Bayrische Rudelbildung um Schiedsrichter Viktor Kassai nach dem Platzverweis gegen Vidal.Bild: Daniel Ochoa de Olza/AP/KEYSTONE
Schiedsrichter Viktor Kassai erwischte im Rückspiel zwischen Real Madrid und Bayern München einen schlechten Tag. Die Deutschen beklagen sich nach dem Viertelfinal-Aus in der Champions League zu Recht über die Leistung des Unparteiischen.
19.04.2017, 08:4519.04.2017, 11:40
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Was war das für ein Spiel! Es hatte alles, was Fussball so faszinierend macht: Spannung, Klasse und Rasse. Doch am Ende diskutieren mal wieder alle über das alte, leidige Thema: den Schiedsrichter. Aber der Reihe nach: Die Bayern brauchten gegen Real nach dem 1:2 im Hinspiel ein kleines Fussball-Wunder. Und sie taten alles dafür: Die angeschlagenen Robert Lewandowski, Jérôme Boateng und Mats Hummels meldeten sich rechtzeitig fit einsatzbereit.
Bayern begann so stark, wie es danach abbaute. Ab Mitte der ersten Halbzeit spielte zunächst nur noch Real. Richtig dramatisch wurden aber die zweite Halbzeit und erst recht die Verlängerung. In die Hauptrollen schlüpften Arturo Vidal, Cristiano Ronaldo und – leider – Schiedsrichter Viktor Kassai, der mit fünf Fehlentscheidungen kräftig mithalf, die Bayern aus der Königsklasse zu kegeln. Die strittigen Szenen:
48. Minute: Gelb-Rot für Vidal?
Das Einsteigen von Vidal gegen Casemiro.Video: streamable
Bayerns Vorzeigekämpfer Arturo Vidal sieht bereits in der 5. Minute die Gelbe Karte, hält sich danach in den Zweikämpfen aber zurück. Bis kurz nach der Pause: Da grätscht der Chilene Reals Casemiro über den Haufen. Schiedsrichter Kassai belässt es bei einer Ermahnung.
Fazit: Fehlentscheid. Vidal hätte Gelb-Rot sehen müssen.
51. Minute: Penalty für die Bayern?
Robben hebt ab. Zu Recht oder zu Unrecht?Video: streamable
Casemiro geht etwas ungestüm in den Zweikampf mit Arjen Robben und berührt ihn leicht an der Fussspitze. Der Holländer nimmt die Einladung dankend an und hebt ab. Schiedsrichter Kassai pfeift nach leichtem Zögern Elfmeter, Lewandowski verwandelt sicher zum 1:0. Die Bayern benötigen noch ein Tor zum Weiterkommen.
Fazit: Kann man pfeifen. Trotz Robbens Vorgeschichte.
80. Minute: Gelb-Rot für Casemiro?
Das Einsteigen von Casemiro gegen Robben.Video: streamable
Nach dem Ausgleich durch Ronaldo (76.) und einem Eigentor von Sergio Ramos (78.) steht es mittlerweile 2:1 für die Bayern. Noch zehn Minuten bis zur Verlängerung, als Casemiro Robben an der Seitenlinie rüde von den Beinen holt. Wieder zückt Kassai die zweite Gelbe Karte aber nicht.
Fazit: Fehlentscheid. Casemiro hätte Gelb-Rot sehen müssen.
Für alle Verschwörungstheoretiker: Hatte Schiedsrichter Kassai die Hand etwa schon an der Gesässtasche?
84. Minute: Gelb-Rot für Vidal?
Das Einsteigen von Vidal gegen Asensio.Video: streamable
Nur wenig später das nächste Tackling an der Seitenlinie. Vidal geht im Zweikampf gegen Marco Asensio zu Boden und grätscht den Ball weg. Zur Verwunderung aller zeigt Kassai dem Chilenen nun Gelb-Rot, obwohl Vidal klar den Ball gespielt hat und er alles andere als rücksichtslos (siehe Winterthur vs. Basel) eingestiegen war.
Fazit: Fehlentscheid. Das ist nicht einmal ein Foul. Die einzige Frage, die sich hier stellt, ist: Warum nahm Bayern-Trainer Carlo Ancelotti den rot-gefährdeten Vidal nicht vom Feld?
105. Minute: Ronaldo beim 2:2 im Abseits?
Ronaldo trifft nach Flanke von Sergio Ramos.Video: streamable
Mit einem Mann weniger wehren sich die Bayern in der Verlängerung zunächst mit aller Macht und bis zur 105. Minute auch erfolgreich gegen das drohende Aus. Dann flankt Sergio Ramos zur Mitte und Cristiano Ronaldo schliesst eiskalt zum 2:2 ab.
Aber: Ronaldo stand einen guten Meter im Abseits. Das muss der Linienrichter sehen.
Das Standbild.bild: screenshot srf
109. Minute: Ronaldo beim 3:2 im Abseits?
Marcelo läuft durch, legt quer und Ronaldo schiebt ein.Video: streamable
Die Bayern sind geschlagen und Real kontert die Deutschen in der Folge gnadenlos aus. Beim 3:2 läuft Marcelo wie durch Butter durch die Münchner Abwehr und legt dann quer auf Ronaldo, der locker seinen 100. Champions-League-Treffer erzielt.
Aber: Auch hier steht Ronaldo im Abseits. Wenn auch nur haarscharf. Sicher schwierig zu sehen.
Das Standbild.bild: screenshot srf
Beim 4:2-Schlusspunkt durch Asensio in der 112. Minute gibt's dann nichts zu beanstanden. Was die Bayern aber auch nicht trösten wird.
Die Stimmen zum Spiel:
Carlo Ancelotti (Bayern-Trainer):
«Das war von den Schiedsrichtern eine Serie von Fehlern, die auf diesem Niveau nicht passieren dürfen. Es darf nicht sein, dass so klare Fehler ein Spiel entscheiden. Wir haben gut gespielt. So ist aber der Fussball, da müssen wir jetzt mit klarkommen. Ich hoffe, dass dies demnächst mit dem Videobeweis nicht mehr passiert.»
Jérôme Boateng (Bayern-Spieler):
«Jeder macht Fehler, aber so viele auf einmal und in so einem Spiel, das ist natürlich sehr bitter für uns. Bei 11 gegen 11 bin ich mir sicher, dass wir es geschafft hätten. Bei 10 gegen 14 ist's natürlich schwierig.»
Philipp Lahm (Bayern-Captain):
«Die Mannschaft hat heute Mut bewiesen. Sie hat alles versucht, um hier zu gewinnen. In Sachen Schiedsrichter-Entscheidung hatten wir heute ein bisschen Pech. Es ist bitter, dass wir ausscheiden. Ich glaube, dass die Mannschaft es verdient gehabt hätte, weiterzukommen.»
Karl-Heinz Rummenigge (Bayern-Boss):
«Ich muss sagen, ich habe heute zum ersten Mal so etwas wie wahnsinnige Wut in mir, Wut, weil wir beschissen worden sind. Wir sind beschissen worden, im wahrsten Sinne des Wortes.»
Immerhin er war am Ende zufrieden: Cristiano Ronaldo freut sich über sein 100. Champions-League-Tor.Bild: EPA/EFE
Toni Kroos (Real-Spieler):
«Dass es durch zwei Abseitstore entschieden wird, ist natürlich nicht so schön. Aber über beide Spiele gesehen sind wir absolut verdient weitergekommen. Wir hätten schon in München höher gewinnen müssen.»
Cristiano Ronaldo (Real-Spieler):
«Es gibt keinen Zweifel, dass Real Madrid besser war. Sechs Tore gegen den FC Bayern zu erzielen, ist
nicht einfach. Zwölfter Titel? Hoffentlich.»
Zinédine Zidane (Real-Trainer):
«Wir haben gegen ein Top-Team gespielt. Wir hatten es nicht leicht, aber bis zum Ende an uns geglaubt. Natürlich hatten wir auch etwas Glück. Ich bin glücklich, dass ich Cristiano Ronaldo im Team habe. Er macht den Unterschied aus. Unter dem Strich sind wir verdient weitergekommen.»
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quelle: keystone / tolga bozoglu
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