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Olympia 2022

Olympia: So lief das dramatische Hockey-Schlussdrittel der Schweiz

Colin Mueller, Head coach of Switzerland national ice hockey team, talks to his players, during the women's ice hockey quarterfinal game between Team ROC (Russia) and Switzerland at the Wukesong  ...
Kein Spiel für schwache Nerven: Colin Muller und seine Schweizerinnen mussten gegen Russland leiden.Bild: keystone

Coaches Challenge, Goalie-Achterbahn, Moral – so lief die irre Schlussphase gegen Russland

12.02.2022, 09:1812.02.2022, 16:28
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Die Schweizer Frauen-Hockeynati steht zum zweiten Mal überhaupt im Halbfinal der Olympischen Spiele. Das Team von Colin Muller setzte sich im Viertelfinal gegen Russland mit 4:2 durch und eliminierte so einen Gegner, gegen welchen man in der Gruppenphase noch verloren hatte.

Der Sieg über die Russinnen war aber alles andere als locker. Die Schweizerinnen mussten leiden und einen kühlen Kopf bewahren – vor allem im Schlussdrittel. Denn dieses war an Höhen und Tiefen kaum zu überbieten. Ein Überblick.

Perfekte Coaches Challenge

Zu Beginn des dritten Drittels war das Spiel völlig offen – zwischen den beiden Teams stand es 1:1. Doch in der 47. Minute gelang Russland der wichtige Führungstreffer: Anna Shokina versuchte es aus relativ harmlos scheinender Position mit einem Schuss aufs Tor und erwischte damit die Schweizer Torhüterin Andrea Brändli. Ein äusserst bitteres Gegentor – denn der Schuss schien für die Keeperin, welche bis dahin ein richtig starkes Spiel gezeigt hatte, durchaus haltbar. So durfte Russland über den wichtigen Führungstreffer jubeln.

Doch damit war die Szene noch nicht zu Ende. Der Schweizer Trainer Colin Muller entschied sich dazu, eine Coaches Challenge zu nehmen – auf den ersten Blick war kaum ersichtlich, warum. Ein ziemlich grosses Risiko: Wäre diese nicht durchgekommen, hätte die Schweiz eine Zweiminutenstrafe kassiert.

«Die Schiedsrichterin hat mich etwas sieben Mal gefragt, ob ich eine Coaches Challenge will. Ich sagte ‹ja› und sie entgegnete: ‹Seid ihr sicher? Wenn ihr falsch liegt, gibt es eine Strafe!› Ich sagte ihr dann, sie solle unseren Trainer fragen, aber sie wollte es von mir wissen. Es war mega hektisch und ich frage beim Staff nochmals nach, ob der Puck wirklich draussen war. Aber es waren sich alle relativ sicher.»
Captain Lara Stalder zur Situation nach dem vermeintlichen 1:2.

Doch die Verlangsamung zeigte, was einige im Schweizer Team gesehen hatten: Vor dem Schuss von Shokina hatte der Puck das Spielfeld für kurze Zeit tatsächlich verlassen. Damit wurde der russische Treffer aberkannt, die Partie ging beim Stand von 1:1 weiter.

Aus 1:2 wird 2:1

Nach dem aberkannten Treffer waren die Schweizerinnen gefühlsmässig im Hoch. Und diesen Flow konnte man gleich mitnehmen. Nur gut 90 Sekunden nach dem vermeintlichen 1:2 kam die Schweiz zu einem Konter, welchen sie kaltblütig ausnutzen konnte. Keely Moy spielte ein Zwei gegen Eins perfekt, verzögerte geschickt und legte auf Dominique Rüegg auf, welche den Puck im Tor versenkte. Damit stand es nach 48 Minuten aus Schweizer Sicht nicht 1:2, sondern 2:1.

Ein Eigentor zur Unzeit

In der Folge verteidigte sich die Schweiz gut und machte im eigenen Drittel fast alles richtig. So stand es noch immer 2:1 für das Team von Colin Muller, als die 57. Minute anbrach. Und in dieser leistete sich die bis dahin so starke Andrea Brändli ihren zweiten Lapsus in dieser Partie – diesmal einen, der mit einem regulären Gegentreffer endete. Die Keeperin wollte den Puck nach einem Abpraller unter sich begraben, spielte ihn aber unter Druck zwischen ihren Beinen durch und versenkte ihn so im eigenen Tor.

epa09748591 Russia's forward Polina Luchnikova (L) scores the 2:2 against Switzerland's goaltender Andrea Braendli during the women's ice hockey quarterfinal game between Team ROC (Russ ...
Nach dem intensiven russischen Druck spielt Brändli den Puck ins eigene Tor.Bild: keystone

Antwort nach 30 Sekunden

Nach dem 2:2 war das viel zitierte Momentum klar auf Seiten der Russinnen. Doch die Schweiz zeigte eine grossartige Moral – und antwortete mit einer herrlichen Aktion ihrer Paradelinie. Alina Müller spielte mit Captain Lara Stalder einen Doppelpass und traf zum dritten Mal zur Schweizer Führung – gerade mal 30 Sekunden nach dem Ausgleich der Russinnen. Damit waren die Schweizerinnen erneut ganz kurz vor dem Halbfinal-Einzug.

Russlands Schlussfurioso

Doch zu Ende war das Spiel auch nach dem 3:2 noch lange nicht. Nur gut 30 Sekunden nach Müllers Treffer setzte Valeriia Pavlova zu einem brandgefährlichen Schuss an, traf damit aber nur den Pfosten.

Kurz darauf kassierte Keely Moy eine Zweiminutenstrafe und Russland nahm die Torhüterin aus dem Spiel, um bei Sechs gegen Vier nochmals alles zu riskieren. Dafür wurde man fast belohnt: Shannon Sigrist lenkte einen Schuss aus kurzer Distanz unglücklich ab, doch die glänzend reagierende Andrea Brändli verhinderte den erneuten Ausgleich der Russinnen. Drei Sekunden vor Schluss erlöste Alina Müller dann die Schweiz mit ihrem Empty Netter zum 4:2 doch noch und sorgte für den umjubelten Halbfinal-Einzug.

(dab)

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