Kuba, El Salvador, Mongolei, Italien, Slowenien, Russland, Kroatien, Japan, Vereinigte Arabische Emirate, China, Südkorea, Österreich, Bulgarien, Deutschland, Tschechien, Türkei, Frankreich, Aserbaidschan, Schottland, Australien, Mexiko, Brasilien. All diese Länder liessen sich zu einer wunderbaren Weltreise zusammenfügen. Ciril Grossklaus hat in den letzten zwei Jahren all diese Destinationen besucht – zum Teil sogar mehrfach. Der Weg des Judokas aus Windisch an die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro begann im Juni 2014 mit der Teilnahme am Grand-Prix von Havanna, den er auf dem fünften Rang abschloss. Seither reiste der 25-Jährige gut und gerne viermal um die ganze Welt.
Während 244 Tagen weilte er in verschiedenen Trainingslagern, verteilt auf dem ganzen Globus. Zuletzt verbrachte Grossklaus über zwei Wochen in der Nähe von Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei. Und zu all den Trainingscamps gesellten sich auch noch unzählige Wettkämpfe, die den Aargauer ebenso in der Weltgeschichte herumkommen liessen. «Das ist sehr anstrengend, aber ich mache es einfach sehr gerne», sagt er zu den Strapazen.
Man glaubt es ihm. Schliesslich sah er am Horizont immer sein grosses Ziel: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro, welche er im Mai endgültig unter Dach und Fach brachte. Vor diesem Hintergrund ist auch die extrem aufwendige Reiserei in aller Herren Länder zu betrachten. Grossklaus erklärt: «Gerade vor grossen Turnieren muss man sich an die vielfältigen Kampfstile anderer Nationen und an die enorm hohe Intensität auf internationalem Level gewöhnen. Sonst wird man im Wettkampf überrumpelt oder von unbekannten Aktionen überrascht.»
Auch deshalb reiste der Fricktaler im Juni für ein über zwei Wochen dauerndes Trainingslager in die Mongolei. Dort wird – wie in vielen Ost-Staaten üblich – eher in gebückter «Ringer-Manier» gekämpft, während etwa die Japaner mit klassischen Techniken, in aufrechter Position, zu Werke gehen.
Überflüssig zu erwähnen, dass dieser Perfektionismus seinen Preis hat. Vor allem in einer Sportart wie Judo, die hierzulande keinen grossen Stellenwert geniesst und sich abseits des Scheinwerferlichts abspielt. Preisgelder? Höchst bescheiden. Am Grand Slam Abu Dhabi 2014, einem Wettkampf der höchsten Kategorie, hat Ciril Grossklaus für Rang drei gerade mal 1500 Dollar kassiert. Das reicht natürlich nicht weit.
Der gelernte Kaufmann vermeidet es aber tunlichst, Judo mit anderen, viel lukrativeren Sportarten zu vergleichen. «Das wäre verschwendete Energie», pflegt er diesbezüglich zu sagen. Immerhin: Seit Januar 2015 ist er finanziell unabhängig von den Eltern und hat sich mit seiner bescheidenen Lebensweise – Grossklaus wohnt in einer Einzimmerwohnung in der Nähe des nationalen Judo-Leistungszentrums in Brugg – längst arrangiert. Er sagt: «Judo ist eine Lebensschule. Ich gewinne sehr viel durch diesen Sport.»
Durch seinen konstanten sportlichen Aufstieg in die Weltklasse ist entsprechend auch sein Status beim Verband gestiegen. Gerade auf dem Weg Richtung Olympia hat sich auch die finanzielle Unterstützung durch den Judoverband markant erhöht. Dazu war Ciril Grossklaus auch bei der eigenen Mittelbeschaffung sehr kreativ. Er ging mit verschiedenen Sponsoring- und Gönneroptionen auf unzählige Leute zu, wodurch die Anzahl seiner Unterstützer über die Jahre kontinuierlich anstieg. Dank guter Resultate profitierte er aber auch von Beiträgen der Sporthilfe oder des Aargauer Lotteriefonds. Die Rechnung ist für ihn auf jeden Fall aufgegangen – sowohl monetär als auch sportlich.
Wenn er in Rio auf der Matte steht, dann werden die Scheinwerferlichter auf ihn gerichtet sein. Ciril Grossklaus blickt dem wichtigsten Wettkampf seiner bisherigen Karriere jedoch erstaunlich gelassen entgegen: «Natürlich wird es ein grösseres Tamtam geben. Aber trotz allem ändert sich für mich im Vergleich zu den anderen Turnieren nichts an der Ausgangslage. Der Trick ist: Ich muss mich auf meinen ersten Kampf konzentrieren und versuchen, das ganze Drumherum auszublenden. Dafür werde ich meine gewohnten Abläufe beibehalten.»
Dem Aargauer kommt diesbezüglich zugute, dass er bei seinen vielen Reisen um die Welt schon so viel erlebt hat und deshalb aus einem umfangreichen Erfahrungsschatz schöpfen kann. «Es wird in Rio anders sein, aber es ist nicht so, dass ich noch nie vor vielen Zuschauern gekämpft hätte.» Und sein Ziel? «Ich habe mir keinen konkreten Rang vorgenommen. Das wäre ja Hellseherei. Es ist ein Zweikampf und du kannst nie voraussehen, wie er ausgeht. Wichtig ist nur, in jedem Kampf die eigene Bestleistung abzurufen.»