Roger Federer zelebriert in der kalifornischen Wüste momentan wieder wunderbares Tennis. Im Viertelfinal besiegte er den zuvor überzeugenden Kevin Anderson 7:5, 6:1. Dabei begeisterte er die Zuschauer mit Traumschlägen. Ein Lob gegen einen 2,01 Meter grossen Hünen will beispielsweise erst einmal geschlagen werden. Federer zeigte dieses Meisterstück eindrücklich:
Federer, der jetzt schon zehn Partien unbesiegt blieb, freute sich nach dem Erfolg gegen den Südafrikaner: «Ich spiele derzeit mit einer gewissen Ruhe, ich habe Selbstvertrauen. Und der absolute Siegeswille ist da, der im letzten Jahr zum Teil gefehlt hat. Es ist schön, dass ich wieder die Möglichkeit habe, Turniere zu gewinnen, mich in solche Positionen zu bringen.» Unter anderem gelangen dem Maestro bei eigenem Aufschlag einmal 22 Punkte am Stück. Am Ende hatte Anderson als Rückschläger nur 9 von 51 Punkten gewonnen. Das schürt die Lust auf mehr.
Mit dem Halbfinaleinzug wird der 32-Jährige am Montag im ATP-Ranking auf Rang 5 springen. Gewinnt der Baselbieter gar das Turnier, würde er auf Platz 4 – gerade noch 205 Punkte hinter Stanislas Wawrinka – vorpreschen. Diese Platzierung hätte für die folgenden Turniere eine wichtige Annehmlichkeit bereit: Federer könnte frühestens im Halbfinal auf die beiden Dominatoren Rafael Nadal und Novak Djokovic treffen.
Doch der aus Schweizer Sicht noch grössere (Teil-)Erfolg hätte Federers Finaleinzug beim «Grand Slam des Westens» zur Folge. Im «Race to London», welches über die Teilnahme bei den ATP World Tour Finals entscheidet, würde der Schweizer auf Platz 2 vordrängen – hinter Stanislas Wawrinka. Zwei Schweizer ganz vorne in der Jahreswertung, das gab es bisher noch nie.
#Federer: Career Win #941
— Scott (@SJF302) 14. März 2014
Seit 1970 wird das Saisonfinale der besten acht Tennisspieler des Jahres ausgetragen. Was bis 1989 das Masters war, wurde von 1990 bis 1999 unter dem Titel ATP-Weltmeisterschaft ausgetragen, trug dann bis 2008 den Namen Tennis Masters Cup und ist seit 2009 als ATP World Tour Finals bekannt. Das grundsätzliche Format für die Qualifikation änderte dabei nie. Immer waren es die besten acht Spieler der Saison, welche teilnahmen. Jetzt besteht also erstmals in der mittlerweile 44-jährigen Geschichte die Chance, dass zwei Schweizer dieses nach knapp einem Viertel der Saison anführen. Gewinnt Federer in Indian Wells, würde er Wawrinka hier gar von der Spitze verdrängen.
Auch in den Wochen bis zu den French Open stehen die Aussichten gut, dass sich die beiden Schweizer in den Top 4 festkrallen. Rafael Nadal und Novak Djokovic sind logischerweise zumindest bis nach dem Sommer zu weit entrückt. Aber im Rennen um die anderen zwei Plätze hat insbesondere Federer – ähnliche Leistungen wie bisher natürlich immer vorausgesetzt – gute Karten in der Hand.
Von den aktuellen Top-8-Athleten muss er bis Roland Garros (Ende Mai) mit läppischen 90 Zählern (Achtelfinal in Rom) am wenigsten Punkte verteidigen. Bei Stanislas Wawrinka sind es deren 225. Eine komfortablere Ausgangslage als der Romand weisen nur noch Juan Martin Del Potro, der allerdings mit seiner Verletzung kämpft, und Andy Murray aus. Sie müssen bis zum French Open je 190 Punkte ersetzen.
Alle anderen Spieler der Top 8 müssen mindestens 970 Punkte verteidigen. Im Fall von David Ferrer ist dies besonders bitter. Der Spanier leidet an einer Zerrung der Adduktoren und stand in Miami letztes Jahr im Endspiel. Sollte Federer ihn also am Montag nicht ablösen als Nummer 4, dürfte dies spätestens nach dem Turnier in Key Biscayne gelingen.