING ID OF SOUTH KOREAN ATHLETE 2016 Rio Olympics - Gymnastics training - Rio Olympic Arena - Rio de Janeiro, Brazil - 04/08/2016. Lee Eun-Ju (KOR) of South Korea (R) takes a selfie pic ...
Das geht eigentlich nicht: Die Nordkoreanerin Hong Un Jong (l.) lächelt für ein Selfie mit der Südkoreanerin Lee Eun-ju.Bild: DYLAN MARTINEZ/REUTERS

Das Handy zücken musste allerdings die 17-jährige Südkoreanerin. Denn die Smartphones, die der Olympia-Hauptsponsor an alle teilnehmenden Sportler verteilte, mussten die Mitglieder der nordkoreanischen Delegation sofort wieder abgeben. Auch hier gilt die Maxime: so wenig Kontakt wie nötig zur Aussenwelt. Gespräche mit anderen Sportlern sind verboten, Ausflüge nach Rio sowieso. Nicht, dass plötzlich noch einer auf die Idee kommt, das Kim Jong Un doch nicht so herrlich ist.

Fingernägel, die viel zu schön sind, um darauf herumzukauen

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Fingernägel, die viel zu schön sind, um darauf herumzukauen
Stabhochspringerin Angelica Moser bekennt Farbe. Die Schweizerin ist eine von vielen Olympionikinnen, die ihre Fingernägel verziert haben.
quelle: ap/ap / matt dunham
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Fakten zu den Olympischen Spielen von Rio 2016

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Allblacks
18.08.2016 16:49registriert September 2015
Es ist für mich immer noch unfassbar, dass man ein Volk ( in der heutigen Zeit) dermassen indoktrinieren kann, kann und will es nicht verstehen
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Luca Brasi
18.08.2016 14:25registriert November 2015
Dass Nordkorea seinen Sportlern verbietet Smartphones des südkoreanischen Herstellers Samsung entgegenzunehmen, dürfte eigentlich klar sein, denn offiziell befindet man sich noch immer im Kriegszustand. Der Druck ist gross, aber das ist er auch in anderen Diktaturen, aber die ziehen wohl nicht so um Clickbaiting zu betreiben. Zudem gehören wahrscheinlich viele dieser Athleten zu den priviligierten Bürgern Nordkoreas. Ich mache mir um den Rest weitaus mehr Sorgen. Einige Athleten lächeln sogar.
PS: Der Autor hat keine Ahnung von asiatischen Namen. Sämtliche Vornamen mit Nachnamen vertauscht.
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