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Ottmar Hitzfeld

«So spielt Valon» – die Schweiz hat einen neuen Winkelried

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Bild: Martin Mejia/AP/KEYSTONE
Behrami über seinen entscheidenden Einsatz

«So spielt Valon» – die Schweiz hat einen neuen Winkelried

Valon Behramis Grätsche und der anschliessende Sturmlauf haben das Schweizer Siegestor gegen Ecuador eingeleitet. Diese eine Szene könnte den Turnierlauf für die Mannen von Ottmar Hitzfeld entscheidend verändern.
16.06.2014, 12:1024.06.2014, 15:29
Philipp Reich
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Es läuft die Nachspielzeit. Xherdan Shaqiri verliert am ecuadorianischen Strafraum den Ball, wieder so ein gefährlicher Konter der Südamerikaner! Die Schweizer sind stehend K.o., Captain Gökhan Inler kann nicht mehr, trabt nur noch neben Antonio Valencia her, ruft verzweifelt Steve von Bergen zu Hilfe. Doch auch der Innenverteidiger kann den gefährlichen Ball in den Rückraum nicht verhindern.

Michael Arroyo bietet sich die Chance auf den Siegtreffer, als sich Valon Behrami – wie dem Mythos nach Arnold von Winkelried in der Schlacht von Sempach 1386 – in die Bresche wirft und den Ball aus der Gefahrenzone grätscht. Gefährlich sei das gewesen wegen dem drohenden Penalty. «Ich habe alles riskiert», sagt er nach dem Spiel.

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Valon Behramis sensationeller Sturmlauf in der Nachspielzeit.Gif: SRF

Doch die Grätsche genügt dem «Eidgenossen» mit kosovarischen Wurzeln nicht. Wie ein wilder Stier hechtet der dem Ball nach und sprintet los. Als ihn sein Gegner nur mit einem Foul stoppen kann, bleibt Behrami nicht liegen. Nach einer Hechtrolle sprintet er weiter, bis zur Mittellinie. 

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Das Tor gehört zur Hälfte Behrami

Schiedsrichter Rawschan Irmatow, der ein reguläres Tor von Drmic zuvor wegen angeblichem Offside aberkannt hat, lässt Vorteil laufen. Behrami sieht Haris Seferovic, der Ricardo Rodriguez auf dem linken Flügel anspielt und nach dessen Flachpass zur Mitte zum viel umjubelten 2:1-Sieg für die Schweiz trifft.

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Seferovic hämmert den Ball zum 2:1 für die Schweiz in die Maschen.Bild: SRF

Seferovic ist der Torschütze, doch dieser Treffer gehört mindestens zur Hälfte Valon Behrami, der sich nach dem Siegtor wie ein Gorilla auf die Brust klopft. «Es ist wichtig, dass man solche Situationen ausnützt», analysiert Trainer Ottmar Hitzfeld nach der Partie nüchtern. Der Sturmlauf ist sinnbildlich für den Kämpfer Valon Behrami.

Wie Oli Kahn: «Weiter, immer weiter»

Nie aufgeben. «Weiter, immer weiter», wie Oli Kahn einst predigte, ist auch das Motto des Napoli-Söldner. Das sieht er auch selber so: «Wenn jemand fragen würde: ‹Wie spielt Valon?› Dann würde ich antworten: ‹So spielt Valon›», sagt er nach der Partie.

Paradox: Behrami gelingt vor seinem Sturmlauf wenig, er zeigt eines seiner schlechteren Länderspiele. Warum Hitzfeld ihn nicht durch Blerim Dzemaili ersetzt? Nennen wir es Intuition. Mit seinem Rush hat Behrami das auf einen Schlag vergessen gemacht. Der unbändige Wille, der in dieser Aktion steckt, wird Spuren hinterlassen. Der Aggressivleader hat seinen Teamkollegen in 10 Sekunden gezeigt: «Hey, alles ist möglich. Wenn wir daran glauben und alles geben.»

Behramis Jubel nach dem Siegestor.
Behramis Jubel nach dem Siegestor.Bild: Michael Sohn/AP/KEYSTONE

Wie einst Alain Sutter mit gebrochenem Zeh

Für den weiteren Turnierverlauf kann so etwas unheimlich wichtig sein. Als der angeschlagene Superstar Alain Sutter 1994 in den USA im zweiten Gruppenspiel gegen Rumänien mit gebrochenem Zeh den 1:0-Führungstreffer erzielte, war das der Ausgangspunkt zum bislang schönsten WM-Moment der Schweizer Nati. 4:1 wurden die Rumänen abgefertigt und die Schweiz qualifizierte sich für den Achtelfinal. Hoffen wir, dass Behramis Sturmlauf ähnlichen Symbolcharakter bekommen wird.

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Sutters 1:0 gegen Rumänien 1994.Gif: Youtube/Kanal von ZwoelfMagazin
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