Über einen Mangel an Stürmern kann sich der FC Blackpool wirklich nicht beklagen. Knapp zwei Wochen vor dem Saisonauftakt gegen Nottingham Forest hat der Klub aus der englischen Championship vier valable Angreifer unter Vertrag. Das Problem: Auf allen anderen Positionen sind die «Seasiders» derzeit schlechter besetzt als ein normales englisches Pub am Montagmorgen.
Kein Goalie, drei Verteidiger, ein Mittelfeldspieler, vier Angreifer. Gerade einmal acht Akteure haben beim Premier-League-Absteiger der Spielzeit 2010/11 einen gültigen Kontrakt für die neue Saison. Das Trainingslager in Spanien wurde kurzerhand abgesagt. Es wäre schlichtweg aussichtslos gewesen, mit diesem Rumpfteam eine seriöse Vorbereitung anzugehen.
Vier Jahre nach dem Aufstieg ins Oberhaus liegt der Traditionsklub mit den mandarinfarbenen Trikots also in Trümmern – und das trotz, oder gerade wegen, der irrwitzig hohen Fallschirmzahlungen, welche der englische Fussballverband den Teams auszahlt, die sich wieder aus der Premier League verabschieden müssen. Was ist da bloss schief gelaufen?
Einiges. Denn der FC Blackpool hat wie alle anderen Absteiger aus «der reichsten Liga der Welt» rund 73 Millionen Franken in vier Tranchen erhalten. Es ist Geld, welches die relegierten Teams vor dem wirtschaftlichen Kollaps retten soll.
Sie können damit Löcher in der Kasse stopfen, wenn sie plötzlich nicht mehr gegen wirtschaftlich lukrative Teams wie Chelsea und Manchester United antreten dürfen, aber die langfristigen und hochdotierten Verträge mit ihren Spielern trotzdem erfüllen müssen. Zudem soll ihnen der Geldregen einen gesunden Neuaufbau ermöglichen.
Von diesem Konzept scheint Klub-Boss Karl Oyston nicht besonders viel zu halten. Er füllt sich lieber selbst die Taschen. Der Mann, dessen Vater den Klub 1987 für den symbolischen Preis von einem Pfund gekauft und vor dem Aus gerettet hat, weigert sich seit dem Abstieg strikt, das eingenommene Geld ins Kader oder die verrottete Infrastruktur zu investieren und lässt Blackpool am ausgestreckten Arm verhungern.
Am Ende der vergangenen Saison, in welcher Blackpool den Abstieg in die dritte Liga nach der Entlassung von Trainer Paul Ince nur knapp verhindert hat, lässt er die Verträge von 17 Spielern auslaufen und ersetzte sie einfach nicht. Oyston findet diese Lösung gut: «Es ist doch ein Vorteil, wenn der neue Trainer seine eigene Mannschaft zusammenstellen kann und sich nicht mit Spielern herumschlagen muss, die er nicht für gut genug hält.»
Bloss geht die Kaderplanung auch unter dem neuen Coach Jose Riga nicht wirklich vorwärts. Der Belgier ist seit Juni im Amt, seither hat der Klub gerade einmal drei neue Spieler verpflichtet. Bereits gibt es erste Gerüchte, dass er den Bettel bald wieder hinschmeissen könnte.
Und nicht nur das Personal auf dem Platz wird knapp. Aufgrund fehlender Perspektiven haben sich sogar die langjährige Klubsekretärin und der Materialwart mittlerweile einen neuen Job gesucht. Stürmer Michael Chopra, der den Klub im Juli verlassen hat, macht seinem Unmut über die Situation via Twitter Luft:
Wash ur own kit clean ur own boots and even bring ur own water to training can only happen at Blackpool
— Michael Chopra (@MichaelChopra08) 16. Juli 2014
In dieser aussichtslosen Lage stellt sich immerhin Präsident Valeri Belokon auf die Hinterbeine. Der lettische Geschäftsmann, der eine Minderheitsbeteiligung von 20 Prozent der Aktien hält, wirft der Familie Osyton in einem offenen Brief ziemlich unverblümt persönliche Bereicherung vor. Über 50 Millionen Franken, oder zwei Drittel der Zahlungen aus dem Rettungsfallschirm, soll Karl Oyston über Scheinaufträge an andere von ihm kontrollierte Firmen aus dem Klub abgezogen und in sein Privatvermögen überführt haben.
Die Fans von Blackpool sind angesichts des desaströsen Zustands des Kaders kurz vor Saisonbeginn verzweifelt – aber noch lange nicht bereit aufzugeben. Bereits beim letzten Heimspiel haben sie aus Protest gegen die Besitzerfamilie hunderte von Tennisbällen auf den Rasen geworfen, jetzt ziehen sie regelmässig in Protestmärschen durch die Stadt. Es sind hilflose Gesten, denn die Familie Oyston ist ihnen rein rechtlich keinerlei Rechenschaft schuldig.
Und so taumelt der stolze Premier-League-Aufsteiger von vor vier Jahren wohl bald dem nächsten Abstieg entgegen. Es bleibt zu hoffen, dass er den Kampf ab dem 9. August wenigstens mit elf Spielern aufnehmen kann.
SIGNING: Tomasz Cywka has joined Jacob Mellis in agreeing a move to @BlackpoolFC, subject to medical. pic.twitter.com/CaEDha6PXt
— Blackpool FC (@BlackpoolFC) 28. Juli 2014
SIGNING: Peter Clarke has agreed a return to @BlackpoolFC, subject to medical. pic.twitter.com/HxtrWbbxvZ
— Blackpool FC (@BlackpoolFC) 28. Juli 2014