Die kurioseste Szene ereignete sich beim Matchball: Nachdem der Schweizer im Halbfinal von Halle gegen Kei Nishikori den ersten Satz mit 6:3 gewinnt, steht es im zweiten Durchgang im Tiebreak 6:4 bei Aufschlag des Schweizers. Der Japaner setzt den Passierball an die Netzkante, von dort kullert die gelbe Kugel wieder auf die Seite Nishikoris hinunter.
Während der Japaner bereits enttäuscht bei der Spielerbank ist, ballt der Baselbieter kurz die Faust und geht zurück an die Grundlinie, um sich für den nächsten Punkt vorzubereiten. Dann erst realisiert Federer, dass das Match vorbei ist, hebt kurz entschuldigend die Hände in die Luft und tänzelt Richtung Nishikori, der schon lange zum Handshake bereit steht. Selbst Mirka und Severin Lüthi müssen schmunzeln über die Vergesslichkeit des Tennisstars.
Im Platzinterview wird er gefragt, ob er denn weiterspielen hätte wollen: «Nein, nein, ich bin schon froh, dass ich es gewonnen habe», meinte der 32-Jährige lachend. Und gesteht, sich schon zwei Punkte zuvor im Tie-Break verzählt zu haben. Deshalb sei ihm nicht bewusst gewesen, dass es ein Matchball war. «Ich habe dann gesehen, dass der Schiedsrichter lacht, dass Nishikori lacht und meine Box auch. Dann habe ich mal auf die Anzeigentafel gesehen und es begriffen». So etwas sei ihm in mehr als 1.000 Matches noch nie passiert.
Nishikori, der Federer zuletzt zweimal geschlagen hatte, hielt auf dem Rasen von Halle gut mit dem Baselbieter mit. Im ersten Satz reichte Federer ein Breakball um entscheidend auf 4:2 davonzuziehen. Im zweiten Umgang nahm er dem Weltranglisten-12. mit der zweiten Möglichkeit sogleich erneut den Aufschlag ab.
Diesmal konnte Nishikori aber zurückschlagen und forderte den Titelverteidiger bis ins Tiebreak. Mit drei Punkten in Folge sicherte sich Federer nach 73 Minuten Spielzeit den Finaleinzug.
Federer hatte am Ende vier Punkte mehr auf dem Konto als Nishikori, der wie sein Gegenüber zwei Breakmöglichkeiten hatte, aber nur eine nutzen konnte. Für den 17-fachen Grand-Slam-Sieger ist der Sieg nicht nur wegen des Finaleinzugs wichtig, sondern auch im Hinblick auf Wimbledon.
Eine zusätzliche Partie als Matchpraxis kann nicht schaden. In Halle, wo er sein einziges Vorbereitungsturnier auf den Rasen-Höhepunkt in London bestreitet, kam er in dieser Woche erst zu zwei Einsätzen im Einzel.
Im Final trifft Federer am Sonntag (15.00 Uhr) auf Alejandro Falla (ATP 69) aus Kolumbien. Schon dreimal standen sich Falla und Federer entweder in Halle oder Wimbledon gegenüber, wobei alle Duelle an den Schweizer gingen.