Das war ziemlich beeindruckend und für Novak Djokovic fast zum Verzweifeln: Auf souveräne Art und Weise schlägt Roger Federer im Halbfinal die Weltnummer 1 mit 6:4, 6:4. In 1:36 Stunden muss der Baselbieter nur einen einzigen Breakball abwehren - und dies gegen den wohl besten Returnspieler der Welt.
«Er hat ein perfektes Match gezeigt», musste der Serbe nach der Partie eingestehen. «Ich habe nicht das Gefühl, dass ich schlecht gespielt habe. Er hat genau so gespielt, wie er spielen wollte. Einfach fantastisch.»
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Federer war nach der geglückten Wimbledon-Revanche natürlich happy. «Ich bin sehr zufrieden, wie ich hier heute gespielt habe. Ich habe versucht, die Punkte kurz zu halten und oft ans Netz zu gehen. Und wenn das funktioniert, ist das natürlich grossartig», so Federer. «Alles hat funktioniert: Aufschlag, Volley, Return, Beinarbeit und das Mentale.»
Federer führt nun in den Direktbegegnungen gegen Djokovic mit 19:17. In diesem Jahr hat er drei von fünf Partien gewonnen, jeweils in den Halbfinals in Dubai, Monte Carlo und Shanghai. Dafür gewann der Serbe die beiden Finals in Indian Wells und Wimbledon jeweils hauchdünn. In China hatte Djokovic zuletzt 28 Mal in Serie nicht mehr verloren und dabei seit 2012 bei fünf Turnieren (dreimal in Peking, zweimal in Shanghai) triumphiert.
Frisch lanciert ist nach dem Sieg von Federer gegen Djokovic das Rennen um die Weltnummer 1. Der Schweizer hatte in der Jahreswertung, die am Saisonende mit der Weltrangliste identisch ist, vor Shanghai einen Rückstand von 1630 Punkten.
Djokovic gewinnt dank seiner Halbfinal-Qualifikation nur 360 Zähler dazu. Federer mindestens 600, im Falle eines Turniersiegs sogar 1000. Sein Rückstand würde sich so auf 990 Punkte verringern.
Für Federer spricht neben seiner aktuellen Verfassung auch, dass er im Gegensatz zu Djokovic nicht nur in Paris-Bercy und bei den World Tour Finals in London punkten kann, sondern auch noch bei seinem Heimturnier in Basel, das der «Djoker» auslässt, und beim Davis-Cup-Final zum Saisonende.
Aber zurück zu Shanghai: Federer steht in der zweitgrössten Stadt Chinas zum zweiten Mal nach 2010 (Niederlage gegen Andy Murray) im Final. Im gleichen Stadion hatte er aber 2006 und 2007 die ATP-Finals gewonnen. 2014 ist es der neunte Final des 33-jährigen Basler, gewonnen hat er aber nur in Dubai, Halle und Cincinnati.
Am Sonntag um 10.30 Uhr Schweizer Zeit kommt es in der chinesischen Metropole zur nächsten «Hauptprobe» für den Davis-Cup-Final vom 21. bis 23. November gegen Frankreich: Nach dem Viertelfinal-Sieg gegen Julien Benneteau trifft Federer nun auf Gilles Simon (ATP 29).
Der Franzose, der in der 2. Runde Stanislas Wawrinka eliminierte, setzte sich gegen den spanischen Linkshänder und Nadal-Bezwinger Feliciano Lopez (ATP 21) 6:2, 7:6 durch. «Wenn ich gut spiele, kann ich mithalten», gibt sich Simon zuversichtlich. Die ersten beiden Begegnungen zwischen Federer und Simon gewann 2008 der 29-jährige Franzose, die nächsten vier Duelle gingen aber an den Schweizer. (pre/si)