«Er bringt fantastische Leistungen und ist ein grosses Versprechen für die Zukunft.» Ein Satz, den viele gerne hören würden. Insbesondere, wenn er von ManU-Urgestein Paul Scholes stammt. Gewidmet ist er dem 18-jährigen Schweizer Saidy Janko. Dieser ist seit letztem Sommer bei den Red Devils und entwickelte sich nicht nur zu den Teamstützen im U21-Team, sondern sahnte Anfang Mai den klubeigenen «Reserve Team Player of the Year»-Award ab.
Damit tritt der Defensivspieler in die Fussstapfen von Grössen wie Nicky Butt, John O'Shea und Giuseppe Rossi. Am 29. März stand Janko im Spiel gegen Aston Villa erstmals im Kader der ersten Mannschaft, kam aber nicht zum Einsatz. Der Durchbruch ist nah. Grund genug, um die Schweizer Hoffnung über sein Leben bei Manchester United – einem der grössten Klubs der Welt – auszufragen.
Saidy Janko, Sie wurden bei Manchester United mit dem Award für den besten Nachwuchsspieler der Saison ausgezeichnet. Erzählen Sie uns von diesem Erlebnis.
Saidy Janko: Das war natürlich eine Riesensache für mich. Ein solcher Preis bei einem Verein mit so viel Tradition und Geschichte, das hat mich zutiefst geehrt. Und es ist eine tolle Bestätigung für meine Leistung im ersten Jahr bei United.
Nicky Butt hat Ihnen die Trophäe persönlich überreicht. Er gewann den Preis 1994 und hat später eine grosse Karriere gemacht. Erstarrt man da als junger Spieler vor Ehrfurcht?
So ein Moment ist schon eindrücklich. Überhaupt die ganze Award-Veranstaltung. Da kommen alle Spieler, der Staff und die wichtigen Personen rund um den Klub fein herausgeputzt zusammen und es gibt eine Riesenshow.
Wussten Sie schon über die Auszeichnung Bescheid, oder war es die grosse Überraschung des Abends?
Man hatte es mir schon am Mittag gesagt. Ich konnte also eine kleine Dankesrede vorbereiten. Bloss hat der Moderator dann plötzlich andere Dinge gefragt, als wir besprochen hatten. Ich musste improvisieren.
Mit welcher Frage hat er Sie ins Schwitzen gebracht?
Ob ich schon scharf auf das Trikot mit der Nummer Sieben in der ersten Mannschaft bin. Das, welches früher David Beckham getragen hat.
Und, sind Sie?
Für mich ist momentan das Wichtigste, dass ich so bald wie möglich ein Spiel mit der ersten Mannschaft bestreiten kann.
Sie haben im letzten Sommer mit 17 Jahren den Sprung vom FC Zürich zu Manchester United gemacht. Die meisten Schweizer Jugendlichen lassen sich in diesem Alter noch von Mama die Wäsche machen. Wie haben Sie das Auswandern erlebt?
Die Wäsche muss ich zum Glück auch nicht selber machen. (lacht)
Ich lebe bei einer tollen Gastfamilie, die sich hervorragend um mich kümmert. Aber die Trennung von meiner Familie in der Schweiz war schon nicht einfach für mich. Zuhause ist es immer am Schönsten.
Was vermissen Sie besonders?
Die Lasagne meiner Mutter. Und die Kollegen natürlich. Ausserdem ist es in der Schweiz ohne Auto viel einfacher, etwas zu unternehmen.
Den Führerschein haben Sie also noch nicht im Sack?
Den theoretischen Teil habe ich letzte Woche bestanden, die Praxis kommt erst noch. Ich muss jetzt Fahrstunden nehmen.
Und mit welchem Auto belohnt sich ein Nachwuchsstar bei Manchester United?
Keine Ahnung. Darüber habe ich wirklich noch nicht nachgedacht.
Die Engländer haben für Sie eine Million Franken an den FCZ überwiesen. Was ging Ihnen als 17-Jähriger bei dieser Zahl durch den Kopf?
Nicht viel. Ich habe mich sehr gefreut, dass die Klubs sich am letzten Tag der Transferfrist einig wurden und ich den Vertrag unterschreiben durfte. Mit der ganzen geschäftlichen Seite hatte ich sehr wenig zu tun.
Es wird gemunkelt, dass Ihr Herz vor dem Wechsel für Arsenal schlug. Stimmt dieses Gerücht?
(lacht) Ja. Ja. Das ist richtig. Ich war ein Gunners-Fan. Aber Manchester United gehört jetzt natürlich auch zu meinen Lieblingsmannschaften.
Wie haben Sie die körperliche Umstellung zwischen der Schweiz und England erlebt?
Es war eine grosse Herausforderung. Das Training ist sehr viel intensiver. Und nach der Einheit mit der Mannschaft geht es täglich ab ins Krafttraining. Ich war zuvor nie regelmässig im Gym. Sie können sich vorstellen, wie gross diese Umstellung war.
Wie viele Berührungspunkte gibt es in Ihrem Alltag mit den Topstars aus der ersten Mannschaft? Kennt man sich?
Wir sind alle in der gleichen Anlage und essen gemeinsam in der Mensa. Und ich darf auch regelmässig mit der ersten Mannschaft trainieren.
Gibt es gestandene Spieler, welche die Jungen unter ihre Fittiche nehmen?
Ich kann da niemanden speziell herauspicken. United ist wie eine grosse Familie und alle schauen gegenseitig füreinander.
Versuchen wir es anders. Mit welchem Star hatten Sie als erstes persönlichen Kontakt?
Das war kurz nach meinem Wechsel in der Vorbereitung auf die Saison. Die erste Mannschaft war auf Promotionstour in Australien, aber einige Spieler sind nicht mitgefahren. Nach dem Training waren wir von den Reserves mit Stabilisationsübungen beschäftigt. Da kamen einige Leute dazu und machten einfach mit. Ich war konzentriert und habe gar nicht so darauf geachtet. Auf einmal wird mir klar, dass da Nani, Ashley Young und Valencia stehen. Das war schon speziell, aber sie waren sehr offen und kamen gleich auf mich zu. Von aussen denkt man vielleicht, die Spieler der ersten Mannschaft sind hochnäsig, aber das ist absolut nicht so.
Welches Ziel setzen Sie sich nach der Auszeichnung als bester Nachwuchsspieler für die neue Saison?
Meine Ziele haben sich nicht verändert. Ich möchte weiter an mir arbeiten und mich verbessern.
Ihre Bescheidenheit in Ehren, aber an diesem Punkt muss das Ziel doch lauten: Den endgültigen Durchbruch schaffen – mit einem ersten Einsatz in der Premier League.
Man weiss im Fussball nie, was passiert. Natürlich hoffe ich das, und es ist ein Ziel, das man sich setzen kann. Es sieht ja auch nicht schlecht aus, gegen Aston Villa war ich zum ersten Mal im Kader. Mit Van Gaal ist ein neuer Trainer da, der streng ist, aber auch auf die Jungen setzt.
Mit welcher Musik würden Sie sich denn auf Ihren ersten Einsatz unter van Gaal heiss machen?
Wir dürfen in der Kabine keine Musik hören. Im Bus geht das schon eher. Momentan läuft bei mir «Who Do You Love» von YG.
Wie steht es um Ihr Interesse für den Schweizer Fussball. Verfolgen Sie die Liga noch?
Nicht sehr intensiv. Dass der FCZ den Cup gegen Basel gewonnen hat, habe ich natürlich mitbekommen. Und ich bin auf dem Laufenden, was die Kollegen von früher auf Juniorenstufe so machen. Natürlich verfolge ich auch meinen Bruder. Er ist 12 Jahre alt und spielt beim FCZ.
Gibt es denn in der Schweiz keine Vorbilder mehr für Sie?
Ich habe schon immer eher die ausländischen Ligen verfolgt. Thierry Henry und Didier Drogba sind meine Idole, aber das sind andere Spielertypen als ich. In der Schweiz war es Alhassane Keita. Den fand ich immer top.
Mit der U19-Nati steht in den nächsten Tagen die EM-Qualifikation gegen Georgien, Israel und Zypern an. Welchen Stellenwert hat das für Sie?
Die EM ist ein Riesending, egal auf welcher Altersstufe. Wir wollen uns mit der Schweiz unbedingt dafür qualifizieren und geben alles dafür. Auch auf die WM in Brasilien bin ich gespannt. Ich werde mir alle 64 Spiele anschauen (lacht).
Das ist ein ehrgeiziges TV-Projekt. Haben Sie sich auch schon Gedanken über die fernere Zukunft gemacht? Ihr Vater stammt aus Gambia, Ihre Mutter ist schweizerisch-italienische Doppelbürgerin. Sie könnten für alle drei Länder in der A-Nati spielen.
Ich bin in der Schweiz aufgewachsen und habe nie in den beiden anderen Ländern gelebt. Ich weiss nicht, weshalb ich dann plötzlich für eines davon spielen sollte. Meine Heimat ist hier und ich vergesse nicht, woher ich komme.