Der Serbe ist auch der Grund, wieso der letzte Turniersieg schon sechs Jahre zurückliegt. «Für die Buchmacher bin ich der Favorit, aber das spielt keine Rolle», sagt Federer, der am Sonntag gegen den Amerikaner Jack Sock ins Turnier startet.
Sock hat sich als letzter Spieler und wie Alexander Zverev, Grigor Dimitrov und David Goffin erstmals für den Jahresfinal qualifiziert. Geschuldet ist das auch einer beispiellosen Reihe von Verletzungen.
So fehlen mit Djokovic und Titelverteidiger Andy Murray die Finalisten vom Vorjahr und mit Kei Nisihikori und Milos Raonic auch die letztjährigen Halbfinalisten. «Schade, sind sie nicht hier. Mit ihnen wäre es etwas anderes. Aber es ist, wie es ist», sagt Federer. Das gebe anderen die Chance, sich ins Rampenlicht zu spielen.
Seit seinem achten Turniersieg bei den Swiss Indoors Basel vor zwei Wochen hat Federer ruhige Tage verbracht. Zwei Mal trainierte er für jeweils eine Stunde in der Schweiz. Am vergangenen Montag flog er nach London und bestritt am Dienstag in Glasgow für die Stiftung von Andy Murray einen Schaukampf.
Federer hat in diesem Jahr nur 53 Matches bestritten und damit so wenige wie noch nie seit seinem Vorstoss an die Weltspitze – das vergangene Jahr, das er im Juli bereits für beendet erklärt hatte, ausgeklammert.
Und doch fühle er sich nicht frischer als in anderen Jahren, sagte Federer gestern. «Hier ist es für alle gleich, egal, wie oft man gespielt hat. Du hast immer einen Tag frei. Du gibst dir einen letzten Ruck, danach ist es vorbei», begründet Federer diese Haltung. Noch einmal betonte er, für wie elementar er seinen entschlackten Kalender hält.
«Für mich geht es darum, gesund und verletzungsfrei zu bleiben. Ich kann nicht mehr 25 Turniere im Jahr spielen.» Er verzichtet damit auch auf die Chance, wieder die Nummer 1 der Welt zu werden. «Für mich war das Thema nach den US Open ohnehin erledigt.»
Selbst wenn Federer sein Jahr mit dem Turniersieg krönen sollte, bleiben seine Aussichten, im nächsten Halbjahr Rafael Nadal zu verdrängen, gering. «Ich wäre es gerne noch einmal. Aber nicht um jeden Preis. Die einzige Chance bietet sich ihm wohl, wenn er, anders als in diesem Jahr, im Frühling auf Sand spielen sollte.
Zwar sagt er, alles sei möglich, versteckt sich aber auch hinter Absprachen mit seinen Trainern. «Ich war bereit. Sie sagten mir dann aber: ‹Denke gut darüber nach›. Vielleicht ist das nicht das richtige Jahr.»
Die Erfolge der vergangenen Monate dürften ihn in diesem Entscheid bestätigt haben. Federer blieb von Verletzungen praktisch verschont. Er gewann alle vier Duelle gegen Rafael Nadal. Phasenweise spielte er sich in einen Rausch. Seine Konzentration gelte zwar dem letzten Turnier. Und doch laufen im Hintergrund die Planungen für das Jahr 2018.
Wann und mit wem er im Dezember trainiere, wisse er bereits, in Dubai wird er an seiner Fitness arbeiten, «das wird der Schlüssel». Auch die Reise nach Perth, wo er mit Belinda Bencic im Hopman Cup antritt, ist bereits organisiert. Doch das kann warten. Erst will sich Federer in London noch einmal an seinem Traumjahr berauschen.